Anfang der Woche ging es für Tristan Schwandke auf den Prüfstand. Der 28-jährige Hammerwerfer, amtierender deutscher Meister, aus Bad Hindelang musste nach Leipzig zur Biomechanik-Analyse. Jede Menge Körperwerte und Leistungsdaten spuckte der Computer aus. Ziemlich schonungslos. Erst Drucksohlentest, dann 3-D-Scan und Diagnostik von Sprungkraft und Schnelligkeit. „Da weiß man ganz genau, was die Arbeit im Winter wert war“, meint Schwandke. Und obwohl der Allgäuer als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Hochschule in Kempten selbst in der Forschung tätig und sehr interessiert an solchen Messungen ist, sagt er lachend: „Am Ende kann man analysieren so viel man will: Die Weite muss halt passen!“
Zu dieser Zeit noch nie so weit geworfen
Diesbezüglich ist Schwandke auf einem guten Weg. Die Saisonvorbereitung läuft, der Hammer fliegt. „Ich habe im Winter an verschiedenen technischen Feinheiten gearbeitet. Das ist mir sehr gut gelungen. Die Werte sind hervorragend. Ich habe um diese Zeit im Jahr noch nie so weit geworfen – und bin noch nicht einmal im Vollgas-Modus“, erklärt der 28-Jährige.
Schon im vergangenen Jahr war er gut in Form, für den Sprung in die internationale Spitzengruppe hat das Niveau aber noch nicht gereicht. „Diesen Schritt habe ich erst im letzten halben Jahr geschafft. Unter anderem über intensives Training im Kraftraum, richtig ekelhafte Einheiten. Ich sag’s mal so: Der Körper ist der Motor, die Technik ist das Getriebe. Und da braucht’s einen hohen Wirkungsgrad.“
77,50 Meter muss Schwandke werfen, um sich direkt zu qualifizieren
Seine Bestweite aus dem Juli 2019 liegt bei 74,03 Meter. Im Training wirft Schwandke derzeit stabil in diesen Bereich. Jetzt gehe es darum, „eine Weltklasse-Weite für Olympia zu generieren“. Dafür muss der Allgäuer noch ein paar Meter zulegen. Um sich direkt für die Sommerspiele in Tokio zu qualifizieren, sind mindestens 77,50 Meter nötig. Eine riesige Herausforderung. „Mit dieser Norm wäre man bei den Olympischen Spielen schon in den Medaillenrängen“, sagt Schwandke. Also hofft er, sich über die Weltrangliste ein Ticket für Tokio zu ergattern. Unter die Top 32 müsste er dafür kommen. „Das ist zu schaffen“, meint der Hindelanger. (Lesen Sie auch: Olympia-Chefin Hashimoto: Keine Gedanken an Olympia-Absage)
Tristan Schwandke: "Mit oder ohne Zuschauer: Am Ende bleiben es die Olympischen Spiele"
Die Olympischen Spiele, das wird im Gespräch mit dem Kraftpaket immer wieder deutlich, sollen der Höhepunkt seiner bisherigen Karriere werden. Allen Diskussionen über das Sport-Großereignis inmitten der Corona-Pandemie und eine mögliche Impfpflicht für die Athleten zum Trotz, freut er sich auf Tokio. Schwandke sagt: „Die Situation muss man so hinnehmen. Das kann man nicht ändern. Mit oder ohne Zuschauer: Am Ende bleiben es die Olympischen Spiele. Auch wenn natürlich die Atmosphäre fehlt. Man kann sich trotzdem mit den Besten messen und es wird ein Titel vergeben.“
Zunächst hofft der Leichtathlet aber, dass es heuer wieder mehr Wettkämpfe gibt als im vergangenen Jahr. Eigentlich hätte er schon im März loslegen sollen, bei einem Meeting in Portugal. Das wurde allerdings auf Anfang Mai verschoben und nach Kroatien verlegt. Alle anderen Termine stehen noch wie anfangs geplant im Kalender.
Der Rhythmus ist wichtig, um in Topform zu sein
Der Schwerpunkt der Vorbereitung liegt zunächst auf der deutschen Meisterschaft Anfang Juni in Braunschweig. Kontinuierlich will sich Schwandke bis dahin steigern und dann zum dritten Mal hintereinander den nationalen Hammerwurf-Titel holen. Er sagt: „Ich hoffe, dass wir aber auch die Chance haben, im Vorfeld ein paar Wettkämpfe hintereinander auszutragen, um in einen guten Rhythmus zu kommen. Sollte alles ausfallen und als letzte Möglichkeit für die Olympia-Quali die deutsche Meisterschaft bleiben, dann wird’s schwierig. Dann gibt’s nur diesen einen Schuss – und der muss sitzen. Dann wird es ein Lotteriespiel.“
Sollte der Traum von der Teilnahme in Tokio platzen, versichert Schwandke, würde ihn das nicht aus der Bahn werfen. Mit der Routine und dem Alter kam in den vergangenen Jahren auch die Gabe, manche Dinge gelassener zu sehen. Das größte Ziel des Hindelangers hat nichts mit Medaillen und internationalem Ruhm zu tun. Ihm geht es in erster Linie darum, sich ständig persönlich weiterzuentwickeln. Schwandke sagt: „Das ist das Einzige, was ich selbst beeinflussen kann. Bei allen anderen Dingen bin ich von Entscheidungen und Form anderer abhängig. Wenn ich meine persönlichen Ziele erreicht habe, bin ich sehr zufrieden. Am Ende ist es ja nur Sport.“
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