Ein tragischer Todesfall in Zusammenhang mit dem sozialen Netzwerk TikTok sorgt in Italien und darüber hinaus für heftigen Debatten. Am Mittwoch hatte sich in Palerma ein zehnjähriges Mädchen namens Antonella mit einem Gürtel selbst bewusstlos gewürgt. Nachdem eine Schwester das Mädchen entdeckte, brachte die Familie es ins Krankenhaus. Doch die Ärzte konnten Antonella nicht mehr retten - sie starb, wie eine Sprecherin des Hospitals "Di Cristina" am Freitag bestätigte.
Justiz und Jugendschutz nahm Ermittlungen zu den Umständen des Todes auf. Medien schrieben, das Mädchen habe an einer sogenannten "Blackout Challenge" oder "Hanging Challenge" auf der Video-App Tiktok teilnehmen wollen. Bei sogenannten Challenges stellen sich die Teilnehmer bestimmten Herausforderungen oder Mutproben, filmen diese mit, und zeigen die Clips dann in sozialen Netzwerken wie TikTok.
Die Polizei untersuche Antonellas Handy, schrieb die Zeitung "La Repubblica" am Freitag. Die Schwester des Mädchen habe den Eltern berichtet, dass Antonella ein "Ersticken-Spiel" gespielt habe. Geprüft wird nun, ob die Zehnjährige zum Suizid angestiftet wurde. Den Angaben nach stimmten die Eltern einer Organspende durch ihre Tochter zu.
Ein Tiktok-Sprecher erklärte nach Angaben der Nachrichtenagentur Adnkronos: "Wir stehen für die zuständigen Behörden bereit, um bei den Ermittlungen zu helfen." Das Unternehmen versuche, Aufrufe zu lebensgefährlichem Verhalten zu stoppen. Am Freitagabend forderte Italiens Datenschutz-Aufsicht, ein Organ des Parlaments, von Tiktok die sofortige Sperrung von Konten, bei denen das Alter der Benutzerdaten nicht mit Sicherheit festgestellt wurde.
Der Bürgermeister Palermos, Leoluca Orlando, schrieb auf Facebook, er und vermutlich die ganze Stadt stünden "unter Schock". Eine Debatte über die Beziehungen junger Menschen zum Smartphone und zu sozialen Netzwerken sei überfällig - "besonders in Zeiten der Pandemie, die uns immer stärker in die digitale Kommunikation hinein getrieben hat".
In den Medien forderten Psychologen und Jugendexperten, gesetzliche Verschärfungen zum Umgang von Kindern mit Handys und sozialen Netzwerken zu erwägen. Es gibt seit Jahren im Netz und in vielen Ländern "Challenges". Die Herausforderungen sind manchmal lustig, manchmal extrem gefährlich.
Was ist TikTok?
Tiktok ist eine Videoplattform, auf der Nutzerinnen und Nutzer bis zu 60 Sekunden kurze Videos anschauen oder selbst hochladen können. Sobald man die App öffnet, befindet man sich auf der "Für-Dich-Seite" und der Tiktok-Algorithmus schlägt das erste Video vor. Tiktok bietet aber auch klassische Funktionen eines sozialen Netzwerks, etwa Nachrichten schreiben, Inhalte "liken" und kommentieren.
Eine weitere Tiktok-Spezialität ist das Duett. Mit dieser Funktion kann man direkt per Video auf andere Videos reagieren. Der Clou: "Der Bildschirm wird geteilt und links neben dem ursprünglichen Video wird das eigene, neu aufgenommene angezeigt", sagt Schulz.
Wer darf TikTok nutzen?
Tiktok legt in seinen Nutzerbedingungen das Mindestalter für die Nutzung der App auf 13 Jahre fest. Allerdings begeistern sich oft schon viel jüngere Kinder, vor allem Mädchen für die App.
Was sollten Eltern beachten?
- Wichtig für Tiktok und alle anderen Plattformen und Netzwerke ist es, die Medienkompetenz der Kinder und Jugendlichen zu schulen. Gerade Kinder müssen lernen, die Nutzung einzuordnen und zu steuern.
- Eltern sollten eine Gesprächskultur schaffen, die es Kindern ermöglicht, über verstörende Inhalte zu reden, die sie bei Tiktok & Co sehen.
- Experten raten Eltern grundsätzlich, Kinder ihre Tiktok-Profile nicht allein einrichten zu lassen und vorab Regeln zu bestimmen, wie lange Tiktok genutzt werden und was gepostet werden darf.
- Für Eltern gibt es auch einen "begleitenden Modus". Gemeinsam mit ihren Kindern können sie darüber Nutzungszeit und Kontaktmöglichkeiten festlegen oder Inhalte herausfiltern. Dafür müssen Eltern die App allerdings auch selbst installieren.