Heute, sagt er, gehe er es ruhiger an: „Mit zunehmendem Alter ist das Verlangen nicht mehr so groß.“ Gleichwohl steigt er immer noch gern mit Skiern auf den Daumen und aufs Riedberger Horn. Oder er geht am Nebelhorn auf die Pisten. Im Sommer will er wieder einmal von Oberstdorf nach Meran wandern – nicht als Bergführer mit Gästen, sondern als Teilnehmer einer Gruppe.
Vor mehr als 55 Jahren absolvierte der gelernte Maurer die Prüfung zum staatlich anerkannten Berg- und Skiführer. Seitdem waren die Berge sein Arbeitsplatz. Über 80 Mal führte er Gäste beispielsweise aufs Matterhorn und 35 Mal auf den Kilimanjaro, den höchsten Berg Afrikas. Alle Berge des Allgäus hat er immer wieder bestiegen und wenn es um alpine Geschichte und Kultur geht, ist Udo Zehetleitner ein wandelndes Lexikon. Wissen zu vermitteln, Geschichte und alpine Kultur erklären: „Das zeichnet einen guten Bergführer aus“, beschreibt er seine Vorstellung von dem Beruf, den er so geliebt hat.
Zehetleitner nennt Anderl Heckmair (1906 bis 2005), den legendären Erstbegeher der Eiger-Nordwand, als seinen „Lehrmeister“. Der hatte zusammen mit anderen Bergführern 1968 in Oberstdorf „zur Förderung des alpinen Tourismus und des Bergsteigens“ mit Unterstützung des Landkreises Oberallgäu, der Gemeinde Oberstdorf und der Nebelhornbahn die Bergschule Oberallgäu gegründet.
Seit 60 Jahren verheiratet
Drei Jahre später übernahm Zehetleitner die Schule und führte sie bis 2005. Seitdem kümmert sich sein Sohn Bernd, ebenfalls staatlich geprüfter Berg-und Skiführer, um die Gäste. Auf der Bank vor seinem Haus – in der Sonne sitzend – erzählt Udo aus seinem Leben: Dass er jetzt 60 Jahre mit seiner gleichaltrigen Frau Berta zusammen ist und wie sich das Bergsteigen gewandelt hat.
Früher, glaubt er, sei der Bergsport abenteuerlicher gewesen. Heute habe man viel bessere Informationsmöglichkeiten über die Verhältnisse am Berg. Andererseits aber müsse sich ein Wanderer heute auf Hütten vorher anmelden, wenn er dort übernachten will. Trotzdem geht Zehetleitner immer noch gerne in die Berge: „Das wirkliche Abenteuer ist der Weg zu Dir selbst“, sagt er.
Der Bergsport hat sich verändert, doch Zehetleitner beobachtet das zunehmend gelassen. Auch der Alpenverein sei nicht mehr so, wie er früher einmal war. Was Udo Zehtleitner vom Klettern in Hallen hält? „Das hat mit Bergsteigen nichts zu tun und gehört eigentlich in einen Turnverein“, sagt er.
Die Natur zu erleben und das Abenteuer, einen neuen Weg zu finden – das gehöre zum Alpinismus, sagt er. Und das könne man nicht in einer Halle. Aber er habe auch Verständnis dafür, dass sich der Alpenverein verändert hat. Einem Wandel unterworfen sei ja auch das Berufsbild des Bergführers. Der sei heutzutage mehr als je zuvor ein Erlebnismanager.