Stürze sind für Senioren ein hohes Gesundheitsrisiko. Laut Statistiken stürzt in Deutschland etwa ein Drittel der Menschen ab 65 Jahren mindestens einmal im Jahr. Die Folgen sind häufig nicht schwerwiegend. Es kann aber durchaus zu Knochenbrüchen und Verletzungen kommen, die Krankenhausaufenthalte nötig machen. Im schlimmsten Fall bleiben körperliche Beeinträchtigungen, die ein selbstständiges Leben erschweren, oder es kommt zu Sturzangst. Dann bewegen sich die Betroffenen oft weniger und verringern ihre Sozialkontakte.
„Stürze und sturzbedingte Verletzungen gehören derzeit zu den häufigsten Ereignissen, die zu Hause lebende ältere Menschen in ihrer Selbstständigkeit bedrohen“, heißt es auch in der Projektbeschreibung einer Pilotstudie, für die das Therapiezentrum Eggensberger in Hopfen am See jetzt Probanden sucht. Dabei geht es in der Hauptsache nicht um Sturzprophylaxe. Dazu gibt es laut Studienleiter Andreas Eggensberger bereits verschiedene Studien und Programme, die unter anderem von deutschen Krankenkassen angeboten werden. Denn klar ist: Kraft- und Gleichgewichtstraining können helfen, Stürzen vorzubeugen.
Dieses Problem gibt es mit vorhandenen Sturzporphylaxe-Programmen
Ein wesentliches Problem dabei sei allerdings, dass die teilnehmenden Personen in der Regel mobil sein müssen, um an die Kursorte zu gelangen. Genau das ist vielen Seniorinnen und Senioren aufgrund ihres hohen Alters oder weil sie bereits Angst vor Stürzen haben, nicht mehr ohne Hilfe möglich. Hier setzt Eggensbergers Studie an. Sie vergleicht unter anderem die Effektivität von Präsenzangeboten gegenüber einem Onlinekurs.
Primäre Zielsetzung ist, Sturzrisiko und - angst zu reduzieren. Dafür erhalten die Probanden ein individuell an ihre Voraussetzungen angepasstes Training, das ihre Rumpf- und Beinkraft sowie ihre Koordinationsfähigkeit verbessern soll. „Es gibt Senioren, die sich nicht mehr erinnern können, wann sie zuletzt auf dem Boden gesessen haben“, sagt Eggensberger. Sie lernen zum Beispiel, sich hinzusetzen und wieder aufzustehen. „Manche sind zu Tränen gerührt, wenn das wieder geht“, erzählt der Physiotherapeut. Sekundäres Ziel ist, das kombinierte Format aus einer Intensivwoche vor Ort und einem achtwöchigen Onlinekurs zu erproben.
Das untersuchte das Therpiezentrum Eggensberger bei seiner ersten Sturzstudie
„Wir haben mit 46 Personen bereits eine Studie vorab gemacht“, berichtet Eggensberger. Sie diente der Vorbereitung auf die jetzige. Dabei erhielt eine Gruppe ein klassisches Präventionstraining mit Koordinations- und Gleichgewichtsübungen. „Das war super. Aber der Anteil des Krafttrainings war nicht spezifisch genug. Es gab keinen Muskelzuwachs“, sagt Eggensberger. Genau darauf wurde in der zweiten Gruppe mit einem Hypertrophie-Training (Übungen mit hohem Gewicht, aber wenig Wiederholungen) hingearbeitet. Denn nur wenn die Kraft in den Beinen und die Schnelligkeit stimmen, kann man sich bei einem Sturz zum Beispiel durch einen Ausfallschritt abfangen. „Senioren können genauso trainieren wie Jüngere, nur ihre Reaktionszeit ist länger“, erklärt Eggensberger.
Mit den Ergebnissen aus dieser Vorabstudie geht es nun in die nächste. Auch da gibt es zwei Gruppen. Beide kommen jeweils eine Woche ins Therapiezentrum Eggensberger. Die Kontrollgruppe durchläuft anschließend über acht Wochen einmal pro Woche vor Ort in Hopfen ein standardisiertes Sturzprophylaxe-Programm. Die andere Gruppe arbeitet nach dem neuen Online-Format. Sie bekommt einmal wöchentlich einen Live-Kurs über das Internet und ist angehalten, weitere dreimal pro Woche selbstständig nach einem festgelegten Plan zu trainieren. Diese Gruppe trägt den Namen Otega nach einer Stadt in Neuseeland, wo das Problem ebenfalls erkannt und nach einem Programm gesucht worden sei, mit dem Senioren zu Hause trainieren können.
Das sind die Voraussetzungen für eine Teilnahme bei der Studie in Füssen
Insgesamt sind für die Studie 48 Probanden eingeplant. Pro Gruppe sollen es zwischen acht und zwölf Leute sein. Los geht es mit den ersten Gruppen voraussichtlich im September oder Oktober. Die weiteren Runden folgen dann alle zwei bis drei Monate. Teilnehmen können Personen im Alter zwischen 50 und 80 Jahre, die unter anderem selbstständig gehfähig sind, in einem Umkreis von 60 Kilometern oder einer Stunde Fahrzeit um Hopfen herum wohnen und bereit und in der Lage sind, mit einem PC oder Tablet zu arbeiten. Die Anmeldung erfolgt über die Hompage www.studie-eggensberger.de.
Bei technischen Problemen mit dem Onlinekurs greift das Team des Therapiezentrums den Probanden unter die Arme. Es könne sich aber auch eine generationenübergreifende Sache daraus entwickeln, wenn der Enkel der Oma mit dem Computer hilft, sagt Eggensberger. Er hofft außerdem darauf, dass unter den Teilnehmern Kontakte entstehen und diese sich außerhalb des Trainings weiter austauschen. Das Online-Training sieht er als zusätzliches Angebot im Programm von Kurorten.
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