Rund 40 Zentimeter sind es, die Andreas Schmid, Kreisobmann des Bayerischen Bauernverbands (BBV) im Ostallgäu misst. So viel ist die Maispflanze auf seinem Feld bei Weicht in der vergangenen Woche gewachsen. Damit ist der Landwirt ziemlich zufrieden - und das trotz der vermehrten Trockenheit der vergangenen Monate. Wie die weiteren Ernteerträge ausfallen, davon machten sich Schmid, Kreisbäuerin Karina Fischer und Daniel Dörfler sowie Lino Missel vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) bei der jährlichen Erntepressefahrt in Weicht ein genaueres Bild. Die diesjährige Besonderheit: Es wurde gelaufen, statt gefahren.
Leinanbau in Weicht - „Kulturpflanze hilft bei der Biodiversität“
Rund 20 Gäste machten sich auf den Weg zu den Feldern, die alle rund um den Hof der Familie Schmid liegen. Nächster Halt für die kleine Truppe: ein Feld mit Lein, auch Flachs genannt. „Im Anbau gilt er heute als Exot, aber er ist tatsächlich eine der ältesten Kulturpflanzen“, sagte Missel: „Lein hilft bei der Biodiversität.“ Doch die Pflanze ist im Anbau empfindlich und zudem seien andere Pflanzen einfach lukrativer im Ertrag. Der Leinsamen wird in Weicht zu Öl gepresst.

Bereits geerntet ist die Wintergerste. Der Ertrag stellte die Landwirte durchaus zufrieden. Wie es mit der Sommergerste aussehen wird, kann allerdings keiner der Anwesenden abschätzen. „Wir haben keine Glaskugel“, betont Schmid. Aber ein Blick auf die Wetterdaten zeige zumindest eine Prognose. „Bis auf den Mai war es im langjährigen Mittel zu warm“, erklärt Dörfler. Auch der Vergleich der Regenbilanz offenbart das gleiche Ergebnis. So gab es 2024 deutlich mehr Niederschläge als heuer.
Ostallgäuer Böden sind nach heißen Sommerwochen trocken
„Trotz des verregneten Monats Mai fehlen im Mittel rund 170 Liter pro Quadratmeter“, so der Wasserbeauftragte vom AELF. Zu viel Regen bei sonst heißem Wetter sei jedoch auch kontraproduktiv. „Dann bilden sich Pilze, die feuchte, aber warme Bedingungen zu schätzen wissen“, so Missel. Die Landwirte müssten dann wieder mit Fungiziden an die Pflanzen.

Dass den Pflanzen Regen fehlt, zeigt Dörfler auch an der Bodenbeschaffenheit des Maisfelds. Auf einer Schaufel mit Aushub ist die Erde staubig und trocken. „Wie soll Wasser da bis in die Tiefe gelangen?“, fragt er die Anwesenden. Dabei hatte es in der Früh noch geregnet und die Pflanzen sind nur direkt am Stängel etwas feucht.
So viel wächst der Mais in einer Woche
Eine Maispflanze sticht besonders hervor: Die hatte Schmid eine Woche vor der Erntepressefahrt mit roter Farbe besprüht. Jetzt wechselt sich das Rot mit neuem Grün ab - 40 Zentimeter ist der Mais in der Woche gewachsen.
Für die Gäste der Erntepressefahrt gab es neben dem Maiswuchs noch eine weitere anschauliche Demonstration: die Bestimmung des Säuregehalts im Boden. Dafür ging es zum Gerstenfeld nebenan.

Viel Sonne für Ostallgäuer Landwirtschaft, aber Regen würde nicht schaden
Missel entnimmt etwas Erde und führt einen pH-Test durch. Das Ergebnis: Der Boden ist zu sauer, denn der pH-Wert liegt unter fünf. „Ein solcher Boden kann nur wenig Wasser und Nährstoffe speichern“, betont Missel. Also gibt er der Probe etwas Kalk hinzu, wodurch sich der pH-Wert normalisiert. „Das ist eine kostengünstige Möglichkeit, die Bodenstruktur zu verbessern, sodass der Boden mehr Regenwasser speichern kann.“ Denn Kalk lockert den Boden auf.

Am Ende der Tour zeigen sich alle dennoch einigermaßen optimistisch: „Wir werden eine vernünftige Ernte einfahren, die aber kurz vor einer Notreife steht“, meint Schmid. Für einen besseren Ertrag fehle noch „ein bisschen Regen“.
Um kommentieren zu können, müssen Sie angemeldet sein.
Registrieren sie sichSie haben ein Konto? Hier anmelden