Die sechseinhalb Kilometer lange Ortsumfahrung von Adelsried im Landkreis Augsburg war schon in ihrer langen Entstehungszeit ein Aufreger. Sie trieb Anwohner auf die Barrikaden und zum Schluss kamen noch die Fledermäuse, für die ein eigener Schutzzaun gebaut werden musste – sowie etliche Umplanungen. Am Ende kostete das Stück Straße knapp 26 Millionen Euro und sorgt knapp fünf Jahre später noch einmal für Aufsehen. Bayerns Oberster Rechnungshof (ORH) benennt es dank einer Steigerung von 217 Prozent als eines von mehreren Extrembeispielen für ausufernde Kosten im staatlichen Straßenbau.
Denn dort wird es, so kritisieren die Rechnungsprüfer, für den Steuerzahler in unschöner Regelmäßigkeit teurer als geplant. Der Ausbauplan für Staatsstraßen 2011 bis 2020 umfasste 253 Vorhaben der sogenannten ersten Dringlichkeit mit durchschnittlichen Gesamtkosten von 1,9 Millionen Euro je Kilometer. Tatsächlich lagen die Gesamtkosten der bis Ende 2020 fertiggestellten 153 Straßen bei durchschnittlich 2,9 Millionen Euro für den Kilometer, bei den weiteren geplanten Projekten waren es schon vier Millionen Euro, also mehr als eine Verdoppelung des Ausgangswertes.
So kritisiert der Rechnungshof die Regierung Söder
Jedes Jahr veröffentlicht der ORH seinen Bericht. Dieser könne wertvolle Anhaltspunkte liefern, wie Staatsregierung und Verwaltung kostengünstiger arbeiten könnten, sagt ORH-Präsidentin Heidrun Piwernetz. Dazu gehören ihr zufolge weniger Vorschriften und Bürokratie. Aktuelles Beispiel aus dem Bericht: Um das Wohl und Wehe der Streuobstbäume, das dem Freistaat bis 2035 670 Millionen Euro wert ist, kümmern sich gleich zwei Ministerien mit vier Förderprogrammen. Das ginge einfacher, mahnt der Rechnungshof, der auch bei kleineren Ausgabeposten großes Einsparpotenzial sieht.
Seit Ende 2020 finanziert Bayern paritätisch mit dem Bund ein Förderprogramm für Kinderwunschbehandlungen. Bis Anfang 2023 wurden hierfür 6,4 Millionen Euro ausgegeben, die Hälfte davon bayerische Mittel. Diese gingen allerdings zu 60 Prozent für ein aufwendiges und detailliertes Förder- und Prüfverfahren drauf. Ähnliches Beispiel: Das Gesundheitsministerium fördert die Kommunen beim Betrieb von Pflegestützpunkten mit 600.000 Euro. Die Personalkosten dafür: 300.000 Euro.
Für die Opposition im Landtag ist das ein gefundenes Fressen: „Markus Söder und seine Staatsregierung sind ganz groß im Ankündigen, aber wenn es ans Machen geht, stolpern sie über die eigene Bürokratie“, sagt Claudia Köhler, Sprecherin für Haushalt der Landtags-Grünen. Ihr Vorwurf: Das Geld werde nicht zügig in die richtigen Kanäle gelenkt. Das zeige sich an den gewaltigen Ausgaberesten, im Staatshaushalt, also den unerledigten Aufgaben. Aktuell sind das 10,7 Milliarden Euro, die in den Vorjahren veranschlagt, aber nicht ausgegeben wurden. Mehr als sechs Milliarden Euro davon sind laut Köhler für Investitionen vorgesehen. Der Freistaat müsse dringend effizienter werden. Ähnlich klingt Volkmar Halbleib (SPD): „Statt immer nur über den Bürokratieabbau zu reden, muss die Staatsregierung hier endlich ihre Hausaufgaben machen.“
Landtag verabschiedet am Mittwoch den Nachtragshaushalt
Finanzminister Albert Füracker (CSU) hält dagegen: „In Bayern haushalten wir solide und vorausschauend.“ Daran werde sich auch nichts ändern. Füracker: „Der ORH ist uns in diesem Zusammenhang ein wichtiger Ratgeber.“ Die Debatte über den richtigen Umgang mit Steuergeld dürfte sich am Mittwoch fortsetzen, wenn der Landtag über den Nachtragshaushalt für das laufende Jahr beschließt.
Fürackers Entwurf sieht Gesamtausgaben von fast 77 Milliarden Euro vor, gut 40 Prozent davon sind Personalkosten. Die Investitionen sollen auf 11,6 Milliarden Euro steigen, neue Schulden sind nicht vorgesehen. Dementsprechend gering ist auch der Schuldendienst. Zinsen machen nur ein Prozent der bayerischen Gesamtausgaben aus. Stolz ist Füracker darauf, dass rund 15 Prozent der Ausgaben für Investitionen vorgesehen sind. „Das ist eine Spitzen-Investitionsquote.“ Angesichts der schlechten wirtschaftlichen Prognosen müsse der Freistaat aber auch sparen. „Wir müssen daher noch stärker als in der Vergangenheit Ausgaben priorisieren und gegebenenfalls Zeitachsen bei Maßnahmen neu definieren“, sagt Füracker. „Jedes Ressort leistet dazu eigenverantwortlich seinen Einspar-Beitrag.“
Ärger zwischen CSU und Freien Wählern wegen Wohnbauförderung
Das birgt das Potenzial für Ärger in der Regierungskoalition. So beschweren sich die Freien Wähler über das von dem CSU-Minister Christian Bernreiter geführte Bau-Ressort. Dieses gefährde durch einen Bewilligungsstopp bei der Wohnraumförderung bereits begonnene Vorhaben. Bernreiter müsse schleunigst für Klarheit sorgen, so FW-Mann Martin Behringer: „Es ist keine Lösung, wie ein Kaninchen vor der Schlange zu stehen.“
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