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Oper "Der Freischütz" auf der Bregenzer Seebühne: Was die Zuschauer sehen werden

Bregenzer Festspiele

Regisseur Stölzl: Zuschauer sollen bei der Oper in Bregenz frösteln

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    Eine gespenstische Landschaft hat Regisseur und Bühnenbildner Philipp Stölzl für die Oper „Der Freischütz“ auf der Seebühne geschaffen.
    Eine gespenstische Landschaft hat Regisseur und Bühnenbildner Philipp Stölzl für die Oper „Der Freischütz“ auf der Seebühne geschaffen. Foto: Matthias Becker

    Größer könnte der Kontrast nicht sein: Der Mann, der 2019 einen knallbunten, quietschfidelen Clown als Kulisse für Verdis „Rigoletto“ in den Bodensee gesetzt hat, lässt jetzt die Uferlandschaft beim Bregenzer Festspielhaus im Frost erstarren. Für Carl Maria von Webers Oper „Der Freischütz“ hat Regisseur und Bühnenbildner Philipp Stölzl eine unwirtliche, gespenstische Szenerie entworfen. Passend zu einer Geschichte, die nach Auffassung Stölzls davon erzählt „wie viel Böses um uns herum ist“. Aber auch davon, „wie wir durch innere Stärke, Glaube und Liebe überleben können“.

    Das Interesse am „Freischütz“ ist enorm. Beim Richtfest auf der Seebühne kündigte Intendantin Elisabeth Sobotka darum eine zusätzliche Aufführung an: Von 17. Juli bis 18. August 2024 wird die Oper nun 28 Mal gegeben.

    Die Bühne für die Oper "Der Freischütz" in Bregenz nimmt Gestalt an. Geprobt wird aber erst im Sommer.
    Die Bühne für die Oper "Der Freischütz" in Bregenz nimmt Gestalt an. Geprobt wird aber erst im Sommer. Foto: Matthias Becker

    Philipp Stölzl ist komplett im Glück, ein zweites Mal am See inszenieren zu dürfen. „Das wollte ich unbedingt“, sagt er. „’Rigoletto’ war schon ein Statement – und jetzt durfte es keinesfalls etwas Ähnliches sein.“ Der gebürtige Münchner, der auch in der Welt des Films daheim ist, hatte Lust auf ein Stück mit viel Sprechanteil. „Der Freischütz“ mit einer Reihe von „Sonntagmorgen-Klassikhits“ eigne sich da bestens als Werk, um zigtausende Gäste anzuziehen.

    Den malerischen Sonnenuntergang will Regisseur Philipp Stölzl den Zuschauern nicht nehmen

    Wie wird es sein, an warmen Sommerabenden vor schneebedeckten Hügeln und garstigen Sümpfen Platz zu nehmen, auf einen totenbleichen Mond zu blicken, der über abgestorbene Bäume, windschiefe Hütten samt versinkendem Kirchturm wacht? Nein, den Sonnenuntergang will Stölzl dem Publikum nicht vergällen. „Das Stück geht ja heiter los, mit einem Schützenfest“, sagt er. Doch bald schleiche sich Gemeinheit und Düsternis ein. Das abnehmende Licht begleite die Handlung bis zur Schlüsselszene in der tiefschwarzen Wolfsschlucht, wo der Amtsschreiber Max einen Pakt mit dem Teufel schließt in der Hoffnung, die Geliebte Agathe zu gewinnen. Um die Menschen frösteln zu machen, setzt Stölzl auch auf Ton und Geräusche. „Das unfassbar gute Soundsystem der Seebühne macht vieles möglich.“

    Richtfest bei den Bregenzer Festspielen: Intendantin Elisabeth Sobotka sowie Regisseur und Bühnenbildner Philipp Stölzl sind einen großen Schritt weitergekommen.
    Richtfest bei den Bregenzer Festspielen: Intendantin Elisabeth Sobotka sowie Regisseur und Bühnenbildner Philipp Stölzl sind einen großen Schritt weitergekommen. Foto: Matthias Becker

    158 Pfähle aus Fichtenholz haben Spezialfirmen bis zu sechs Meter tief in den Grund des Bodensees gerammt, damit Stölzl darauf seine in Hunderten von Skizzen entworfene „Freischütz“-Welt errichten kann. Noch fehlen Eisflächen und einige Hütten; die Dimension des aus Stahl, Holz, Styropor und Spachtelmasse gebauten Grusel-Dorfs aber ist schon zu erkennen. Erstmals reicht das Bühnenbild bis an die erste Zuschauerreihe heran – in Form eines 1400 Quadratmeter großen Beckens, in dem der teils gefrorene Sumpf entsteht.

    500.000 Liter Seewasser werden in die künstliche Lagune gepumpt

    Philipp Stölzl verfolgt mit dieser Konstruktion ein ehrgeiziges Ziel: Indem er die Wasserfläche, die bisher Bühne und Tribüne trennte, überbaut und die künstliche Lagune mit 500.000 Litern Seewasser flutet, will er für Opernbesucher „den Bodensee und die Weite intensiver erfahrbar machen“. Die Kunstschaffenden wiederum sind froh, sich nicht mehr mit dem Problem des im Lauf des Sommers sinkenden See-Pegels rumschlagen zu müssen. „Wir haben das Wasser beherrschbar in die Seebühne geholt“, sagt Stölzl.

    Auch sonst ändern sich die Voraussetzungen mit diesem Sommer in vielerlei Hinsicht. Die Festspiele nutzten die vergangenen Monate nicht nur, um eine Kulisse zu realisieren, sie bauten zugleich die ganze Bühneninsel neu – der alte Betonkern hatte nach 45 Jahren ausgedient. Dafür legten sie vorübergehend eine Baustraße für schwere Maschinen in den See.

    Eine gespenstische Winterlandschaft hat sich Regisseur und Bühnenbildner Philipp Stölzl für die Oper "Der Freischütz" von Carl Maria von Weber auf der Seebühne in Bregenz einfallen lassen.
    Eine gespenstische Winterlandschaft hat sich Regisseur und Bühnenbildner Philipp Stölzl für die Oper "Der Freischütz" von Carl Maria von Weber auf der Seebühne in Bregenz einfallen lassen. Foto: Matthias Becker

    Der neue Baukörper hat eine kleinere Grundfläche als der vorige, ist aber zweistöckig angelegt – und flexibel. Durch den Anbau von Container-Modulen kann sich die Bühneninsel an die Erfordernisse der jeweiligen Opernproduktion anpassen. In die Planung flossen laut Festspielleitung die Impulse vieler Regisseure und Bühnenbildner ein, die bereits an diesem besonderen Ort gearbeitet haben.

    Spektakel, technische Raffinesse und Überraschungen: Das erwarten die Besucherinnen und Besucher des Spiels auf dem See. Was hält Philipp Stölzls schauriger Schauplatz bereit, welche Herausforderungen müssen Solistinnen und Solisten dort meistern? Der Mann, der einen Riesen-Clown lachen und sprechen ließ, kündigt weniger knallige, aber packende Effekte an. Das an den meisten Stellen 25 Zentimeter tiefe Bassin berge Geheimnisse und Abgründe, sagt er. „Menschen werden auftauchen und verschwinden.“ Auch Feuer verheißt der Regisseur den Festspielgästen. „In diesem grauenerregenden Sumpf warten schreckliche Dinge auf euch.“

    Premiere ist am 17. Juli 2024. Karten gibt es unter Telefon 0043/5574/4076, online auf bregenzer-festspiele.com.

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