Es kam, wie es nach der teils emotionalen Lager-Diskussion zwischen Argenbühl-Nord und Argenbühl-Süd kommen musste: Beim 9:8-Votum des Gemeinderats gab die Stimme von Bürgermeister Roland Sauter den Ausschlag. Nach diesem Beschluss wird die zweite Grundschule der Gemeinde neben Ratzenried künftig in Eisenharz stehen. Damit einher geht: Die Schule in Christazhofen wird bereits 2026 geschlossen. Die Entscheidung spaltet die Gemeinde.
Um beurteilen zu können, wie tief der Graben ist, ein kurzer Rückblick. Vor dem Hintergrund zunehmend breiterer Jahrgänge, des Personalmangels, absehbarer Platzprobleme in teils sanierungsbedürftigen Gebäuden und nicht zuletzt des ab 2026 in Grundschulen geltenden Ganztagsanspruchs beschäftigt sich die Gemeinde Argenbühl seit zwei Jahren mit dem Thema „Schulentwicklung“ und startete dazu einen Beteiligungsprozess. Dabei blieben drei Varianten mit jeweils zwei zweizügigen Standorten übrig, die beim wichtigsten Aspekt „Bildungsqualität“ die meisten Vorteile bieten würden: Neben Ratzenried waren dies Neubauten in Eglofs oder Eisenharz oder eine Erweiterung in Christazhofen.
Vor dem Infoabend im vergangenen November in der Ratzenrieder Turnhalle hatte sich die Verwaltung für die Variante Ratzenried-Eisenharz ausgesprochen. Ein Vorschlag, der vor allem bei der seit 2023 bestehenden Bürgerinitiative „Unsere Schule bleibt im Dorf“ aus Christazhofen für Unmut sorgte. In einem offenen Brief an den Bürgermeister nannte die BI zahlreiche Argumente, die für einen Erhalt des erst 25 Jahre alten Schulstandorts sprechen würden.
Einige Monate zuvor hatte sich mit der „Elterninitiative zum Erhalt der Grundschule in Eisenharz/Eglofs“ auch im Argenbühler Süden ein möglicher Widerstand formiert. Ein ähnliches Bild bot sich in den beiden folgenden Ratssitzungen. Zwischen den sich gegenüber sitzenden Vertretern der nördlichen und südlichen Teilorte gab es einen argumentativen, teils emotionalen Schlagabtausch, wahlweise für eine Lösung mit Christazhofen oder mit Eisenharz. Und schon bald war klar: Die Fronten sind so verhärtet, dass es auf eine Kampfabstimmung hinauslaufen würde. Hier saß die „Süd-Fraktion“ am längeren Hebel, weil sie die Verwaltung auf ihrer Seite hatte.
So wurde mit einer hauchdünnen Ein-Stimmen-Mehrheit beschlossen, dass die künftigen Grundschulstandorte Ratzenried und Eisenharz sein werden und die Standorte in Christazhofen (bereits in 2026) und Eglofs (geplant in 2030) schließen. Weil die Neubau-Variante im Eisenharzer Ortszentrum mit 13,5 Millionen Euro rund doppelt so teuer wie die Option mit Christazhofen ist, muss sich die Kommune in den kommenden Jahren stark verschulden und andere Infrastruktur-Projekte nach hinten schieben.
Das nimmt Bürgermeister Sauter in Kauf, weil zweizügige Standorte in Ratzenried und Eisenharz, neben der bildungspolitischen Perspektive für die nächsten Jahrzehnte, eine „bessere räumliche Verteilung in der Gemeinde“ und „die günstigste Variante der Schülerbeförderung“ darstellen würden.
Die Stimmung sei seit der Entscheidung aber „völlig am Boden“, sagt Sandra Vochezer von der BI „Unsere Schule bleibt im Dorf“: „Christazhofen fühlt sich abgekapselt, die Dorfgemeinschaft ist sehr enttäuscht.“ Für vier gleichberechtigte Dörfer hätte man eine andere Lösung gebraucht, ist sie überzeugt. Und vermisst eine „Perspektive, mit der Christazhofen attraktiv und lebenswert bleibt“. Kritik gibt es von Vochezer auch an der Vorgehensweise der Verwaltung, die die beiden Lager im Rat miteinander habe streiten lassen: „Da sind Worte gefallen, die so nicht fallen dürfen.“
Viele seien Anfang Dezember froh gewesen, dass endlich eine Entscheidung gefallen ist, sagt Roland Sauter. Er hofft nun, dass die „Gräben nicht so tief sind“ und die „Differenzen nicht lange nachhallen“. Von einer Spaltung in Süd und Nord zu sprechen, hält der Argenbühler Rathauschef für nicht gerechtfertigt: „Weil in beiden Gebieten weiter eine Grundschule stehen wird.“
Laut Sauter sehen die nächsten Schritte im Prozess der Schulentwicklung folgendermaßen aus: Zunächst werde der formale Prozess zur Änderung der Argenbühler Schulstruktur eingeleitet, hierzu soll es bald erste Gespräche mit dem Staatlichen Schulamt in Markdorf geben. In den kommenden Monaten müsse man zudem die Schulbauförderung für einen Neubau in Eisenharz abklären, ebenso eine mögliche staatliche Förderung für die baulichen Änderungen zur Ganztagsbetreuung in Ratzenried.
Ebenfalls noch in 2025 geplant sei ein Austausch mit den Beteiligten in Christazhofen. Dort soll der Kindergarten in das ab Sommer 2026 verlassene und danach umzubauende Schulgebäude ziehen. Für Planung und Umgestaltung rechnet Sauter mit einer Dauer von ein bis zwei Jahren.
Womit er nach dem Beschluss am 4. Dezember wohl nicht gerechnet hat: Die Bürgerinitiative aus Christazhofen gibt nicht auf. Sie plant ein Bürgerbegehren für den Erhalt aller vier Standorte und informierte darüber erstmals öffentlich in der letzten Gemeinderatssitzung vor Weihnachten. Das letzte Wort in dieser Angelegenheit könnte also vielleicht doch noch nicht gesprochen sein.
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