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Wangen modernisiert Klinik: Abschied von Neubauplänen im Allgäu

Klinikkrise im Westallgäu

Jetzt will der Landkreis Ravensburg die Klinik in Wangen modernisieren und erweitern

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    Im Zuge der Sanierung soll das Wangener Krankenhaus auch erweitert werden: um einen neuen OP-Trakt auf dem eingeschossigen Bereich des Dr. Franz-Wiedermann-Baus (Bildmitte) und später um ein neues Bettenhaus im angrenzenden Park.
    Im Zuge der Sanierung soll das Wangener Krankenhaus auch erweitert werden: um einen neuen OP-Trakt auf dem eingeschossigen Bereich des Dr. Franz-Wiedermann-Baus (Bildmitte) und später um ein neues Bettenhaus im angrenzenden Park. Foto: Heinz Mauch/Archiv

    Was sich in den vergangenen Wochen angedeutet hatte, wird mehr und mehr spruchreif: Das von der Oberschwabenklinik (OSK) betriebene Westallgäu-Klinikum in Wangen dürfte nicht wie bislang angedacht neu gebaut werden. Stattdessen steht eine umfassende Sanierung im Fokus – und eine Erweiterung. Wie es zu dieser Kehrtwende kommt und was sie bedeutet: ein Überblick.

    Was war der bisherige Sachstand? Bis jetzt war klar: Wangens Krankenhaus ist derart in die Jahre gekommen, dass an einem Neubau kein Weg vorbei führt. Schon vor Jahren hatte der Landkreis Ravensburg als OSK-Träger deshalb ein Grundstück in unmittelbarer Nähe erworben. Ferner waren die Stadt Wangen und der Gemeinderat dem Wunsch des Kreises nachgekommen, die Bauleitplanung für den Neubau einzuleiten.

    Was hat sich seither verändert? Im Zuge der Krise der inzwischen geschlossenen Lindenberger Rotkreuzklinik kam die Idee auf, einen gemeinsamen Neubau für die Region Wangen/Lindau/Lindenberg auf die Beine zu stellen. Ein im Oktober vorgestelltes Gutachten empfiehlt dafür ein Haus mit 258 bis 288 Planbetten im Raum Hergatz, mittig zwischen den Städten.

    Zwischenzeitlich stellte das Ravensburger Landratsamt zudem einen Plan für eine „Zwischensanierung“ der Wangener Klinik vor. Kosten: 30 Millionen Euro. Der Grund: Bis zur Eröffnung einer neuen Klinik könnten zehn Jahre ins Land gehen, so Ravensburgs Kreiskämmerer Franz Baur. Das aber ist eine zu lange Zeit für den alten Bau, seine Infrastruktur und Technik, die vielfach aus den 1980er-Jahren stammt.

    Wie wurde das Gutachten aufgenommen? Auf bayerischer Seite positiv. In Baden-Württemberg gab es mehr kritische Stimmen. Dann trat Sozialminister Manfred Lucha (Grüne) auf den Plan. In einem Schreiben an Sievers vom 12. November erteilte er dem Neubau auf bayerischer Seite eine Absage. Darin heißt es unter anderem: „Aus krankenhausplanerischer Sicht halten wir ein Neubauvorhaben dieser Größenordnung im Westallgäu nicht für bedarfsnotwendig.“ Stattdessen empfahl der Minister, „den Standort Wangen insgesamt in den Blick zu nehmen und das Versorgungsangebot bei Bedarf entsprechend anzupassen“. „Bauliche Veränderungen oder Sanierungsmaßnahmen“ dort seien „ein gangbarer Weg“. Übersetzt heißt das: kein gemeinsamer Neubau mit bayerischer Beteiligung und auch keiner in Wangen - dafür dort eine umfassende Sanierung.

    Weshalb haben diese Äußerungen so viel Bedeutung? Das Land kann bei baulichen Investitionen in Krankenhäuser viel Geld beisteuern. Förderquoten von bis zu 70 Prozent der Summen seien oft üblich, erklärt Franz Baur. Bedeutet im Umkehrschluss: Hält das Land Investitionspläne für nicht sinnvoll, kann es den Geldhahn zudrehen - etwa für den Neubau einer Klinik. Ohne Land geht es bei geschätzten Kosten von 250 Millionen Euro aber nicht.

    Wie reagiert man im Kreis Ravensburg auf Luchas Ansagen? Genau sie bewirken die Kehrtwende - weg vom Neubau, hin zur Sanierung. „Die Welt hat sich in den vergangenen acht bis zehn Wochen weitergedreht“, so der Kreiskämmerer. Auch in anderer Hinsicht. Laut Baur und Lang hat man zwischenzeitlich den Bestand des Wangener Krankenhauses noch einmal genau unter die Lupe genommen. Das Ergebnis: Jetzt hält man das Gebäude nicht mehr per se für abbruchreif – und doch sanierungsfähig.

    Was bedeuten die Erkenntnisse? Der Kreis hat aus seinem Programm für den zwischenzeitlichen Erhalt des Westallgäu-Klinikums ein generelles auch für die fernere Zukunft gemacht. Das soll Ende Januar dem Kreistag vorgestellt und von den Räten auf den Weg gebracht werden. Es enthält im Gegensatz zur Zwischensanierung zwei wesentliche Veränderungen. Erstens: Der besonders dringliche, weil veraltete OP-Bereich soll nicht mehr bei laufendem Betrieb erneuert werden. Stattdessen plant man jetzt eine Aufstockung des Dr.-Franz-Wiedemann-Baus um ein zweites Stockwerk. Dort könnten dann bis 2028 in Modulbauweise fünf bis sechs neue OP-Säle entstehen.

    Zweitens: Auf Sicht soll die Klinik auch Richtung Süden wachsen. Denn die Planung beinhaltet im dort gelegenen Park ein neues Bettenhaus als Anbau. Heißt: Wangens Krankenhaus soll nicht nur saniert und modernisiert, sondern auch erweitert werden.

    30 Millionen für den Landkreis als Kosten

    Ist das für den Kreis finanzierbar? Davon geht Kämmerer Baur aus - vor allem wegen der Signale des Landes, das sich laut Luchas Schreiben für Förderungen offen zeigt. Der Kreiskämmerer hat das für die Maximalquote von 70 Prozent schon mal überschlagen: Trotz neuer OP-Säle und eines zusätzlichen Bettenhauses dürfte das die Summe von 30 Millionen Euro nicht überschreiten.

    Was steckt gedanklich hinter den Ausbauplänen? Vor allem die seit der Schließung der Rotkreuzklinik laut OSK „drastisch gestiegenen“ Patientenzahlen. „6600 stationäre und ambulante Patienten sind bis Mitte Dezember aus dem Landkreis Lindau in die Wangener Klinik gekommen. Dies waren 85 Prozent mehr als im gleichen Vorjahreszeitraum. Bei den ambulanten Patienten war die Steigerung mit 87 Prozent sogar noch etwas höher als im stationären Bereich“, so ein Sprecher.

    Und selbst auf das Elisabethen-Klinikum schlage das Aus des Lindenberger Krankenhauses durch - wenngleich weniger deutlich. Der OSK-Sprecher nennt einen Grund dafür: „Schon immer wurden in Ravensburg viele schwere Fälle auch aus dem Landkreis Lindau behandelt. Dies hat sich durch die Schließung in Lindenberg noch einmal verstärkt.“

    Die OSK geht offenbar davon aus, die Patientenzahlen in Wangen halten zu können – also die bayerischen Nachbarn auf Dauer mitversorgen zu können. Deshalb macht der Kreis jetzt Nägel mit Köpfen.

    Welche Reaktionen gibt es im Kreis Lindau? Mit Manfred Lucha gehen Landrat Elmar Stegmann und viele Kreisräte hart ins Gericht. Stegmann sprach im Kreistag von einem „bedauerlichen Politikstil“ Luchas. Vor diesem Hintergrund stehen die Zeichen im Landkreis Lindau jetzt auf eine bayerische Lösung - wenngleich man die Türen Richtung Kreis Ravensburg und OSK nicht zuschlagen will. Im Landkreis Ravensburg befürchten manche hinter vorgehaltener Hand, dass Luchas Absage an Kooperationen neue Konkurrenz schaffen könnte – sprich: Dass der Freistaat den Württembergern ein Krankenhaus „vor die Nase klatscht“, das der OSK Patienten und Mitarbeiter streitig machen könnte.

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