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Teamarzt Florian Porzig spricht über Belastungen beim Skifliegen

Skiflug-Weltcup in Oberstdorf

"Sorge fliegt nicht mit": So arbeitet DSV-Teamarzt Florian Porzig beim Skifliegen

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    Florian Porzig (46) ist seit Sommer 2021 leitender Mannschaftsarzt der deutschen Skispringer.
    Florian Porzig (46) ist seit Sommer 2021 leitender Mannschaftsarzt der deutschen Skispringer. Foto: Porzig

    Flugzeit: vier Sekunden gegen sieben Sekunden. Anfahrtstempo: 90 km/h gegen 105 km/h. Weite: 135 Meter gegen 230 Meter. Die Dimensionen auf der Heini-Klopfer-Schanze in Oberstdorf übersteigen die der Schattenbergschanze deutlich – und mit ihnen die Belastung auf den Körper der Athleten. Der Fischinger Sportmediziner Florian Porzig ist seit Sommer 2021 leitender Mannschaftsarzt der deutschen Skispringer und betreute die DSV-Adler auch bei den Olympischen Winterspielen in Peking. Vor den Skiflug-Weltcups in Oberstdorf sprachen wir mit dem 46-Jährigen über die medizinischen Aspekte des Skifliegens.

    Herr Porzig, wie unterscheidet sich Ihre Arbeit als Teammediziner bei regulären Skisprung-Weltcups von der beim Skifliegen?

    Florian Porzig: Im Grunde gar nicht. Es ist höchstens so, dass die Achtsamkeit bei allen Beteiligten noch etwas größer ist, wenn man beispielsweise den Sturz von Tande im Blick hat, weil das Fliegen nicht alltäglich ist. So haben alle etwas mehr Respekt, aber das ist ja nicht unbedingt schlecht.

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    Gibt es grundsätzliche Unterschiede für Sie als Arzt in der Vorbereitung der Springer auf das Fliegen?

    Porzig: Nein, die Vorbereitung ist gleich. Nur die Grundanspannung ist bei den Athleten und auch bei mir persönlich etwas größer.

    Skifliegen in Oberstdorf - 32. Skiflug Weltcup - Heini-Klopfer-Schanze - SJ - Schanze - die Zuschauer sind zurück -  Schanze und Fahne von Oberstdorf - Karl Geiger in der Bahn
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    Wie äußert sich das in der mentalen Vorbereitung auf das Fliegen?

    Porzig: Einige Athleten sprechen mit uns über die Anspannung und machen deutlich, dass sie großen Respekt haben. Dazu kommt, dass man das Skifliegen nie trainiert, sondern einfach nur fliegt, wenn Weltcups sind. Das macht die Herausforderung spezieller.

    Wie gehen die Athleten damit um?

    Porzig: Jeder verarbeitet Stress unterschiedlich. Manche werden stiller und versuchen, die Schanze ruhig zu analysieren, andere werden in Extremsituationen extrovertierter. Da schlägt das Barometer etwas aus, aber all unsere Athleten sind Profis genug. Respekt vor dem Fliegen heißt nicht gleich, dass immer auch die Sorge mitfliegt.

    DSV-Teamarzt Florian Porzig: Muskuläre Stabilität der Skiflieger ist wichtig

    Welche Kräfte wirken im Flug noch stärker auf den Körper der Athleten ein als beim Sprung?

    Porzig: Das beginnt schon generell bei den höheren Geschwindigkeiten; sowohl im Absprung als auch während des Fluges und bei der Landung bei 120 km/h. Da sind die wirkenden Kräfte auf den Körper in jedem Abschnitt beträchtlich größer, das ist maximale Belastung für den Athleten. Zudem haben die Schanzen einen höheren Radiusdruck – vor allem in der Anfahrt. Deswegen ist die muskuläre Stabilität noch wichtiger als beim Springen.

    Fachleute sind sich einig, dass sich Fehler von Sprungschanzen auf den Flugschanzen potenzieren. Wie verhält sich das mit körperlichen Defiziten oder Blessuren?

    Porzig: Auch das ist relativ. In Vikersund, der größten Schanze der Welt, ist der Auslauf recht flach, da sind die Kräfte gar nicht allzu hoch. In Oberstdorf sieht es schon anders aus, weil es da ein wenig steiler ist. Bei chronischen Beschwerden ist es natürlich so, dass extreme Verhältnisse auch größere Auswirkungen haben. Das liegt aber nicht per se am Fliegen, sondern auch an der Anlage.

    Was gilt für Sie als Mediziner: Herrscht bei Athleten, die aus einer Verletzung kommen, noch größere Vorsicht beim Fliegen?

    Porzig: Wir haben hier eine klare Maxime beim deutschen Team: Ein Athlet, der einen Riss des vorderen Kreuzbandes erlitten hat, springt nicht, bevor zwölf Monate vergangen sind. Und wenn jemand freigegeben ist, muss der so fit sein, dass er auf jeder Schanze springen kann. Und dann sind die Athleten auch vom Kopf her so frei, dass sie jede Anlage springen können.

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