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Wie die CSU in Bayern zum Erfolg der AfD beiträgt

Analyse

„Die AfD instrumentalisiert diesen Kulturkampf“: Wie die CSU in Bayern zum Erfolg der Rechten beiträgt

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    Tino Chrupalla (Mitte), Vorsitzender der AfD-Bundestagsfraktion, steht beim politischen Frühschoppen auf dem Volksfest Gillamoos im Schlossgarten auf der Bühne der AfD.
    Tino Chrupalla (Mitte), Vorsitzender der AfD-Bundestagsfraktion, steht beim politischen Frühschoppen auf dem Volksfest Gillamoos im Schlossgarten auf der Bühne der AfD. Foto: Daniel Löb, dpa

    Der Weg zur AfD ist kurz. Vom Gelände des Gillamoos-Volksfestes im niederbayerischen Abensberg, wo CSU, Freie Wähler, Grüne, SPD und FDP beim politischen Frühschoppen verbal ordentlich aufeinander eindreschen, läuft man zu Fuß gerade einmal fünf Minuten bis zum Schlossgarten. Dort auf der Wiese haben sich mehrere hundert AfD-Anhänger versammelt, viele haben eine Deutschlandfahne dabei, es läuft laute Musik, die Stimmung ist gut. Wie könnte sie es auch nicht sein, angesichts der aktuellen Umfrageergebnisse? Die AfD ist erfolgreich wie nie, und die anderen Parteien, das wird immer deutlicher, können dagegen nichts ausrichten.

    Das weiß auch Tino Chrupalla, der Bundesvorsitzende der Rechtsaußenpartei, der an diesem sonnigen Vormittag auf der Bühne im Schlossgarten steht, unbeeindruckt von den Demonstranten, die sich vor dem Eingang mit Plakaten positioniert haben. „Wir werden dieses Land vom Kopf auf die Füße stellen“, ruft er ins Mikrofon. Es werde eine AfD-Regierung geben, wenn nicht schon nächstes Jahr in Sachsen-Anhalt, dann spätestens 2029 auf Bundesebene, ist Chrupalla überzeugt. Die Menschen applaudieren, Zweifel, dass es so kommen wird, scheint hier kaum jemand zu haben.

    AfD in Bayern liegt in Umfragen seit Monaten bei 20 Prozent oder besser

    Auch in Bayern befindet sich die AfD seit Monaten auf einem Höhenflug. Dem Bayern-Monitor des Meinungsforschungsinstituts Civey zufolge, mit dem unsere Redaktion kontinuierlich das Stimmungsbild im Freistaat untersucht, liegt die Partei aktuell bei einer Zustimmung von 20 Prozent der Wählerinnen und Wähler. Zur Bundestagswahl lag sie noch bei 14 Prozent, kletterte im Juni sogar auf 22 Prozent und liegt seither kontinuierlich über der 20-Prozent-Marke. Stärkste Kraft in Bayern ist mit großem Abstand weiterhin die CSU, die auf 40 Prozent kommt; auch die Grünen mit 13, die Freien Wähler mit zehn und die SPD mit acht Prozent würden den Einzug in den Landtag schaffen. Das Bündnis Sahra Wagenknecht mit zwei und die Linken und die FDP mit je einem Prozent verharren in der Bedeutungslosigkeit.

    Für den signifikanten Aufstieg der AfD in Umfragen macht Politikwissenschaftlerin Sabrina Mayer von der Universität Bamberg mehrere Faktoren verantwortlich. Die schwarz-rote Koalition auf Bundesebene neige dazu, Wählerinnen und Wähler zu enttäuschen, auch in der Vergangenheit als Groko. Andererseits gehe es für Parteien darum, mit gesetzten Themen Aufmerksamkeit zu erregen. Das gelinge besonders mit Schlagwörtern wie dem Verbrennerverbot, Gendern oder veganer Wurst. „Die AfD instrumentalisiert diesen Kulturkampf“, sagt Mayer. Laut der Expertin trage die CSU dazu bei. „Markus Söder bedient ebenfalls viele Themen aus dem Bereich des Kulturkampfs. Davon profitiert immer auch die AfD. Hier wäre es natürlich schöner, wenn die CSU eigene Themen setzen würde.“

    Halemba, Schmid, „Remigration“: So radikal ist die AfD in Bayern

    Mit ihren ganz eigenen Themen hat eigentlich die Bayern-AfD zu tun. Da ist zum einen die Radikalität: Unter den Landesverbänden tritt die bayerische AfD extremer auf als andere. Beispiel Franz Schmid: Der Landtagsabgeordnete und Beisitzer des Landesvorstands wird seit Frühjahr 2024 offiziell vom Verfassungsschutz beobachtet – ein einmaliger Vorgang im Freistaat. Vorgeworfen wird ihm unter anderem, die „Remigration“ von Personen in verfassungsfeindlicher Weise zu fordern, einen ethnischen Volksbegriff gegen die Menschenwürde zu propagieren, seine Mandatsgelder für die Unterstützung extremistischer Gruppierungen zu missbrauchen und die AfD mit extremistischen Ablegern verknüpfen zu wollen.

    Oder das Beispiel Daniel Halemba: Der rechtsextreme AfD-Landtagsabgeordnete nennt den Faschisten Björn Höcke als politisches Vorbild, sympathisiert mit der Identitären Bewegung und ist Mitglied der rechtsextremen Burschenschaft Teutonia Prag. Ihm wurde vorgeworfen, vor der Landtagswahl 2023 nur satzungswidrig an seine AfD-Kandidatur gelangt zu sein. Während Alice Weidel seinen Rauswurf aus der Partei forderte, beließ es der bayerische Landesvorstand bei einer Ämtersperre und setzte sich damit über die Bundes-AfD hinweg. Im Januar 2026 muss sich Halemba vor Gericht verantworten. Er ist wegen vorsätzlicher Geldwäsche, Nötigung, Sachbeschädigung und Volksverhetzung angeklagt.

    Muss sich bald vor Gericht verantworten: Daniel Halemba.
    Muss sich bald vor Gericht verantworten: Daniel Halemba. Foto: Peter Kneffel, dpa

    Zum anderen tobt derzeit ein Machtkampf innerhalb der Bayern-AfD. Ursprünglich hätte die Partei zu einem Landesparteitag ohne Neuwahlen zusammenkommen sollen. Das wollen einige Bezirksverbände aber verhindern. Dabei spielen auch innerparteiliche Machtkämpfe eine Rolle. In der AfD gibt es offenbar die Sorge, dass der Landesvorstand rund um den Vorsitzenden Stephan Protschka die Kommunalwahl im kommenden Jahr nicht gut genug vorbereitet. Schaden all diese Querelen der AfD letztlich an ihrem laut Umfragen bisherigen Höhepunkt in Bayern? Politologin Mayer glaubt das nicht: „Dieses Kleinklein verschwimmt, weil es der AfD dennoch gelingt, viele Menschen anzusprechen.“ Rechtsextremismus-Probleme würden einfach weggewischt.

    Wäre die AfD in Bayern mit rund 20 Prozent ausmobilisiert?

    Ob die AfD in Bayern mit etwa 20 Prozent ausmobilisiert sei, hänge auch davon ab, ob die Partei künftig bürgerlicher auftritt. Zudem dürfe, sagt Mayer, die CSU nicht den ländlichen Raum vernachlässigen, wo das Entfremdungsgefühl der Menschen besonders groß ist. Gerade aber, und das gehöre eben auch zur Wahrheit der Umfragen, „befinden wir uns zwischen Wahlen. Umfragen drücken dann oft kurzfristige Parteipräferenzen aus“, sagt die Politikwissenschaftlerin.

    Sabrina Mayer ist Professorin für Politische Soziologie an der Otto-Friedrich-Universität Bamberg.
    Sabrina Mayer ist Professorin für Politische Soziologie an der Otto-Friedrich-Universität Bamberg. Foto: Benjamin Herges, Uni Bamberg

    Im Schlossgarten in Abensberg neigt sich die AfD-Veranstaltung dem Ende zu. Zuvor hatte die bayerische Landtagsfraktionschefin Katrin Ebner-Steiner einmal mehr keinen Hehl daraus gemacht, wie radikal sie sich eine Asylpolitik im Freistaat vorstellt: „Wir werden abschieben, abschieben, abschieben, bis die Startbahnen in München glühen.“ Aus den Lautsprechern dringen die ersten Töne der deutschen Nationalhymne, die Menschen auf der Wiese stimmen mit ein, schwenken Fahnen. Als das Lied vorbei ist, gehen sie den Kopfsteinpflasterweg hinunter zur Straße, wo noch immer einige Demonstranten stehen, viele sind es nicht, eine gute Handvoll. Von dort ist es nicht weit zurück zum Festgelände mit seinen Karussells und Bierzelten, in denen an diesem Morgen die anderen Parteien ordentlich ausgeteilt haben – gegen die AfD allerdings nicht besonders harsch. Eine Idee, wie man den Rechten beikommen kann, die scheint es im Moment einfach nicht zu geben.

    Katrin Ebner-Steiner, Vorsitzende der AfD-Fraktion im Bayerischen Landtag, steht mit einer Maß beim politischen Frühschoppen auf dem Volksfest Gillamoos.
    Katrin Ebner-Steiner, Vorsitzende der AfD-Fraktion im Bayerischen Landtag, steht mit einer Maß beim politischen Frühschoppen auf dem Volksfest Gillamoos. Foto: Daniel Löb, dpa
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