Auch in Deutschland laufen jetzt die Impfungen gegen das Corona-Virus. Verwendet wird dabei ein Impfstoff des Mainzer Unternehmens Biontech und seines US-Partners Pfizer. Der ist offiziell zugelassen - und wirft bei manchen Menschen Fragen auf. Denn in sozialen Netzwerken kursieren Gerüchte und Halbwahrheiten um den neuartigen mRNA-Impfstoff.
Wie funktioniert der Corona-Impfstoff? Ist man danach wirklich immun? Kann man trotz Impfung Menschen anstecken? Verändert der Biontec-Impfstoff wirklich das Erbgut von Menschen? Hier die wichtigsten Fragen und Antworten.
Wie wirkt der Corona-Impfstoff von Biontech und Pfizer?
Bei dem Mittel von Biontech und Pfizer handelt es sich um einen sogenannten mRNA-Impfstoff. Der Unterschied zu herkömmlichen Impfstoffen: Er enthält keine abgeschwächten oder abgetöteten Viren, sondern lediglich die Bauanleitung für einen Bestandteil des Covid-19-Erregers, genauer gesagt für ein Eiweiß der Virusoberfläche.
Diese Anleitung wird in Form eines sogenannten mRNA-Moleküls in den Körper geimpft, wo dann die menschlichen Zellen selbst das Protein (Eiweiß) des Virus herstellen. Das menschliche Immunsystem wird damit zur Bildung von Abwehrstoffen angeregt. Bei späterem Kontakt mit dem Coronavirus erkennt das Immunsystem das Protein wieder und kann den Erreger schnell gezielt bekämpfen.
Was heißt mRNA?
mRNA ist Englisch und steht für messenger ribonucleic acid, also Boten-Ribonukleinsäure. RNA ist neben der DNA die wichtigste, in jeder Zelle vorkommende Nucleinsäure.
Kann der mRNA-Impfstoff das Erbgut - die DNA - verändern?
Laut Paul-Ehrlich-Institut besteht keine Gefahr, dass die mRNA in das Genom eindringt, das beim Menschen in Form von DNA im Zellkern vorliegt. Um in die menschliche Erbinformation eingebaut zu werden, müsste die RNA des Impfstoffs in die DNA umgewandelt werden. Dazu wären zwei Enzyme notwendig, die normale menschliche Zellen nicht besitzen. Außerdem wird die mRNA nach Angaben des Robert Koch-Instituts nach kurzer Zeit von den Zellen wieder abgebaut.
Kann mich die Corona-Impfung erst recht mit dem Virus infizieren?
Nein. Weil der Impfstoff eben nur die Information für einen einzelnen Bestandteil des Virus enthält, besteht keine Gefahr, dass sich nach der Impfung Viren im Körper ausbreiten.
Wovor schützt der Impfstoff nachweislich?
"Die Impfstoffversuche zeigen, dass Menschen nicht mehr symptomatisch erkranken", sagt Andreas Podbielski, Direktor des Instituts für Medizinische Mikrobiologie, Virologie und Hygiene an der Universität Rostock.
Ob die Impfung auch eine Ansteckung verhindert, ist derzeit unklar. "Wir hoffen natürlich alle, dass die Impfung auch die Infektion verhindert, aber wir wissen es momentan nicht", sagte Thomas Mertens, Vorsitzender der Ständigen Impfkommission (Stiko) am Robert Koch-Institut (RKI) vor Kurzem der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung".
Kann ich das Virus weitergeben, wenn ich geimpft bin?
Das ist aktuell noch unklar. Denkbar ist tatsächlich, dass Geimpfte sich anstecken und das Virus weitergeben, obwohl sie selbst nicht erkranken.
Wie gut schützt der Impfstoff gegen eine Covid-19-Erkrankung?
Nach den klinischen Studien gibt Biontech die Wirksamkeit des Impfstoffs mit 95 Prozent an. Das bedeutet: Unter den Probanden der geimpften Gruppe traten 95 Prozent weniger Erkrankungen auf als unter den Probanden der Kontrollgruppe.
Ob die genannte - für viele Experten überraschend hohe - Wirksamkeit auch bei einem massenhaften Einsatz des Impfstoffes erreicht wird, wird sich erst in einigen Monaten zeigen. Die Zahlen beziehen sich auf die bisher durchgeführten Phase-3-Studien, wie Virologe Podbielski erklärt. "Jetzt ist unter idealisierten Bedingungen geimpft worden", sagt er. Im Alltagseinsatz sind die Bedingungen nicht immer optimal. Der Impfstoff von Biontech müsse extrem gekühlt werden, nennt Podbielski als Beispiel.
Ein weiteres Problem, das für alle Covid-Impfstoffe gelte: Die Tests würden vor allem bei gesunden Menschen durchgeführt. Das Immunsystem bei älteren Menschen oder Menschen mit Vorerkrankungen wie Diabetes reagiere aber nicht so gut auf Impfungen wie das Immunsystem Gesunder. Insofern kann es Podbielski zufolge passieren, dass die Daten zur Wirksamkeit der Impfstoffe nach Impfung großer Teile der Weltbevölkerung weniger gut ausfallen.
Wie lange bin ich nach der Impfung gegen Covid-19 geschützt?
Auch diese Frage lässt sich noch nicht abschließend beantworten, weil die Studien noch nicht lange genug laufen.
Welche Nebenwirkungen gibt es beim Impfstoff von Biontech und Pfizer?
- Müdigkeit, Kopfweh, Schmerzen an der Einstichstelle gehören zu den häufigsten Nebenwirkungen der Impfung. Solche Begleiterscheinungen sind Impfexperten zufolge üblich.
- Einer Studie mit 44.820 Teilnehmern zufolge - von denen etwa die Hälfte den Biontech-Impfstoff bekommen hatte - klagten manche außerdem über Fieber, Schüttelfrost, Durchfall oder Muskel- und Gliederschmerzen.
- Im Allgemeinen waren die Nebenwirkungen schwach bis mäßig und klangen nach kurzer Zeit ab. Im Vergleich zu vielen etablierten Impfstoffen wie etwa dem gegen Grippe traten die Nebenwirkungen aber vergleichsweise häufiger auf. Impfexperten verglichen die Reaktionen mit denen nach Gabe eines Gürtelrose-Impfstoffs.
- Vereinzelt gab es bei den Tests "unerwünschte Ereignisse" wie geschwollene Lymphknoten. Je eine Person meldete eine Schulterverletzung, Herzrhythmusstörungen sowie Parästhesie im Bein, also Taubheitsgefühl. Grundsätzlich traten Begleiterscheinungen öfter bei der zweiten Impfdosis auf. Mögliche selten auftretende Nebenwirkungen konnten aufgrund der kurzen Beobachtungszeit noch nicht erfasst werden. Deshalb wird die Verträglichkeit des Impfstoffes auch nach Zulassung weiter geprüft.
Bei den Impfungen in Großbritannien hatten einige Menschen stärkere allergische Reaktionen gezeigt. Aus diesem Grund haben die Behörden veranlasst, Menschen mit stärkeren Allergieproblemen vorerst nicht zu impfen. Dass das Problem in den klinischen Studien nicht aufkam, liegt ganz einfach daran, dass Menschen mit schweren Allergien gegen Impfstoffe oder Bestandteile davon von der Teilnahme ausgeschlossen waren, erläuterte kürzlich Biontech-Geschäftsvorstand Sean Marett.
Wie wird gegen Corona genau geimpft?
Jeder Patient bekommt zwei Impfdosen im Abstand von drei Wochen, die jeweils in den Oberarm gespritzt werden - genauer gesagt in den Deltamuskel (Musculus deltoideus). "Er könnte im Prinzip in jeden Muskel gespritzt werden, aber die Stelle am Arm ist eben gut zugänglich", sagt Virologe Podbielski. Der Vorteil einer solchen intramuskulären Impfung: Der Wirkstoff bleibt für einige Stunden im Muskel und der Körper hat so Zeit, ihn zu erkennen und darauf zu reagieren.
Wirkt der Biontech-Impfstoff auch dann, wenn das Coronavirus mutiert?
Das Erbgut der Coronaviren verändert sich laufend, das ist an sich nicht ungewöhnlich. Die genetischen Veränderungen können auch die Eigenschaften des Virus verändern, etwa dafür sorgen, dass es leichter menschliche Zellen befallen oder den Angriffen der Immunabwehr besser entkommen kann. In Großbritannien kursiert zum Beispiel seit einiger Zeit eine neue Virusvariante, die sich deutlich schneller ausbreitet als die bisherigen Varianten.
Experten schätzen die Gefahr als gering ein, dass der auch in Großbritannien eingesetzte Impfstoff gegen diese Variante nicht mehr oder schlechter wirkt. Die Immunreaktionen, die der Impfstoff hervorruft, richten sich gegen mehrere Merkmale des Virus, einzelne Mutationen dürften sich deshalb nicht dramatisch auswirken.
In ein bis zwei Wochen sollen verlässliche Daten vorliegen, ob der derzeit in Deutschland verteilte Impfstoff auch gegen die in Großbritannien aufgetauchte Mutation des Coronavirus wirkt. "Nach den bisher vorliegenden Daten scheint es so zu sein, dass der Impfstoff noch wirken sollte", sagte Thomas Mertens, Vorsitzender der Ständigen Impfkommission (Stiko) beim RKI. Es seien aber noch Untersuchungen nötig, die derzeit unter anderem Biontech durchführe, der Hersteller des Impfstoffs. "Wir denken und hoffen, dass wir in etwa ein bis zwei Wochen die Ergebnisse haben werden, so dass man dann ganz sicher sagen kann, wie er wirkt", sagte Mertens weiter.
Gibt es eine Produktinformation zum Impfstoff als Download?
Quellen dieses Artikels: Paul Ehrlich-Institut, RKI, dpa. Stand: 23.12.2020