„Polizist zu sein, ist für mich nach wie vor ein Traumberuf", sagt Albert Müller Das gelte für ihn auch nach 41 Jahren und einem Monat noch – so lange ist der 61-Jährige jetzt im Polizeidienst.
Nachts im Bett, auf einer Familienfeier oder als Veranstaltungsbesucher auf der Freilichtbühne: Müller kann sich bei allen „großen Fällen“ noch genau erinnern, wo und wann er alarmiert wurde. Die „großen Fälle“: Das sind etwa 20 Tötungsdelikte, die ihm nach eigenen Worten „besonders unter die Haut gingen“.
Der Todespfleger von Sonthofen
Albert Müller
hat den Polizeiberuf in vielen Facetten kennengelernt. Unter anderem war er tätig:
- In Kempten als Dienstgruppenleiter
- In Sonthofen als Leiter der Polizeiinspektion.
- Chef der Grenzpolizeiinspektion Pfronten und später der Schleierfahndung im gesamten Allgäu.
- Leiter der Kriminalpolizeiinspektion Kempten
- Organisation des Polizeieinsatzes beim G7-Treffen auf Schloss Elmau im Frühsommer 2015.
- Seit Juli 2015 Leitender Kriminaldirektor und Grenzkoordinator.
Was war der spektakulärste Fall, mit dem er befasst war? Müller braucht nicht lange zu überlegen. „Der Todespfleger, das war im Sommer 2004.“ Krankenpfleger Stefan L. hatte im Sonthofener Krankenhaus 29 Menschen einen tödlichen Medikamenten-Mix verabreicht. Es kam zu langwierigen Ermittlungen und Exhumierungen, die vor allem für die Angehörigen sehr belastend waren. „Der Druck von allen Seiten war groß“, erinnert sich Müller: Auch von den Rechtsanwälten und den Medien.
Wegen Mordes in 29 Fällen verurteilte die Große Strafkammer des Kemptener Landgerichts den „Todesengel von Sonthofen“ am 6. November nach einem langwierigen Strafprozess zu lebenslanger Haft. Zudem stellte die Kammer bei dem damals 28-Jährigen eine besondere Schwere der Schuld fest. Er erhielt ein lebenslängliches Berufsverbot.
Ebenfalls schlagzeilenträchtig war der Mord an einer damals 39 Jahre alten Frau aus Kempten. Noch bevor die Leiche der seit Mitte September 2007 Vermissten gefunden worden war, wurde ein Tatverdächtiger festgenommen. Dieser damals 28 Jahre alte Marokkaner soll ein Verhältnis zu der Frau gehabt haben. Monatelang beschäftigte dieser Fall eine Sonderkommission der Kemptener Kripo. Anfang Dezember 2007 wurde die Leiche der Frau schließlich gefunden, ihr Mörder erhielt später eine lebenslange Haftstrafe.
2008 wurde die „Sonderkommission Moosanger“ ins Leben gerufen, nachdem bei Füssen eine Frauenleiche gefunden worden war. Kopf, Beine und Arme waren abgetrennt. „Wir wussten nichts über die Identität der Frau“, erinnert sich Müller. Die Ermittlungen ergaben, dass es sich bei der Toten um eine 23 Jahre alte Frau handelte.
Bald geriet deren Freund in Verdacht. Der 27-Jährige gestand in den Vernehmungen sehr bald die Tat. Er gab an, seine Freundin nach einem Streit erwürgt zu haben. Die aus Thailand stammende Frau hatte ihm eröffnet, sich von ihm trennen zu wollen. Der aus Brandenburg stammender Ex-Zeitsoldat hatte die Leiche in der Badewanne der gemeinsamen Wohnung in Füssen zerstückelt. Solche Fälle könnten nur gemeinsam gelöst werden, sagt Müller über die Arbeit der Ermittler. „Ohne gutes Team geht nichts.“ Deshalb sei ein Ermittlungserfolg dann auch so etwas wie ein Mannschaftssieg.
Die größte berufliche Enttäuschung erlebte Müller nach eigenen Worten im Februar 2014. Damals wurden beim Chef der Allgäuer Drogenfahndung 1,8 Kilogramm Kokain gefunden. Der Polizist, der bis dahin als vorbildlicher Beamter galt, hatte zuvor im gemeinsam Haus seine Frau massiv attackiert und vergewaltigt. „Ich war über ihn menschlich zutiefst enttäuscht“, sagt Müller. Er war damals sein Vorgesetzter. Der frühere Chef der Drogenfahndung habe mit seiner Tat „dem Image der Polizei einen ganz großen Schaden zugefügt“.
In der Freizeit Schiedsrichter
Seine Freizeit verbringt der Leitende Kriminaldirektor häufig auf dem Fußballplatz. Dort wacht er darüber, dass die Mannschaften fair miteinander umgehen: Müller pfeift seit 43 Jahren Kreisliga-Spiele und war von 1990 bis 1998 Chef der Schiedsrichtergruppe Oberallgäu. Ausdauersport hat er ebenfalls lange betrieben. Marathons ist er gelaufen, „Fahrrad und E-Bike stehen bereit“, sagt der angehende Ruheständler. Das E-Bike benutze er nur für den Hundeanhänger, schränkt er ein.
Angst, dass es ihm im Ruhestand langweilig werden könnte, hat er nicht. Erst in den vergangenen Jahren habe er zusammen mit seiner Frau das Rucksackreisen wieder neu entdeckt, erzählt der 61-Jährige. Beispielsweise seien sie im Iran gewesen, vielleicht geht die nächste Reise nach Usbekistan.