Wälder, Berge, Wiesen – müsste man die Allgäuer Landschaft in drei Worten zusammenfassen, wären es wohl diese. Für die Milchwirtschaft entpuppt sich dies angesichts drohender Futterknappheit als Glücksfall. „Im Allgäu, speziell im Oberallgäu, sind wir eine reine Grünlandregion“, sagt die Oberallgäuer Kreisbäuerin Monika Mayer. Die Fütterung der Tiere sei im Wesentlichen grünlandbasiert. „Beim Grundfutter haben wir gar kein Problem, weil der letzte Sommer sehr gut war.“ Trotzdem sorgen sich Landwirte in der Region.
Warum die Qualität des Futters leidet
„Was knapp wird, ist Kraftfutter, zum Beispiel aus Mais- oder Rapsschrot“, warnt Alfred Enderle (Wertach/Oberallgäu), schwäbischer Bezirkspräsident des Bayerischen Bauernverbands (BBV). Hungern müssten die Tiere auf keinen Fall – aber die Qualität des Futters werde schlechter, wenn man Kraftfutter nicht mehr einsetze. Das bekämen auch Verbraucher zu spüren: Dadurch sinke die Milchmenge, aber auch der Gehalt an Fett und Eiweiß. „Aus einem Liter Milch kann man dann weniger Käse oder Joghurt machen, das sorgt für steigende Verbraucherpreise.“
Enderle sorgt sich vor allem um Biobetriebe: „Die Ukraine war ein wichtiger Lieferant von Bio-Kraftfutter und fällt jetzt weg.“ Im Allgäu seien außerdem „quasi alle Betriebe“ als gentechnikfrei zertifiziert, dafür brauche man passendes Kraftfutter, das ebenfalls oft aus der Ukraine komme. „Es gibt hier absehbar Lücken“, warnt Enderle. Kreisbäuerin Mayer bekommt für den heimischen Bio-Milchviehbetrieb derzeit noch genug Kraftfutter: „Es gibt aber einen großen Unsicherheitsfaktor, weil keiner weiß, wie es weitergeht – auch wenn wir in der Bio-Rinderfütterung keinen Ukraine-Import haben.“ Doch beim Bio-Geflügelfutter und Bio-Schweinefutter gebe es ein „wirkliches Problem“, warnt Mayer.
Das trifft Legehennen-Betriebe in der Region hart. „Knapp ist das Futter nicht, aber die Preise sind enorm gestiegen, um fast ein Drittel“, sagt Jürgen Dötz, der einen Bio-Hof mit 10.000 Legehennen im Oberallgäuer Sulzberg betreibt. Sein Betrieb kauft das Futter komplett von zwei regionalen Kooperationspartnern, die es zu einer Mühle liefern. „Da sind Mais, Weizen, Hafer, Sonnenblumenkuchen und Erbsen drin“, berichtet Dötz. „Bei uns wächst kein Getreide, deshalb haben wir diese Kooperation.“
„Dünger ist immens teuer“
Neben den allgemeinen Steigerungen habe die aktuelle Preisentwicklung auch mit dem Ukraine-Krieg zu tun: „Dünger ist immens teuer geworden, da die Herstellung energieintensiv ist und er oft aus Russland kommt“, erläutert BBV-Funktionär Enderle. Jürgen Dötz machen die steigenden Preise zu schaffen. Er hat zwei Ställe mit je einer Altersgruppe Legehennen, einmal 4000 und einmal 6000 Stück. Die kleinere Gruppe habe er noch bis September, dann ende der 14-Monats-Zeitraum für eine Stalleinheit. „Wir müssen jetzt schon entscheiden, ob wir im Herbst neue Hühner kriegen. Das ist eine Gratwanderung, auch die Hühnerpreise explodieren“, sagt Dötz. „Wenn das Futter nochmal teurer wird, halten wir es nicht durch.“ Denn es stiegen zwar auch die Eier-Preise, „dies wird aber nicht an die Landwirte weitergegeben“. Immerhin habe der Betrieb einen sehr guten Direktverkauf, sagt Dötz. „Wir sind froh, wenn es sich auf eine Nullrunde ausgeht.“
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