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Pflege im Allgäu: Pflegekräfte und Lehrpersonal fehlen

Personalmangel in der Allgäuer Pflege

Pflegekräfte und Lehrpersonal fehlen: „Der Mangel ist hausgemacht“

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    In der Pflegefachschule für Krankenpflege in Kaufbeuren wechselt Schülerin Chiara Weighardt einer Puppe den Verband. Paul Wittwer und Cintia Weiszgäber (von links) helfen dabei. Lehrerin Brigitte Germiller sieht aufmerksam zu.
    In der Pflegefachschule für Krankenpflege in Kaufbeuren wechselt Schülerin Chiara Weighardt einer Puppe den Verband. Paul Wittwer und Cintia Weiszgäber (von links) helfen dabei. Lehrerin Brigitte Germiller sieht aufmerksam zu. Foto: Mathias Wild

    Bei Lydia Vogler vergeht kein Tag, an dem ihr nicht drei oder vier Bewerbungen ins digitale Postfach flattern: „Es ist Wahnsinn, wie viele Leute sich bei uns melden“, sagt die Leiterin der internationalen Kolping-Pflegeschule in Kempten. Menschen aus der ganzen Welt können dort die dreijährige Ausbildung zur Pflegefachkraft antreten. Sie kommen beispielsweise aus Kamerun, Togo und Vietnam.

    Die erste Pflegeklasse hat nun ihren Abschluss an der internationalen Kolping-Pflegeschule gemacht

    Nun hat die erste Schulklasse mit 16 Schülerinnen und Schülern ihren Abschluss gemacht, alle haben bestanden. „Und die Absolventen planen weiterhin in Deutschland und im Allgäu zu arbeiten“, sagt die Leiterin. An Angeboten mangelt es nicht: Etwa 100.000 Pflegekräfte fehlen derzeit in Deutschland, schätzt der deutsche Pflegerat. Tendenz steigend.

    Für die kommende Klasse bei Kolping, die im September startet, hat sich die maximale Anzahl von 32 Schülerinnen und Schülern angemeldet. „Es werden aber wahrscheinlich nicht alle anfangen können“, sagt Vogler. Denn nicht jeder werde in seinem Heimatland rechtzeitig zum Schulstart einen Termin bei der Deutschen Botschaft bekommen.

    Der bürokratische Aufwand für Schülerinnen und Schüler aus dem Ausland ist riesig

    Hier zeige sich eines der Hauptprobleme: „Der bürokratische Aufwand für unsere Bewerberinnen und Bewerber ist gewaltig.“ Im Schnitt dauere es etwa sechs Monate, bis das Prüfungsverfahren bei einem möglichen Schüler beendet sei. Laut Vogler werden „Unmengen an Unterlagen“ benötigt, die dann ans Ausländeramt, zur Arbeitsagentur und zur Botschaft gingen. Oftmals komme von den zuständigen Behörden erst Monate später eine Antwort.

    Vogler hat bereits eine Warteliste, die über 50 Personen umfasst: „Wir könnten drei weitere Klassen eröffnen mit den Anfragen, die wir bekommen, aber es fehlt uns an Lehrkräften, also den Pflegepädagogen“, bedauert die Schulleiterin. Allein deswegen ist es der Schule nicht möglich, eine weitere Klasse zu bilden. „Es bräuchte viel mehr Studienangebote für Pflegepädagogik“, sagt Vogler. Diese Qualifikation werde benötigt, um Pflege-Schüler unterrichten zu können.

    Einrichtungsbezogene Impfpflicht und Arbeitsbedingungen schrecken interessierte Personen ab

    „Wir hatten Glück mit den Lehrkräften“, sagt dagegen Stefanie Kohler, Leiterin der Berufsfachschule für Krankenpflege in Kaufbeuren. Zu Beginn des Schuljahres hätten noch Mitarbeitende gefehlt, nun sei der Bedarf gedeckt. „Der Lehrermangel ist hausgemacht“, sagt Kohler. Pflegepädagogen müssten jetzt einen Master-Abschluss machen. Einige Lehrkräfte hätten aber nur den Bachelor. Zudem werden laut Kohler manche Lehrkräfte nicht dem Masterabschluss entsprechend entlohnt: „Daher gehen diese qualifizierten Leute eher zu Pharma-Unternehmen oder privaten Trägern.“

    Doch es fehlen nicht nur Lehrkräfte, sondern auch der Pflege-Nachwuchs. „Wir haben in der Berufsfachschule für Krankenpflege 52 Plätze pro Jahrgang“, sagt Stefanie Kohler. Vor Corona sei die Schule voll ausgelastet gewesen, im kommenden Jahr seien aber nur 40 Plätze belegt.

    Das liegt laut Kohler wahrscheinlich zum einen an den Arbeitsbedingungen in der Pflege und zum anderen an der einrichtungsbezogenen Impfpflicht. „Wir haben deswegen auch schon Schüler verloren“, sagt sie. Die Kemptener Hochschule hofft ebenfalls auf Pflege-Nachwuchs. In acht Semestern kann man hier Pflege studieren, doch das kommt nur langsam in Gang.

    Der Studiengang Pflege an der Hochschule Kempten nimmt nur langsam Fahrt auf

    Derzeit sind drei Personen eingeschrieben. Laut der Hochschule ist die Zahl der Bewerberinnen und Bewerber aber gestiegen. Sieben Studierende haben sich für das kommende Semester angemeldet. Die Bewerbungsfrist wurde bis zum 31. August verlängert.

    „Ein Problem mit Dozenten haben wir aber nicht“, sagt die Kemptener Studiengangs-Koordinatorion Barbara Terborg. Außerdem habe auch die Politik erkannt, wie wichtig Nachwuchs in der Pflege sei. „Im April hat der bayerische Gesundheitsminister Klaus Holetschek ein Stipendium für Pflegestudierende angekündigt“, sagt Terborg. 600 Euro soll es betragen – genauere Details gebe es aber noch nicht.

    Lesen Sie auch: Pflegenotstand im Altenheim Bürgerstift Memmingen - Pflegefachkräfte fehlen

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