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Ganz nahe am Märchenkönig

Füssen

Ganz nahe am Märchenkönig

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    Markus Richter
    Markus Richter Foto: Tohomas Endl

    Manchmal hat Markus Richter Visionen. Dann sieht er im Wald eine Hütte stehen, in der der König Zuflucht vor den Qualen der irdischen Existenz gesucht hat. Doch es ist keine Einbildung: Solche Berghütten hat es wirklich gegeben. So wie Marianna Rieger, das Dienstmädchen im Königshaus auf dem Schachen, ihren Sohn Hansi, den Diener Franz Dengg oder auch den Gerüstbauer aus Schwangau. Die Fakten müssen stimmen, lautet Richters Credo. Deswegen lässt er gerade seinen zweiten Neuschwanstein-Thriller „Ohne Herz“ intensiv von einem Historiker überprüfen, bevor er im Juni oder Juli zu kaufen ist, nachdem der erste „Ins Herz“ mit allein 5000 verkauften Printexemplaren gut angekommen war.

    Die historischen Fakten, die er in nahezu fanatischer Akribie zusammenträgt, nutzt Richter wie einen Steinbruch: Er greift sich Teile heraus und setzt sie neu zusammen – und plötzlich werden Linien sichtbar, Zusammenhänge, die sich auf den zweiten Blick erschließen und einen spaltbreit Licht ans Mysterium Ludwig II. lassen. Dabei liegt sein Blick noch nicht einmal auf dem Monarchen selbst. „Der ist eigentlich nur eine Randfigur“, sagt Richter. Es sind die Figuren in seinem Umfeld, die Richter faszinieren und denen er versucht, aus erhaltenen Briefen oder Erzählungen von Nachfahren näher zu kommen, nachdem die Personalakten im Krieg zerstört worden waren.

    Daran, dass der 1972 in Füssen geborene Verwaltungsbeamte ein enormes Wissen über den Märchenkönig, dessen Zeit und das ihn umgebende Personal angehäuft hat, lässt er den Leser gerne teilhaben. Geduldig erklärt er zu jeder Figur, was ihre Funktion ist und lässt sie in lockeren Dialogen lebendig werden. Richter kann dabei nicht nur auf ein großes eigenes Archiv zurückgreifen. Als ehemaliger Schlossführer und Kastellan von Neuschwanstein kennt er alle Ecken des Schlosses. Nach dem Skandal um schwarze Kassen der Schlossverwaltung war er 2013 in die Museumsabteilung der bayerischen Schlösserverwaltung nach München-Nymphenburg gewechselt. Doch das Heimweh war größer: 2015 kehrte er ins Ostallgäu zurück, und fand eine Stelle am Landratsamt. Der direkte Kontakt zum Schloss ist ihm aber geblieben: Seine Frau Vanessa arbeitet nicht nur im Museum der bayerischen Könige in Hohenschwangau, sie ist auch die Enkelin des früheren Schlossverwalters Julius Desing, auf dessen Archiv und Wissen Richter so ebenfalls Zugriff hat. Zudem arbeitet er eng mit dem Münchner Historiker Klaus Reichold zusammen, der Einblick ins geheime Archiv der Wittelsbacher hat.

    Auch Richters zweiter Neuschwanstein-Thriller basiert auf ein paar Schlüsselfakten, die zwar eigentlich bekannt sind, aber relativ wenig beachtet werden, und die durch Richter interpretiert und eingeordnet werden. „Vielleicht verbreite ich damit auch Gerüchte …“, sagt Richter. Welche Vorfälle er genau meint, will er erst bei der Präsentation seines neuen Buches am kommenden Freitag im Festspielhaus verraten. Vorab nur so viel: Der Sohn von Marianna Rieger, dem Dienstmädchen im Königshaus auf dem Schachen, spielt eine große Rolle, und ein Unglück beim Schlossbau. Mitten drin ist natürlich auch wieder Richters alter ego Lorenz „Lenz“ Baumgartner, mittlerweile zum Kastellan von Schloss Hohenschwangau aufgestiegen. Für ihn wird es diesmal richtig gefährlich. Ob er auch im dritten Band noch eine Rolle spielt, an dem er mittlerweile zu schreiben begonnen hat, lässt Richter deshalb bewusst offen.

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