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Heimat und Tradition: Einst galten sie als "rebellischer Haufen": Der Trachtenverein D‘ Kienbergler Pfronten wird 100

Heimat und Tradition

Einst galten sie als "rebellischer Haufen": Der Trachtenverein D‘ Kienbergler Pfronten wird 100

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    Die Gründungsmitglieder des Trachtenvereins D' Kienbergler Pfronten im Jahr 1924. Sitzend: Thomas Osterried, Josef Sichler, Viktoria Schallkammer, Johann Nöß und Ernst Lotter; stehend: Peter Nöß, Xaver Hitzelberger, Peter Kink und Rupert Schallhammer (jeweils von links)
    Die Gründungsmitglieder des Trachtenvereins D' Kienbergler Pfronten im Jahr 1924. Sitzend: Thomas Osterried, Josef Sichler, Viktoria Schallkammer, Johann Nöß und Ernst Lotter; stehend: Peter Nöß, Xaver Hitzelberger, Peter Kink und Rupert Schallhammer (jeweils von links) Foto: Kienbergler

    Am Anfang standen Unstimmigkeiten beim Pfrontener Trachtenverein D‘ Achtaler: „Die alten Mitglieder wollten die jungen nicht auftreten lassen“, erzählt Manfred Trenkle. Darauf gründeten diese ihren eigenen Verein: Am 27. September 1924 trafen sich neun Pfrontener, darunter eine Frau, um den Trachtenverein D‘ Kienbergler aus der Taufe zu heben, der damit heuer seinen 100. Geburtstag feierte. Zwar war damals kein Trenkle darunter, doch viele Namen der Gründer sind bis heute in Pfronten vertreten. Und Manfred Trenkle, der von 1998 bis 2023 die Geschicke des Vereins leitete und heute Ehrenvorsitzender ist, kann einige Verwandte nennen, die im Verein eine wichtige Rolle spielten. Darunter sein Schwiegervater Herbert Wolf, Vorsitzender von 1976 bis 1982. Trenkles Nachfolger im Vorsitz gehört ebenfalls zur Familie: Es ist sein Sohn Johannes Trenkle. Auch, dass zu den Gründungsmitgliedern Viktoria und Rupert Schallhammer gehörten, wirkt bis heute nach: Viktoria entstammt der Wirtsfamilie des Gasthofs Hirsch in Pfronten-Berg, heute bekannt als „Oberer Wirt“ ist er noch immer das Vereinslokal der Kienbergler.

    Zu ihrem Jubiläum posierten die Kienbergler für ein Gruppenbild
    Zu ihrem Jubiläum posierten die Kienbergler für ein Gruppenbild Foto: Andrea Münderlein

    Schwieriger war es für den neuen Verein, in den Allgäuer Gauverband aufgenommen zu werden. Aufgrund ihrer Gründungsgeschichte hatten sie den Ruf eines rebellischen Haufens. Und so brauchte es die Fürsprache ihrer Paten, der Alpspitzler aus Nesselwang, damit der Gauverband 1930 die Kienbergler doch noch aufnahm. Im Jahr davor hatten die Alpspitzler Pate gestanden für die Fahnenweihe der Kienbergler. Dass sie dabei auch ein Patenband stifteten, war aber über Jahrzehnte in Vergessenheit geraten. Wie sich herausstellte, war es in den Wirren der Nachkriegszeit nach Übersee gereist. 2015 meldete sich ein US-Amerikaner bei den Alpspitzlern. Er hatte das schöne Band im Internet ersteigert und wollte es an seinen Ursprung zurückführen. Bei einem Freundschaftstreffen mehrerer Trachtenvereine in der Alpspitzhalle kurz vor Ausbruch der Corona-Pandemie überreicht es der damalige Vorsitzende der Alpspitzler, Alfred Unsin, dem völlig überraschten Vorsitzenden der Kienbergler. „Da war ich zum ersten Mal in meiner Karriere sprachlos“, erzählt Manfred Trenkle. Weil der Stoff über die Jahre gelitten hatte und eine Restaurierung zu teuer war, ließ man eine Kopie fertigen, die im März 2019 feierlich geweiht wurde und seitdem an der Fahne der Kienbergler hängt.

    Wer nicht zahlen konnte, flog raus

    Recht rigoros waren die Kienbergler anfangs, was die eigenen Mitglieder betraf: Wer zweimal passte, wenn bei den monatlichen Versammlungen der Mitgliedsbeitrag kassiert wurde, flog raus. Gerade in den Jahren der Wirtschaftskrise traf das viele. Als nach zähen Verhandlungen 1947 die amerikanische Militärregierung den Kienberglern eine Lizenz erteilte, wurde das besser. Mit Magnus Zweng, der das erreicht hatte und erster Vorsitzender des wiedergegründeten Vereins wurde, kamen moderate Beiträge. Heute liegen sie bei 10 Euro pro Jahr. Die Mitgliederzahl liegt bei rund 100, womit der Vorsitzende Johannes Trenkle eigentlich sehr zufrieden ist. Allerdings meint er: „A paar Buebe wäret it schleacht.“

    Beim Festakt zum 100-jährigen Jubiläum stand auch ein Bändertanz auf dem Programm.
    Beim Festakt zum 100-jährigen Jubiläum stand auch ein Bändertanz auf dem Programm. Foto: Sabine Nöß

    Dass Johannes Trenkle das Amt seines Vaters übernahm, war seine eigene Entscheidung, wie beide betonen. „Wenn der Verein weitergehen soll, muss es einen geben“, erklärt sein Sohn. Als Jugendleiter hatte er bereits seit vielen Jahren dem Vorstand angehört und war auch als Vorplattler und Fähnrich aktiv. Mit dem 23-jährigen Luis Mayr fand sich auch ein junger Stellvertreter für den 30-Jährigen. Wichtig war dem neuen Vorsitzenden, dass seine Frau hinter seinen Ambitionen steht. Das tut die gebürtige Vilserin Julia Trenkle. Immerhin hat sie über ihren Mann selbst zu den Plattlern gefunden.

    Hintersinniges Geschenk vom Paten

    Bei der großen Jubiläumsfeier im Pfarrhof mit geladenen Gästen hat es von den Alpspitzlern übrigens erneut ein hintersinniges Geschenk gegeben. Nachdem sie zum 90. Jubiläum Säue nach Pfronten gebracht hatten - als Grundlage für ein gemeinsames Essen - waren es diesmal vier Hennen. Die sollen für die Eier für ein gemeinsames Kässpatzenessen liefern. Der Höhepunkt im Vereinsleben der Kienbergler ist aber seit mittlerweile 40 Jahren ein anderer: Das Weiherfest, das sie 1984 zu ihrem 60-jährigen Bestehen erstmals feierten. Mittlerweile verfügen sie über zwei Zelte als Wetterschutz und eine Bühne, die sie jedes Jahr im Weiher aufbauen. Fester Partner ist die Dorfer Feuerwehr, die beim Weiherfest ihre Fahnenweihe und 2023 auch ihr 150-jähriges Bestehen feierte.

    Mit den Achtalern, von denen man sich einst abgespalten hatte, pflegen die Kienbergler mittlerweile eine gute Zusammenarbeit. „Man hilft sich gegenseitig“, betont Johannes Trenkle. Sich wieder zusammenzuschließen - das kommt aber bis auf Weiteres nicht infrage.

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