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Geplante Lesung: Stadt verbietet Rechtsextremist Martin Sellner den Besuch in Augsburg

Augsburg

Geplante Lesung: Stadt verbietet Rechtsextremist Martin Sellner den Besuch in Augsburg

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    Der österreichische Rechtsextremist Martin Sellner hat eine Lesung in Augsburg angekündigt. Die Stadt hat ein Betretungsverbot gegen ihn erlassen.
    Der österreichische Rechtsextremist Martin Sellner hat eine Lesung in Augsburg angekündigt. Die Stadt hat ein Betretungsverbot gegen ihn erlassen. Foto: Alexander Kaya, Roland Schlager (dpa)

    Vor seinem geplanten Auftritt am Sonntag hat die Stadt Augsburg ein Betretungsverbot gegen den Rechtsextremisten Martin Sellner erlassen. Es gilt für das gesamte Stadtgebiet. Was Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) zunächst dem Augsburger Landtagsabgeordneten Cemal Bozoglu (Grüne) mitteilte, bestätigte auf Nachfrage unserer Redaktion auch Augsburgs Ordnungsreferent Frank Pintsch (CSU). Die Stadt Wien habe Sellner einen entsprechenden Bescheid am Freitag zugestellt. „Die Stadt Augsburg hat zusammen mit den staatlichen Sicherheitsbehörden alle verfügbaren Informationen ausgewertet“, sagte Pintsch. „Darauf aufbauend, haben wir ein Betretungsverbot für das Stadtgebiet erlassen.“

    Kurz nach Bekanntwerden der Entscheidung reagierte Sellner in sozialen Netzwerken. „Augsburg sperrt mich aus“, betitelte er am frühen Freitagabend einen Beitrag. „Die Stadt Augsburg bricht den Adventsfrieden“, schrieb er. Herrmann erteile ihm für den 1. Dezember ein Aufenthaltsverbot – was so allerdings nicht zutrifft, da das Betretungsverbot von der Stadt Augsburg ausgesprochen wurde. Weiter schrieb Sellner, die „Knüppelgarde der Polizei“ stehe bereit, um das Treffen zu stürmen und die Lesung zu sprengen. Und abschließend: „Ich weiche der Gewalt – NICHT“. Die Lesung werde wie geplant stattfinden. „Ich fahre los.“ Hält er sich nicht an das Verbot, könnte Sellner ein Zwangsgeld in Höhe mehrerer Tausend Euro drohen.

    Stadt Augsburg erlässt Betretungsverbot gegen Martin Sellner

    Sellner hat die Möglichkeit, gegen das Betretungsverbot vorzugehen, zuständig wäre in diesem Fall wohl das Augsburger Verwaltungsgericht. Eine Entscheidung müsste zeitnah im Lauf des Wochenendes erfolgen, da der Auftritt bereits am Sonntag um 14 Uhr stattfinden soll. Grünen-Landtagsabgeordneter Bozoglu kommentierte, er begrüße das Betretungsverbot. „Die Stadt Augsburg zeigt mit dem Betretungsverbot, dass sie sich klar gegen menschenverachtende und verfassungsfeindliche Ideologien positioniert. Diese Linie ist richtig und muss konsequent weiterverfolgt werden.“ Ein Betretungsverbot gilt als weitreichender Schritt. Im Sommer etwa hob das Verwaltungsgericht Potsdam ein bundesweites Einreiseverbot auf, das die Stadt Potsdam gegen Sellner erlassen hatte.

    Auch so wirft die Lesung ihre Schatten voraus. Da ist zum einen die Demo auf dem Königsplatz, zu der ein breites zivilgesellschaftliches Bündnis aufgerufen hat. Sie soll am Sonntag um 12 Uhr beginnen und steht unter dem Motto „Keine Bühne für rechte Hetze! Kundgebung für eine offene, bunte Gesellschaft sowie für einen breiten zivilgesellschaftlichen Zusammenhalt gegen den Auftritt des gesichert rechtsextremen ‚Autors‘ Martin Sellner“. Erwartet werden laut Stadt rund 400 Teilnehmerinnen und Teilnehmer.

    Demo auf dem Augsburger Königsplatz richtet sich gegen Auftritt von Sellner

    In einem offenen Brief hatten zuletzt rund 30 Augsburger Organisationen und Verbände gefordert, Sellner ein Betretungs- und Auftrittsverbot auszusprechen – so, wie es Mitte Oktober unter anderem Ulm und Neu-Ulm getan hatten. Bis zum Bekanntwerden des Betretungsverbots am Freitag hielt sich die Stadt Augsburg bedeckt. Pintsch hatte zunächst mitgeteilt, man stehe „mit allen Behörden im intensiven Austausch, um das Informationsbild stets aktuell weiterzuentwickeln“. Auch zur Frage, wie man den Sonntagnachmittag im Fall eines Auftritts begleiten wolle, wollte er sich nicht in die Karten schauen lassen. Dazu könne man „aus einsatztaktischen Gründen keine Auskünfte erteilen“.

    Die zentrale Frage, wo der für 14 Uhr angekündigte Auftritt überhaupt stattfinden soll, ist nach wie vor ungeklärt. Dazu lägen „weiterhin noch keine näheren Informationen vor“, sagte Pintsch. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass der Schauplatz der Lesung außerhalb des Stadtgebiets liege, die Sicherheitsbehörden seien auf „verschiedenste Szenarien vorbereitet“. Gleichlautendes teilte das Polizeipräsidium Schwaben-Nord auf Anfrage mit. Sellner hatte von einer „Undergroundlocation“ mit 50 Plätzen gesprochen. Das Betretungsverbot gilt nur für die Stadt Augsburg.

    Ort unbekannt: Österreichischer Rechtsextremist kündigt Lesung an

    Wie bei früheren Veranstaltungen scheint Sellner ein Katz-und-Maus-Spiel inszenieren zu wollen – wohl, um Aufmerksamkeit zu erzeugen und staatliche Institutionen vorzuführen. In sozialen Netzwerken führte er am Donnerstag eine Umfrage durch. Die Frage: Welchen Ablauf Nutzerinnen und Nutzer in Augsburg erwarteten. Erstens, man lasse sie „in Ruhe“, zweitens, die Polizei wolle stürmen und verhindere die Lesung, drittens, die Polizei wolle stürmen und schaffe nicht, die Lesung zu verhindern. Mehr als die Hälfte votierte für Letzteres.

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