Ja, so kann Jazz auch klingen. In Rebecca Treschers Tentett sitzt ein Cellist in der ersten Reihe, gleich hinter ihm ist eine Harfe platziert, in die Saxofonist Anton Mangold ab und zu greifen wird. Und die Chefin selbst bläst eine Bassklarinette. Solche Instrumente erlebt man selten bei Konzerten, die das Label „Jazz“ tragen. Und sie versprechen einen Sound, der ganz anders ist als gewöhnlich. Tatsächlich hören die weit über 100 Besucher beim letzten Termin der Zeitgenossen-Reihe im Theater-Oben Klänge, die so bunt sind wie eine Blumenwiese. Eine Rarität in der deutschen Jazzlandschaft.
Dafür trommelt die in Nürnberg beheimatete Klarinettistin, Komponistin und Arrangeurin Rebecca Trescher zehn Musiker aus ganz Deutschland zusammen. Etliche kommen aus Köln, andere aus Wien, Würzburg, München und Berlin.
Das Ergebnis ist den Aufwand wert. Für sie schreibt diese sophisticated Lady derart geistreiche, tiefgründige und ausgefeilte Stücke, dass das Zuhören einerseits abenteuerlich-aufregend ist, andererseits einfach Spaß macht.

Vorhersehbar ist nichts, es gibt immer wieder überraschend Neues. Sei es durch die Kombination von Instrumenten (plötzlich sind drei B-Klarinetten zu hören), sei es durch den Aufbau der Kompositionen, welche die im Jazz üblichen Schemata ignorieren.
Manchmal klingt das Ensemble wie eine Bigband. Dann wieder ganz anders
In seltenen Momenten tönt das Tentett wie eine Bigband, oft wie ein Kammer-Ensemble. Weil Trescher ständig auf den Grenzen zu Klassik und Filmmusik wandelt. Aber eigentlich ist die Formation der 37-Jährigen so singulär, dass alle Vergleiche bemüht wirken.
Am besten, man schließt die Augen, lehnt sich zurück und genießt das, was von der Bühne kommt. Und öffnet zwischendurch die Augen, um zu erfahren, welche Instrumente die kreative Arrangeurin gerade wieder kombiniert. Dass sie für solch kreatives Können laufend mit Preisen ausgezeichnet wird, versteht sich fast von selbst. 2022 etwa erhielt sie den Deutschen Jazzpreis für die „Komposition des Jahres“. Bei ihren Stücken lässt sich übrigens gern von den Mitmusikern inspirieren.
Den Solisten geht es nicht darum, ihre Virtuosität auszuspielen
Jazzig ist das Ganze aber dann doch. Wegen der farbig funkelnden Harmonien, wegen des mal vertrackten, mal motorischen Rhythmus’. Und vor allem wegen der Improvisationen. Die einzelnen Musiker haben ihr Solisten-Handwerk gelernt und können prächtig loslegen. Aber meistens geht es in diesen Ausflügen eher darum, eine Stimmung zu erzeugen und ein bestimmtes Gefühl zu spiegeln, als virtuos durch die Höhen und Tiefen zu rasen.
Rebecca Trescher freut sich selbst sichtlich über das, was sie von ihren neun Kollegen hört. Auch das Publikum weiß die Eleganz und Extravaganz zu schätzen. Sehr warm und intensiv fällt der Applaus aus. Und sogar der, der das Konzert für den Jazzfrühling organisiert hat, Josef Ego, greift vor der Zugabe zum Mikrofon, um seiner Überwältigung Ausdruck zu verleihen. Das Wagnis, das er eingegangen ist, hat sich voll ausgezahlt.