Am Sonntag (18 Uhr) kommentiert der in Balderschwang aufgewachsene Bernd Schmelzer für die ARD das Finale der Fußball-Europameisterschaft zwischen England und Deutschland. Vor dem Spiel im Londoner Wembley-Stadion sprachen wir mit dem 57-Jährigen. Wie Sie das Spiel live im TV und im Stream sehen können, erfahren Sie hier.
Seit wann berichten Sie schon über Frauen-Fußball?
Bernd Schmelzer: Relativ genau 25 Jahre, ich habe also Jubiläum – 1997 angefangen, am Sonntag ist es mein viertes Endspiel bei WM oder EM seit 2011, inklusive EM-Titel 2013.
Gab es dabei besonders nachhaltige Erlebnisse?
Schmelzer: Wir haben mal ein Qualifikationsspiel aus Haverfordwest in Wales übertragen, da standen zwei Pferden an der Seite. Ich habe sie Marianne und Michael genannt, einfach aus Spaß. Der Kommentatorenplatz war oberhalb der Trainerbank auf einem Gerüst. Als ich zwischendurch etwas lauter kommentiert habe, hat sich Bundestrainerin Silvia Neid umgedreht, nach oben geschaut und gesagt: Bernd, bitte etwas leiser, das stört ein wenig …
Haben sich während der langen Zeit persönliche Freundschaften entwickelt?
Schmelzer: Ich hatte immer zu allen Beteiligten ein sehr angenehmes Verhältnis. Mit der ehemaligen Bundestrainerin Tina Theune stehe ich immer noch in SMS-Kontakt, schreiben uns nach Spielen.
Wie beurteilen Sie mit ihrer Erfahrung die Entwicklung im Frauenfußball?
Schmelzer: Man hat eigentlich nach jeder Großveranstaltung, gerade nach der Heim-WM 2011, auf den großen Schub gehofft. Auch nach EM-Titeln oder dem Olympia-Sieg 2016. Aber er ist leider immer irgendwie ausgeblieben. Vielleicht klappt es dieses Mal. Die Entwicklung geht in die richtige Richtung. In Spanien und England spielen die Frauen vor großen Kulissen, inzwischen werden ja auch alle Spiele der Champions League übertragen. Dennoch müssten die Zuschauerzahlen in der Bundesliga noch deutlich zulegen.
Wie haben Sie die EM bisher erlebt, generell und auch aus deutscher Sicht?
Schmelzer: Die Stimmung ist sehr unterschiedlich, insgesamt aber extrem positiv. Die Spiele finden vor vielen Zuschauern statt, es werden sämtliche EM-Besucherrekorde gebrochen. Und jetzt Wembley mit 90.000 Fans. In den Städten allerdings ist wenig zu sehen, keine Flaggen oder Ähnliches. Aus deutscher Sicht ist das natürlich ein sehr spezielles Turnier. Niemand hat mit dem Finaleinzug gerechnet. Das macht das alles noch besonderer.

Bereiten Sie sich auf ein solch großes Spiel speziell vor?
Schmelzer: Gerade vor diesem Finale in Wembley, Deutschland – England, da wirst du mit Informationen überschüttet. Alle Geschichten werden rausgekramt. Klassiker, 1966 – das große Duell, das Stadion und vieles mehr. Hier muss ich genau filtern, was für die 90 Minuten wirklich wichtig ist. Das wird am Ende die Kunst sein. Ansonsten bereite ich mich genauso vor, wie immer in den letzten 25 Jahren.
Haben Sie schon mal aus Wembley kommentiert?
Schmelzer: Nein, das ist in der Tat das erste Mal. Ich war ein paar Mal im Stadion, auch 1996, als Deutschland gegen England das Halbfinale im Elfmeterschießen gewonnen hat. Damals war ich Assistent von Gerd Rubenbauer. Das wäre natürlich ein Wahnsinn, wenn sich der Kreis hier wieder schließen würde.
Jetzt sind Sie selbst Reporter. Den deutschen Halbfinalsieg gegen Frankreich im ZDF sahen zwölf Millionen Menschen. Sorgt das für zusätzlichen Druck?
Jetzt sind Sie selbst Reporter. Den deutschen Halbfinalsieg gegen Frankreich im ZDF sahen zwölf Millionen Menschen. Sorgt das für zusätzlichen Druck?
Schmelzer: 2011 beim Eröffnungsspiel der WM in Deutschland waren es über 13 Millionen, so ganz neu ist das also nicht. Der Slalom mit Maria Höfl-Riesch bei Olympia 2010 in Whistler hatte im zweiten Lauf auch fast elf Millionen Zuschauer. Ich kann die ja auch nicht anders behandeln, als wären es nur 10.000. Das ist immer gleich. Darüber nachdenken bei der Übertragung, ist der falsche Ansatz.
Wie gehen Sie mit Kritik um?
Schmelzer: Allgemein ist die Tendenz zum Nörgeln viel größer geworden, gerade über die sozialen Medien aus der Anonymität heraus. Beim Halbfinale Schweden – England haben sich Menschen beschwert, dass ich immer das Geburtsland Kosovo bei der Schwedin Asllani nennen würde. Dabei haben sie nur nicht richtig zugehört. Kosovare ist Asllanis Vorname. Sie heißt einfach so. Aber so ist das halt inzwischen: erst schimpfen, dann denken.
Wie lautet Ihr Final-Tipp?
Schmelzer: Ich hoffe auf ein spannendes Spiel, keine frühe Entscheidung, am liebsten ein Elfmeterschießen, da gibt es nämlich tolle Geschichten …
Nationalspielerin Melanie Leupolz aus Wangen ist schwanger. Wird sie wieder zurückkommen?
Schmelzer: Von ihr habe ich gehört, dass sie in engem Kontakt zur Mannschaft steht, wohl auch zum Finale kommen will. Ich hoffe sehr, dass sie es schafft, ihre Rolle auf dem Platz wieder einzunehmen.
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