Unter strengen Sicherheitsvorkehrungen hat am Dienstag vor der Großen Strafkammer des Kemptener Landgerichts der Prozess gegen einen 38 Jahre alten Mann begonnen. Er soll seine Ehefrau ermordet haben. Die Staatsanwaltschaft legt ihm zur Last, am 6. Juli vergangenes Jahres in einem Linienbus bei Obergünzburg (Ostallgäu) seine von ihm getrennt lebende Ehefrau mit einem Küchenmesser erstochen zu haben.
Die 26-jährige Frau erlitt zahlreiche Schnittwunden und sie starb kurze Zeit nach den Messerstichen in einer Klinik. Der 38-Jährige besitzt die afghanische Staatsbürgerschaft. Die afghanische Familie hatte seit 2015 in Obergünzburg gelebt.
Prozess in Kempten: Angeklagter will nicht aussagen
Der Angeklagte wurde am Dienstag in Handschellen in den Sitzungssaal geführt. Er trug eine blaue Jeans und einen olivfarbenen Parka. Der Vorsitzende Richter Christoph Schwiebacher eröffnete am Vormittag die Verhandlung. Der Staatsanwalt verlas die Anklage, der Verteidiger erklärte danach: "Mein Mandant wird keine Angaben machen."
Eine Freundin der Getöteten schilderte vor Gericht, dass der Angeklagte seine Ehefrau geschlagen habe. Zudem habe er sie nach der Trennung bedroht. Die Frau habe immer Angst vor ihm gehabt.
Nach mutmaßlichem Mord im Bus in Obergünzburg sind die vier Kinder in Obhut des Jugendamtes
Das getrennt lebende Paar hatte vier gemeinsame Kinder, die nach dem Tod der Mutter in die Obhut des Jugendamtes kamen.
Bereits Ende 2019 hatte sich das Paar getrennt und der Mann war aus der gemeinsamen Wohnung zurück in eine Flüchtlingsunterkunft gezogen. Zuvor hatte es laut Anklageschrift schon mehrfach verbale und körperliche Auseinandersetzungen gegeben. Der Angeklagte habe einen „erheblichen Groll“ gegen seine Ehefrau entwickelt, heißt es in der Anklage. Der Staatsanwalt: „Insbesondere störte sich der Angeklagte daran, dass er seine Rolle als Familienoberhaupt nicht aufrechterhalten konnte und deswegen - seiner Meinung nach - in der afghanischen Gemeinde in Obergünzburg an Ansehen verlor.“
Obergünzburg: Wohl auf Ex-Frau im Bus aufgelauert
Am Tattag im vergangenen Sommer hatte der Mann seiner Ex-Ehefrau im Linienbus aufgelauert, obwohl ihm eine Kontaktsperre auferlegt worden war. In dem Bus stach er dann den Ermittlungen zufolge auf die völlig arglose Frau ein. Das wertet die Staatsanwaltschaft als Mord. Zudem lautet die Anklage auf gefährliche Körperverletzung und Bedrohung. Die Bluttat hatte in Obergünzburg Entsetzen ausgelöst.
Mutmaßlicher Mord im Bus im Allgäu: Zehn Kinder und ein Erwachsener saßen mit im Bus
Während der Tat saßen im Linienbus, der von Kempten nach Obergünzburg unterwegs war, noch zehn Kinder zwischen elf und 18 Jahren sowie ein weiterer Erwachsener. Das Gericht muss jetzt in dem auf vier Tage angesetzten Prozess klären, ob der Mann wegen Mordes oder Totschlags zu verurteilen ist.
Lesen Sie auch: So schildert der Busfahrer die dramatischen Szenen im Linienbus
