Ein zweitägiges Ferienprogramm an einer Grundschule in Kellmünz im Landkreis Neu-Ulm ist zum Gegenstand hitziger Diskussionen im Internet geworden. Dabei geht es um ein Programm, das die Gemeinde gemeinsam mit der Bundeswehr und örtlichen Vereinen austrägt. Zu einem Unkostenbeitrag von zwölf Euro übernachten die Kinder mit Soldaten in der Grundschule, spielen, basteln und treiben Sport. Das ist in Kellmünz schon seit Jahren Tradition. Wie aus dem Nichts wird nun in München wie in Berlin über dieses Ferienprogramm der 1600-Seelen-Gemeinde gesprochen. Zum Teil sind die Reaktionen scharf. Auf X (ehemals Twitter), auf Facebook und in Foren verschiedener Medien laufen teils die Kommentarspalten heiß. Doch woher kam plötzlich der Trubel? Und worum geht es bei dem Programm überhaupt?
Bundeswehrprogramm in Kellmünz ist für Linkenpolitiker „Kriegspropaganda“
Ins Rollen brachte die Angelegenheit die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft – kurz GEW – mit Sitz in Frankfurt. Sie veröffentlichte eine kritische Stellungnahme mit dem Aufruf „Keine Kinderfreizeit in Flecktarn!“ In dem Schreiben wird der Sozialpädagoge Oliver Danner zitiert, Mitglied des GEW-Landesvorstands in Bayern: „Ich halte ein Ferienprogramm mit der Bundeswehr nicht für altersgemäß (…). Der Themenkomplex Bundeswehr ist in diesem Alter schwer pädagogisch vermittelbar. Ein unsachgemäßer Umgang kann hier zu Angst oder Verunsicherung führen (…).“ Auf die Stellungnahme hin meldeten sich zahlreiche Politiker zu Wort.
Zum Beispiel der Vizechef der Linkspartei, Ates Gürpinar. Was die bayerische Gemeinde mache, sei „Kriegspropaganda mit Bastelstunde für Sechsjährige“. Auch Holger Grießhammer, SPD-Fraktionsvorsitzender im Bayerischen Landtag, teilte seine Bedenken mit. Zahlreiche Medien griffen den Fall auf.

CSU-Bürgermeister schildert seine Sicht in Facebookvideo
Doch warum kommt die Warnung der Gewerkschaft vor dem Ferienprogramm genau jetzt? Die Kooperation zwischen Kellmünz und der Ulmer Kaserne gibt es seit etwa 30 Jahren. Vereine sind ebenfalls involviert, unter anderem die Evangelische Kirchengemeinde. Soldaten kommen regelmäßig zum Volkstrauertag, helfen bei der Waldweihnacht mit – und richten seit mehr als zehn Jahren das Ferienprogramm aus (in Zusammenarbeit mit Gemeinde und Vereinen).
Ein Anruf bei Bürgermeister Michael Obst von der CSU. „Wir wurden völlig überrollt“, berichtet Obst. „Über viele Jahre war die Resonanz auf das Ferienprogramm durchweg positiv.“ Dass nun aus verschiedenen Ecken Deutschlands negative Reaktionen kämen, könne er sich nicht erklären. Die Gewerkschaft habe mit Kellmünz bislang nichts zu tun gehabt.
Bürgermeister zur Bundeswehrkritik der GEW: „Bei uns hat keiner nachgefragt“
Aus seiner Sicht sei seine Gemeinde Opfer eines Kollateralschadens. „Vielleicht ist unser kleines bescheidenes Ferienprogramm ein Anker für dieses große Thema Trennung zwischen Bundeswehr und Bildung geworden.“ Daher könne er die GEW verstehen. Das Vorgehen empfinde er jedoch als anmaßend, „wenn jemand in einer verantwortungsvollen Position aus der Ferne ein Urteil fällt und noch nicht einmal vorher anruft und fragt, was wir da machen.“ Demnach habe es bis jetzt keinen einzigen Kontaktversuch seitens der GEW zur Gemeinde Kellmünz gegeben.
Seine Sicht hat Michael Obst auch in einem Facebook-Video geschildert. „Es geht doch nicht um Militär oder Militärwerbung, es geht um Menschlichkeit, um ein gutes Zusammensein, und die Kinder basteln, spielen, machen Sport und sind begleitet von Soldatinnen und Soldaten, die hier als Menschen auftreten und nicht in erster Linie als Uniformträger.“ Dass der CSU-Bürgermeister ein positives Verhältnis zur Bundeswehr hat, ist allerdings klar: Er ist selbst Offizier der Reserve.
Die bayerische GEW-Vorsitzende Martina Borgendale sieht das mit dem unverfänglichen Kontakt offenbar anders. In der Stellungnahme der Gewerkschaft wird darauf verwiesen, dass es „im Rahmen des „Tags der Bundeswehr“ zu Szenen mit „Kindern an Maschinengewehren“ gekommen sei. Borgendale betont, dass Kinder und Jugendliche wesentlich beeinflussbarer seien als Erwachsene, die möglichen Konsequenzen des Soldaten-Berufs – physisch wie psychisch – aber noch nicht wirklich erfassen würden.
Kellmünzer Bewohner: „Das ist doch viel Rummel um nichts“
Ein Bewohner aus Kellmünz kann die Aufmerksamkeit nicht verstehen. „Das ist doch viel Rummel um nichts“, sagt der 27-Jährige unserer Redaktion. Er selbst habe am Ferienprogramm zwar altersbedingt nie teilgenommen, er beruft sich auf die anderen Begegnungen. „Die Bundeswehr organisiert in Kellmünz zum Beispiel auch die Waldweihnacht mit und gibt Essen aus. Das war immer schön.“
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