Die Füssener Hütte liegt zwar in Österreich, steht aber auf Füssener Boden.
Bild: Benedikt Siegert
Die Füssener Hütte liegt zwar in Österreich, steht aber auf Füssener Boden.
Bild: Benedikt Siegert
Von der Terrasse der Füssener Hütte (1.550 Meter) aus blicken Wanderer und Fahrradfahrer auf die hoch aufragenden Nordwände von Gehrenspitze, Köllenspitze und Gimpel. Trotz frühsommerlichen Wetters liegt dort noch Schnee. Davor wehen die Fahnen Tirols und Füssens nebeneinander. "Das symbolisiert die Verbindung", sagt Hütten-Betreiber Matthias Nack.
Denn die Füssener Hütte liegt zwar in Tirol - steht aber dennoch auf Füssener Boden und sogar im Eigentum der Stadt. "Das finden die Menschen immer interessant", sagt Nack. "Und warum wir eine Telefonnummer mit Füssener Vorwahl haben", sagt er und grinst in seinen schwarzen, graumelierten Vollbart. Die Antwort: Er und seine Lebensgefährtin Melanie Kerpf haben ein Satellitentelefon und konnten sich aussuchen, welche sie haben wollen.
Und wie kam es zu der Verbindung zwischen Füssen und Tirol, die Nack anspricht? Kaiser Heinrich VII. verpfändete seinerzeit die Füssener Hütte, um seinen Krönungszug nach Rom zu finanzieren. Das Pfand wurde allerdings nicht ausgelöst, sodass die Hütte in schwäbischen Besitz überging. Der Lech bildete die Grenze: Was westlich des Flusses lag, gehörte zu Schwaben, was im Osten lag, gehörte zur Grafschaft Tirol.
Seit 1837 steht die Sennalpe im Reintal. 1938 übernahmen sie die Gebirgsjäger und nutzen sie bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs als Jagdhütte. Anschließend stand die Berghütte in österreichischem Besitz, bis sie der damalige Füssener Bürgermeister Dr. Ernst Enzinger auf Grundlage ihrer Entstehungsgeschichte erfolgreich zurückforderte.
Nun ist die Füssener Hütte aber nicht nur für diese besondere Situation bekannt, sondern vor allem wegen der angebotenenen Speisen. Dabei handelt es sich laut Nack vor allem um bodenständige Gerichte wie Kaiserschmarrn und Spinatknödel. Der gelernte Koch probiert sich allerdings auch gerne aus und bietet daher kreative Tagesgerichte an. Ein Mitarbeiter aus Tibet zeichnete sich deshalb nicht nur für die Gebetsfahnen über dem Türstock verantwortlich, sondern auch dafür, dass es mal "Momos" gab, Teigtaschen aus Tibet.
Wem das zu exotisch ist, kann aber auch Schweinebraten aus dem Holzofen bestellen. Die Füssener Hütte hat keinen Stromanschluss. Die Lebensmittel werden mit Gas gekühlt. "Wir haben also nicht viel Platz zum Lagern, das Essen ist also zwangsläufig immer frisch", sagt Nack.
Die Hütte ist aber nicht nur vom Strom abgeschnitten. Auch auf Handyempfang müssen Besucher verzichten. Statt auf ihre Smartphones zu schauen, holen sie also die Gitarre und die Spiele aus dem Regal.
Matthias Nack und Melanie Kerpf gefällt das so. Allgäuer könnten Kerpf bereits von früheren Bergtouren kennen. Die Hüttenwirtin kommt gebürtig aus Nesselwang im Ostallgäu und bediente auf der Rohrkopfhütte am Tegelberg. Nack stammt aus Schleswig-Holstein. Die beiden arbeiteten jahrelang in der Hotellerie in ganz Europa und lernten sich in der Küche eines gehobenen Hotels in St. Moritz in der Schweiz kennen.
Mit der Füssener Hütte, die sie nun seit vier Jahren betreiben, geht für die beiden ein Traum in Erfüllung. Auch wenn es sich um einen Traum mit vielen Arbeitsstunden handelt. Von 6 Uhr bis 21 Uhr geht der Arbeitstag. Was die beiden trotzdem motiviert, sind Kerpf zufolge die Gäste. "Das sind größtenteils entspannte, zufriedene Leute."
Und die Gäste erwidern diese Dankbarkeit. Zwei Stammgäste sitzen auf einer Bank, vor ihnen stehen zwei Biergläser auf dem Tisch. Einer von ihnen ist Berl Heiserer aus Pflach. Er lobt die "familiäre, gute Bewirtung." Im vergangenen Jahr sei er etwa 90 Mal auf der Füssener Hütte gewesen. Sein Freund, Peter Hohenrainer aus Reutte stimmt zu: "Die Bewirtung hier ist sehr freundlich."
Die meisten Radler starten vom Parkplatz des Gasthofs Bärenfalle bei Musau. Der ist aktuell kostenlos. Von dort aus geht es einen gut ausgeschilderten Forstweg etwa 17 Kilometer lang durch das Raintal hinauf zur Füssener Hütte. Viele Wanderer fahren mit der Bergbahn vom Füssener Jöchle und laufen dann knapp über eine Stunde zur Hütte. Der Parkplatz in Grän ist der Touristen-Informationsseite des Tannheimer Tals zufolge kostenlos.
Seinen Gästen empfiehlt Nack die Tour zur Großen Schlicke auf 2059 Metern Höhe. "Das ist quasi unser Hausberg - und ein super Aussichtsberg." 90 Minuten Gehzeit veranschlagt Nack bis zum Gipfel. (Lesen Sie auch: Das sind die zehn außergewöhnlichsten Gipfel im Allgäu und der Region)
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