Den Haag gleicht einer Festung. Die niederländische Küstenstadt ist am Dienstag und Mittwoch Schauplatz des Nato-Gipfels. In der Allianz herrscht weitgehend Einigkeit darüber, die Verteidigungsausgaben auf einen Anteil von fünf Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) zu erhöhen – ein Sprung in eine bisher beispiellose Dimension. Aktuell liegt das Nato-Ziel noch bei zwei Prozent. Im Vorfeld der entscheidenden Gespräche am Mittwoch, bei denen bis zu 40 Staats- und Regierungschefs, darunter auch US-Präsident Donald Trump, erwartet werden, melden sich nun Vertreter der deutschen Rüstungsindustrie zu Wort.
„Wir erwarten uns vom Nato-Gipfeltreffen ein klares Bekenntnis der Mitgliedsstaaten, dass auf Worte Taten folgen müssen. Auf die Industrie übersetzt heißt das Planungssicherheit und langfristige Zusagen mittels Aufträgen“, sagte Airbus-Militär-Chef Michael Schöllhorn im Gespräch mit unserer Redaktion. Man könne die Produktionskapazitäten hochfahren, auch rasch, dafür brauche Airbus aber eine klare Auftragslage, hinreichende Stückzahlen und keine Salamitaktik.

Rüstungsunternehmen benötigen verlässliche Planungsbedingungen
Oliver Dörre, Vorstandsvorsitzender des Rüstungselektronik-Konzerns Hensoldt mit Sitz in Taufkirchen bei München, begrüßt die Entschlossenheit im Bündnis: „Die neuen Nato-Fähigkeitsziele und die Anhebung der Verteidigungsausgaben auf bis zu fünf Prozent des Bruttoinlandsprodukts sind ein historischer Wendepunkt für die Sicherheit Europas.“ Für Hensoldt bedeute dies verlässliche Rahmenbedingungen und Investitionssicherheit und die Möglichkeit, Kapazitäten zügig auszubauen und Innovationen voranzutreiben.
Auch der Chef des Augsburger Panzergetriebebauers Renk, Alexander Sagel, blickt gespannt nach Den Haag. „Wir verstehen die bislang bekannten Gipfelentscheidungen als Auftrag an die Industrie, eine sichere Zukunft in Europa zu ermöglichen“, sagte Sagel unserer Redaktion, um hinzuzufügen: „Ganz klar, wir als Industrie benötigen Planungssicherheit. An unserem Standort in Augsburg sind wir schon in Vorleistung gegangen. Wir sind in der Umstellung von einer Manufaktur hin zu einer Kleinserienfertigung. Vor ein paar Jahren haben wir noch 150 bis 200 Neugetriebe pro Jahr gefertigt. Zukünftig werden wir Getriebeausbringungen in vierstelliger Höhe sehen. Renk hat seine Kapazitäten hochgefahren.“
Das Fünf-Prozent-Ziel soll jeweils 2035 erreicht sein
Als Schlusspunkt des Gipfels soll eine Abschlusserklärung stehen, in der sich die Mitglieder des Militärbündnisses darauf verpflichten, mindestens 3,5 Prozent des BIP in die Streitkräfte und Rüstungsgüter zu investieren. Weitere 1,5 Prozent müssten danach für militärisch relevante Infrastruktur wie Brücken oder Verkehrswege aller Art ausgegeben werden. So sollen insgesamt fünf Prozent bis 2035 erreicht sein.

Der Krieg in der Ukraine und die aktuelle Eskalation in Nahost sowie Drohungen der USA, der Nato den Rücken zu kehren, zeigen offensichtlich Wirkung. Lediglich Spanien schert aus. Vor dem Gipfel gab Ministerpräsident Pedro Sánchez zwar ein Bekenntnis zur Nato ab, erklärte aber, dass Spanien das Fünf-Prozent-Ziel nicht erfüllen könne und wolle. Wie Trump darauf reagieren wird, ist unklar.
Wieder gab es schwere Luftangriffe
Kurz vor Beginn des Nato-Gipfels gab es am Montag wieder schwere israelische Luftangriffe auf Ziele im Iran. Im Fokus standen dabei Zufahrtswege zur Atomanlage Fordo, aber auch das berüchtigte Ewin-Gefängnis in Teheran, in dem viele Regimegegner einsitzen. Gleichzeitig wurde aus Israel iranischer Raketenbeschuss gemeldet.
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