Immer wieder kommt es vor, dass Wanderer das Gelände und die Wetterverhältnisse am winterlichen Berg unterschätzen. Dabei kann bereits ein falscher Schritt den unerfahrenen Abenteurer in Gefahr bringen - und im schlimmsten Fall tödlich enden.
Die richtige Vorbereitung ist deshalb bei Bergwanderungen im Winter unerlässlich, weiß Bergführer Alexander Grotz. Er leitet in Pfronten (Ostallgäu) seine eigene Bergwanderschule und Bergsportagentur "Alpintours Montaneo". Seit über 40 Jahren sammelt Grotz in den Gebirgen der Welt Expertise. Und klärt auf, wie Bergwanderer sicher im Schnee vorankommen.
Bergwandern im Allgäu im Schnee: Was ist die richtige Ausrüstung?
Laut Grotz sind winterfeste Kleidung, Handschuhe, Mütze, Wechselwäsche und warme Bergschuhe mit Profilsohle unerlässlich beim Wandern im Schnee. Eventuell seien auch Grödel, also einfache Steigeisen, sehr hilfreich. Er sagt: "Auch ein Biwacksack und ein Erste-Hilfe-Set gehören nicht nur im Winter in jeden Rucksack." Er rät Wanderern außerdem dazu, Sonnenbrille und Sonnencreme wegen der Reflektion des Sonnenlichts durch den Schnee bereit zu halten. Wichtig sei, die Bekleidung im Zwiebelprinzip zu tragen, also in mehreren Schichten übereinander.
Zur richtigen Ausrüstung zählt der Pfrontener Bergexperte auch Trekkingstöcke mit Schneetellern dazu. Sinnvoll sei außerdem eine vollgeladene Stirnlampe und ein geladenes Smartphone. Grotz sagt: "Dieses sollte man in einer isolierten Tasche nah am Körper tragen, da aufgrund der Kälte die Leistung der Akkus nachlässt." Zu guter Letzt sollten Wanderer eine Thermoskanne mit Heißgetränk und die Brotzeit nicht vergessen.

Ab welcher Höhe wird es für Bergwanderer im Winter kritisch?
"Ab dort, wo Schnee liegt und oder auch Eis vorhanden ist, eine genaue Höhenangabe ist nicht möglich", weiß Grotz. "Allerdings ist mit zunehmender Höhe auch mehr Schnee zu erwarten und dann gilt es die Lawinengefahr im Auge zu behalten." Wer in Gefahr läuft, in ein lawinengefährliches Gebiet zu geraten, sollte sicherheitshalber eine komplette Lawinensicherheitsausrüstung dabei haben - und mit dieser umzugehen wissen. Zur Ausrüstung neben einem Lawinenverschüttetensuchgerät gehören auch eine Lawinenschaufel und Sonde, so Winterwander-Experte Grotz.
An welchen Stellen kann es am Berg besonders glatt werden?
Der 53-Jährige erklärt: "Die Nordseiten sind im Winter generell die gefährlicheren Stellen, da dort die Sonne nur - wenn überhaupt - kurze Zeit scheint." Dadurch könne das eventuell vorhandene Eis oder der Schnee nicht tauen und bleibe hart. "Steile Hänge sind potenziell natürlich gefährlicher als ein flacher Hang", sagt der alpine Erlebnispädagoge. Allerdings rät er auch dazu, das Gelände über sich im Blick zu haben. Wenn Wanderer beispielsweise einen Hang unterhalb eines steilen Hanges überqueren, kann die Gefahr bestehen, dass sich dort Lawinen lösen.
Wann sollten Wanderer im Winter am besten loslaufen - beziehungsweise umkehren?
Grotz sagt: "Im Winter sind die Tage kurz und somit auch das Tageslicht, das heißt, plane deine Touren so, dass du nicht mit dem letzten Tageslicht am Ziel ankommst." Stattdessen sollten Wanderer immer einen Puffer einplanen, damit sie sicher bei Tageslicht am Ziel ankommen. Zu bedenken sei auch, dass Wanderer im Winter langsamer vorankämen und dadurch mehr Zeit für dieselbe Tour als im Sommer benötigen.
Was sollte man bei Sonnenuntergangs-Touren im Winter beachten?
Gerade im Winter sollten Wanderer darauf achten das Wild nicht aufzuscheuchen, besonders bei Sonnenaufgang oder Sonnenuntergangstouren. "Für das Wild ist es eine unglaubliche Belastung, wenn es gestört und aufgescheucht wird und fliehen muss." Laut dem Leiter von "Alpintours Montaneo" würden viele Tiere dadurch verenden.

Er rät deshalb, auf derartige Touren im Winter zu verzichten oder nur in Gebieten unterwegs zu sein, wo kein Wild gestört werden kann. Sein Tipp: "Es gibt viele Wildschongebiete, welche in den DAV-Karten ersichtlich sind oder welche man auch online im Bayernatlas finden kann." Diese Gebiete sollten tierfreundliche Wanderer nicht betreten.
Was sind die populärsten Fehler, die unwissende Wanderer oder Anfänger im Schnee machen?
"Das Wetter nicht im Blick zu haben und die falsche Ausrüstung", sagt Grotz. Viele Anfänger am Berg vergessen zudem den sogenannten "Wind Chill Faktor": "Bei einer Temperatur von null Grad und einer Windgeschwindigkeit von 25 km/h fühlt es sich bereits an wie minus 5,9 Grad." (Lesen Sie auch: Zahlreiche Unfälle auf Allgäuer Straßen - Wintereinbruch sorgt weiterhin für Chaos)
Was sind absolute No-Gos am Berg im Winter?
Der Pfrontener erläutert: "Ein absolutes No Go ist, in lawinengefährliche Gebiete ohne Lawinensicherheitsausrüstung und ohne Kenntnisse zu starten. Das ist lebensgefährlich." Ebenso riskant sei eine nicht ans Wetter angepasste Ausrüstung wie etwa Turnschuhe und fehlende Erfahrung, warnt Grotz.
Die Erfahrung könnten Neulinge an Bergschulen erlangen, die unter anderem Kurse für das richtige Verhalten im Winter und das Gehen im Schnee und auf Eis anbieten. "Außerdem gibt es geführte Schneeschuh- und Skitouren bei den Allgäuer Alpinschulen, welche mit qualifizierten Bergführern das für den Winter notwendige Know How vermitteln." Ein überlebenswichtiger Tipp von ihm ist, den Körper vor Unterkühlung zu bewahren. (Lesen Sie auch: Winteranfang: Fünf Tipps für einen sanften Start in die weiße Jahreszeit)
Die wichtigsten Tipps für eine Wanderung im Winter:

- Gut vorbereiten: Vor allem Wert legen sollten Wanderer auf die richtige Ausrüstung im Winter. Dazu zählt unter anderem winterfeste Kleidung, warme Bergschuhe mit Profilsohle, ein Biwacksack und Erste-Hilfe-Set, Sonnenbrille, Sonnencreme und Trekkingstöcke mit Schneetellern.
- Lawinengefahr im Auge behalten: Besonders in höheren Lagen, wo mehr Schnee liegt. Es ist ratsam, eine komplette Lawinensicherheitsausrüstung dabei zu haben und mit dieser umgehen zu können.
- Gelände nicht unterschätzen: Vor allem an den Nordseiten ist es gefährlich, wo die Sonne nicht oft scheint. Dadurch bleibt der Boden eher von hartem Eis und Schnee bedeckt. Nicht nur steile Hänge, sondern auch das Gelände über sich im Blick haben wegen der Lawinengefahr.
- Zeitlichen Puffer einplanen: Rechtzeitig loslaufen, damit man nicht mit dem letzten Tageslicht ans Ziel kommt. Und bedenken, dass man im Schnee langsamer vorankommt und mehr Zeit benötigt als im Sommer.
- Wildtiere schonen: Deshalb besser auf Sonnenuntergangs- oder Sonnenaufgangstouren verzichten. Oder nur in Gebieten unterwegs sein, wo kein Wild gestört werden kann.
- Auf das Wetter und die Temperatur achten: Den "Wind Chill Faktor" nicht vergessen. Die gefühlte Temperatur oben am Berg ist deutlich kälter als die tatsächliche.
- Nicht ohne Wissen und winterfeste Ausrüstung loslaufen: Als Anfänger Erfahrung sammeln durch Kurse oder durch geführte Touren im Schnee.