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Bauernkrieg-Spielfilm: Wie „Lond it luck“ von Klaus Gietinger und Leo Hiemer 1979 entstand

Spielfilm über den Bauernkrieg

Kein Geld, aber viel Leidenschaft: So entstand 1979 ein Spielfilm über den Bauernkrieg

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    Szene aus „Lond it luck“. Nun ist der Bauernkriegsfilm aus dem Jahr 1979 wieder zu sehen.
    Szene aus „Lond it luck“. Nun ist der Bauernkriegsfilm aus dem Jahr 1979 wieder zu sehen. Foto: Klaus Gietinger

    Mit Ausstellungen und Büchern wird gerade allerorten an den Bauernkrieg vor 500 Jahren erinnert. Dass es aber auch einen Spielfilm aus dem Allgäu über dieses historische Großereignis gibt, wissen vermutlich viele nicht. Gedreht haben ihn Klaus Gietinger, Leo Hiemer und ihre Mitstreiter von der „Westallgäuer Filmproduktion“ im Jahr 1979, und als er 1980 in den Kinos, Stadthallen, Gemeindesälen und Hinterzimmer mit einem einfachen Projektor gezeigt wurde, war die Resonanz für damalige Verhältnisse groß. Über 10.000 Menschen sahen den Film, dem die Macher den Dialekt-Namen „Lond it luck“ (Lasst nicht locker) gegeben haben. Zum Bauernkriegs-Gedenkjahr zeigen Gietinger und Hiemer ihn in einer restaurierten und digitalisierten Fassung nun in vielen Allgäuer Kinos; Start ist in Lindenberg, wo er uraufgeführt wurde. „Ich find’ ihn immer noch ganz gut, obwohl er unser erster langer Spielfilm war“, sagt Klaus Gietinger, der vor wenigen Wochen seinen 70. Geburtstag gefeiert hat.

    24 Jahre war er alt, als er mit seinem acht Monate älteren Freund Leo Hiemer „Lond it luck“ drehte. Als Regisseur mit dabei war damals noch Günter Rudolph. Es muss kurios ausgesehen haben, als die jungen Leute mit einer Super-8-Kamera auf den Westallgäuer Feldern unterwegs waren und ebenso engagiert wie respektlos die Geschichte vom Aufstand der Bauern gegen ihre adeligen und klösterlichen Herren in Szene setzten. Vor und hinter der Kamera wirkten Familienmitglieder, Freunde und Bekannte mit, lauter Laien. Die Schauspielerinnen und Schauspieler trugen Kostüme, die sie von den Freilichtspielern in Altusried ausgeliehen hatten, und sprachen in Allgäuer Mundart. Waffen und Kanonen fertigten die Filmemacher aus Holz und Pappe. „Wir hatten so gut wie kein Geld“, erinnert sich Gietinger. Dafür aber umso mehr Leidenschaft für Film und Kino.

    Beide interessierte Geschichte und Politik. Und einen bäuerlichen Hintergrund haben sie auch

    Das Drehbuch zum Allgäuer Bauernkriegsfilm entwickelten die beiden in Göttingen, wo sie studierten - Gietinger Soziologie, Hiemer Deutsch und Geschichte, um Lehrer zu werden. Brennend interessierten sie sich für historische und gesellschaftspolitische Themen. Und einen bäuerlichen Hintergrund brachten sie ebenfalls mit. Leo Hiemer wuchs auf einem Hof in Maierhöfen auf. Landwirt wollte er, der Erstgeborene, aber nicht werden. „Ich habe mich lieber hinter Büchern vergraben.“

    Szene aus „Lond it luck“ mit Klaus Gietinger als Truchsess (links) und Georg Veit als Kemptener Fürstabt.
    Szene aus „Lond it luck“ mit Klaus Gietinger als Truchsess (links) und Georg Veit als Kemptener Fürstabt. Foto: Klaus Gietinger

    Um historisch genau zu sein, wühlten sie sich durch die einschlägige Literatur. „Wir haben versucht, uns an die Fakten zu halten“, sagt Gietinger. „Aber natürlich haben wir den Konflikt auch dramaturgisch zugespitzt.“ Hiemer erinnert sich so: „Ich wollte Geschichte zeigen, Klaus wollte gute Filme machen.“

    Sie verteilten Handzettel, um Statisten für die Bauernkriegs-Schlacht zu finden

    Die beiden Protagonisten übernahmen auch Hauptrollen. Gietinger spielte, mit langen Haaren und schwarzem Vollbart, den Truchsess Georg von Waldburg, der 1525 die Aufstände der Bauern brutal niederschlug; Hiemer übernahm die Rolle eines der geknechteten, ausgebeuteten und in die Leibeigenschaft getriebenen Bauern, den der Fürstabt von Kempten foltern lässt. Gedreht wurde um Lindenberg und Weiler im Westallgäu, aber auch an etlichen weiteren Orten. Statisten kamen unter anderem vom Theaterverein Simmerberg. Die reichten allerdings nicht für die finale Bauernkriegs-Schlacht bei Leubas. Deshalb verteilten die Filmemacher überall Handzettel. Rund 100 Männer und Frauen meldeten sich. Am Morgen des Aufnahmetages schüttete es aber wie aus Kübeln, erinnert sich Hiemer. Der Dreh stand auf der Kippe. Nachmittags klarte es dann auf, und die schweren Wolken am Himmel verliehen den Kampfszenen etwas Mythisches.

    Szene aus „Lond it luck“ mit Leo Hiemer als Bauer.
    Szene aus „Lond it luck“ mit Leo Hiemer als Bauer. Foto: Klaus Gietinger

    Auch wenn Gietinger den Rhythmus des Films etwas beschleunigt sowie Farben und Ton digital korrigiert hat: Man sieht ihm an, dass noch keine Profis am Werk waren. „Wir haben damals einen großen Schritt in unserer Entwicklung gemacht“, sagt Leo Hiemer. Nach der riesigen Resonanz bei den Vorführungen im Allgäu ist das ZDF auf die Westallgäuer Filmemacher aufmerksam geworden. Sie durften für die Reihe „Das kleine Fernsehspiel“ den Spielfilm „Land der Räuber und Gendarmen“ drehen. Der große Erfolg kam aber erst 1985 mit „Daheim sterben die Leut“. Beide sind überzeugt: Ihr Bauernkriegsfilm hat nichts an Aktualität verloren. „Für alle, die angesichts schreienden Unrechts ihre Menschenrechte einfordern, gilt auch heute noch und vielleicht mehr als jemals zuvor: Lond it luck!“, schreiben die beiden auf dem Flyer für die anstehenden Aufführungen.

    1991 trennten sich die Wege von Gietinger und Hiemer. Dem Filmen aber blieben sie treu. Gietinger machte Karriere als Regisseur und Drehbuchautor, unter anderem realisierte er mehrere Folgen des „Tatort“. Nach Stationen in Frankfurt und Berlin lebt er heute in Saarbrücken. Inzwischen hat er sich auch einen Namen als Autor (historischer) Bücher gemacht und engagiert sich für die Eisenbahn. Leo Hiemer schrieb ebenfalls Drehbücher und machte Filme. Seit vielen Jahren lebt er in Kaufbeuren. In seinen Dokumentarfilmen widmete er sich immer wieder geschichtlichen Themen, zuletzt der Zeit des Nationalsozialismus im Allgäu. Freunde sind sie geblieben.

    In diesen Kino ist „Lond it luck“ zu sehen

    • Lindenberg: 16. April, 20 Uhr, Neues Krone Kino
    • Kempten: 17., 18., 19., 20. und 21 . April jeweils um 18 Uhr, Colosseum-Center
    • Augsburg: 18. April, 18 Uhr, Thalia Kino & Café
    • Türkheim: 27. April, 10.30 Uhr, Filmhaus Huber
    • Bad Wörishofen: 28. April, 20 Uhr, Filmtheater
    • Kaufbeuren: 29. April, 18 Uhr, Cico
    • Isny: 2. Mai, 20 Uhr, Neues Ringtheater
    • Füssen: 4. Mai. 10.30 Uhr, Alpenfilmtheater
    • Lindau: 7. Mai, 20 Uhr, Parktheater
    • Sontheim (Unterallgäu): 13. Mai, 20 Uhr, Dampfsäg
    • Vöhringen: 17. Mai, 20.30 Uhr, Kellerkult

    Bei allen Vorführungen sind Klaus Gietinger und/oder Leo Hiemer dabei – als Ansprechpartner für Gespräche.

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