Ja, es kostet Überwindung. Fröstelnd steht Nele Barber vor dem 16 Meter langen und acht Meter breiten Schnee-Spielfeld. Der eigens aufgeschüttete Centre Court im Kurpark der bayerischen Marktgemeinde Oberstaufen erinnert sie an ein eiskaltes Schwimmbecken. „Sich da hinzuschmeißen, ist schon echt eine Überwindung“, sagt die frühere Bundesligaspielerin und reibt sich die kalten Hände. Die 28-Jährige hat sich bei ihrer ersten Teilnahme an einer deutschen Meisterschaft im Snow-Volleyball dick eingepackt. Beim Einspielen trägt sie Thermoklamotten, Mütze, Schal, Handschuhe, dicke Socken und Fußballschuhe.

Dennoch befallen sie kurzzeitig Zweifel am Sinn des Treibens. „Ich mag keinen Schnee! Ich bin ein Sommerkind!“ Doch all das ist vergessen, wenn der Schiedsrichter das Spiel anpfeift. Dann dreht sich alles nur noch um den gelb-blauen Ball. Mit einem Schlag sind Minusgrade und der ungewohnte Untergrund vergessen. Ähnlich wie Nele Barber erging es allen Spielern und Spielerinnen.
Snow-Volleyball-Meisterschaft findet zum zweiten Mal in Oberstaufen statt
Bei den vierten nationalen Titelkämpfen im Snow-Volleyball bewiesen sie zwei Tage lang ihr Gespür für Schnee. Und das obwohl keines der Teams zu je drei Spielern und einem Auswechselspieler eigens auf der weißen Pracht trainiert hatte. „Das Geile am Volleyball ist, dass man es überall spielen kann.
Egal ob Halle, Sand, Rasen oder eben Schnee“, sagte der Allgäuer Lokalmatador Florian Schweikart. Morgens holten sich die Spielerinnen und Spieler bei ihren „Hechtsprüngen on Ice“ noch den einen oder anderen blauen Fleck, später machte ihnen der sulzige Schnee bei jedem Schritt zu schaffen. „Es war brutal anstrengend“, sagte die Sonthoferin Eva Schilf, die sich mit ihren Kolleginnen Michaela Henry, Laura Mählmann und Bianca Peter bis ins Finale kämpfte.

Dort kam es zum packenden „Snowdown“, in dem sich Nele Barber, Melanie Gernert, Jennifer Gernert-Scharmacher und Lydia Scherber knapp mit 2:0 (18:16, 16:14) durchsetzten. Ohne Satzverlust holten sie sich den Titel. „Die Zuschauer sind die 5. Frau für uns, wenn sie bei den Ballwechseln mit gehen, pusht uns das extrem“, lobte Melanie Gernert die Atmosphäre.
Spannende Duelle beim Volleyball auf Schnee in Oberstaufen
Bei den Männern hatten die Turnierfavoriten im Finale leichtes Spiel: Paul Becker, Jonas Reinhardt sowie die Brüder Peter und Georg Wolf hämmerten mit einem 2:0-Sieg (15:19, 15:10) ein Ausrufezeichen in den Schnee. Für Becker war es bereits der dritte Snow-Titel. „Die drei Jungs haben an Tag eins top vorgelegt. Ich musste dann nur noch im Halbfinale und Finale liefern“, sagte der 30-Jährige. Ihre Finalgegner Lukas Kopfer, Tim Kreuzer sowie Flo und Lucas Wenz erkannten ihre Überlegenheit neidlos an: „Die besten haben gewonnen. Das zeigt, dass das ein absoluter fairer Sport ist“, sagte Lucas Wenz.
Gratis-Unterkünfte für die Teilnehmer in Oberstaufen
Mehrfach gelobt wurde die Organisation von Gaston Höpfl mit seiner Feedback-Agentur in Zusammenarbeit mit dem TV Kempten. Dank der Hilfe der Oberstaufener Hotellerie und Gastronomie bekamen allen Teilnehmern Gratis-Unterkünfte vermittelte. Für den Aufbau des Courts wurden mehrere Lkw-Ladungen Schnee aus einem Depot angekarrt. Höpfl sieht es als Investition in die Zukunft. Seine Vision: Was Timmendorfer Strand fürs Beach-Volleyball ist, könnte Oberstaufen eines Tages für Snow-Volleyball werden.

Rückendeckung signalisierten Bürgermeister Martin Beckel und Tourismusdirektorin Constanze Höfinghoff: „Snow-Volleyball passt zu uns. Es ist sympathisch und macht gute Laune.“ Auch der Präsident des Bayerischen Volleyball–Verbandes Klaus Drauschke (Landshut) ließ sich davon anstecken: „Einfach stark, was hier geleistet wurde. Wir glauben es macht Sinn, das als eigene Sportart anzuvisieren. Langfristig könnte sich eine eigene Sparte neben Beach und Halle entwickeln.“ Die Spieler sind bereits heiß für die nächste Auflage im kommenden Jahr – und arbeiten bereits an neuen Finessen. „Das nächste Mal werde ich Neoprensocken anziehen“, kündigt Tim Kreuzer an. „Mir sind hier fast die Zehen abgefroren.“