Als Moderator Peter Mittermeier am Ende von den 300 Besuchern wissen wollte, wer schon weiß, wen er am 15. März wählt, gingen deutlich mehr Hände in die Höhe als zu Beginn. Die Podiumsdiskussion der Heimatzeitung war demnach eine gute Entscheidungshilfe für die Heimenkircher. Zwei Stunden lang haben sich die beiden Bürgermeisterkandidaten den Fragen des Redaktionsleiters und seiner Stellvertreterin Ingrid Grohe gestellt: Herausforderer Wolfgang Starnberg (CSU) und Amtsinhaber Markus Reichart (Grüne).
Die beiden Bewerber verrieten, dass sie bis dato keine Berührungspunkte hatten und sich persönlich nicht kennen. Dementsprechend siezten sie sich und gingen auch sonst fair und sachlich miteinander um. Starnberg setzte kaum verbale Attacken – und die wenigen parierte Reichart ruhig und unaufgeregt.
Dennoch machte Starnberg klar, dass er antritt, um zu gewinnen und Bürgermeister zu werden. Er sei jetzt im richtigen Alter dafür und beruflich sei „alles in trockenen Tüchern“, sagte der 40 Jahre alte Finanzbeamte. Diese Aufgabe wäre ein guter Kontrast zu seinem jetzigen Beruf: „Das Amt des Bürgermeisters ist zukunftsorientiert und nicht in die Vergangenheit gerichtet.“ Ihn reizt zudem, dass ein Gemeindechef nicht „auf Zuruf arbeiten“ muss, sondern aktiv gestalten kann. Wenngleich er betonte, dass sein Job auch abwechslungsreich sei und kreative Seiten habe.
Reichart möchte das Rathaus aber nicht räumen. Für ihn wäre es die dritte Amtszeit in einem Beruf, der ihm „jeden Tag Spaß macht“. Es sei „ein Job mit viel Gestaltungsspielraum und Verantwortung“, im Rathaus herrsche ein „super Klima“ und auch die politische Arbeit im Gemeinderat sei „sehr angenehm und konstruktiv“, da „nicht nach Blöcken oder politischer Gesinnung abgestimmt wird“. Besonders stolz ist er auf die Sanierung des Paul-Bäck-Hauses. Das fast 400 Jahre alte Gebäude war das Auftaktprojekt der Ortskernentwicklung und habe sich mit rund 300 Veranstaltungen im Jahr „zum echten Bürgerhaus gemausert“. Hingegen kommen die „I muss nach...“-Bänkle nicht so gut an, wie er es sich erhofft hatte. „Die Erfahrung zeigt, dass die Mobilität auf dem Land anders funktioniert.“
Als der 46-Jährige erstmals 2008 und zuletzt 2014 gewählt worden ist, war er Kandidat der Freien Wähler. Im Herbst 2017 ist Reichart während der laufenden Legislatur zu den Grünen gewechselt, weil er ein Zeichen gegen die aus seiner Sicht zunehmenden Rechtstendenzen in der Welt und auch in Heimenkirch setzen wollte. Bereits damals, verriet er, habe er ein deutliches Signal der CSU bekommen, dass es bei der nächsten Wahl Gegenwind geben werde.
Den hat er nun in Person von Wolfgang Starnberg. Der in Opfenbach aufgewachsene Herausforderer bestätigte, dass er bei seinem „Haustürwahlkampf“ oft gehört habe: „Einen Grünen haben wir nicht gewählt, wir haben einen Freien Wähler gewählt.“ Das sei ein Grund gewesen, weshalb ihn die CSU angefragt habe – und weshalb er ausgerechnet jetzt für den Bürgermeisterposten kandidiert.
Der Gegensatz zwischen Schwarz und Grün spielte auch in weiteren Fragen eine Rolle. Und so erfuhren die Besucher, dass Reichart nicht nur den aus dem Allgäu stammenden CSU-Entwicklungsminister Gerd Müller schätzt, sondern auch Horst Seehofer „respektiert“. Hingegen kann Starnberg kaum einem oder einer Grünen etwas abgewinnen. Die bayerische Landesvorsitzende Katharina Schulze findet er „zumindest lustig“ – und er würde eine schwarz-grüne Koalition der Kombination Schwarz-Rot vorziehen.
Apropos vorziehen: Im lockeren Teil des Abends verriet Reichart, dass er eher Philipp Amthor treffen würde als Andreas Scheuer, Cappuccino lieber mag als Weizenbier und einen Mähroboter einem Thermomix vorzieht. Zuletzt aufgeregt hat er sich darüber, dass es die AfD in Hamburg doch noch ins Parlament geschafft hat – und in solchen Situationen bringen ihn die Streicheleinheiten seiner Frau wieder zur Ruhe. Diese spielt auch noch eine andere wichtige Rolle: Auf Nachfrage bekannte Reichart, dass er noch keinen beruflichen Plan B hat – und sich im Fall einer Wahlniederlage erst einmal mit seiner Frau auf eine Berghütte zurückziehen möchte, um bei Schupfnudeln und Rotwein über seine Zukunft zu sprechen.
Einen klaren Plan hat Starnberg bezüglich seines Wohnortes: Auch im Falle eines Wahlsiegs wird er nicht nach Heimenkirch ziehen, da er sich erst ein Haus in Röthenbach gekauft hat. Ihn hat empört, dass Wahlplakate der CSU beschmiert worden sind – und er beruhigt sich beim Musikhören, von Schlager bis Hardrock. Hingegen findet er die Allianz-Arena besser als die Seebühne, geht lieber in den Fidelisbäck als in den Notausgang und lässt für einen Leberkäs jede Pizza stehen.
So unterschiedlich beide auch sind: In einer Sache sind sie sich einig. Beide wünschen sich eine möglichst hohe Wahlbeteiligung und riefen die Bürger entsprechend zum Urnengang auf. Reichart nannte sogar eine konkrete Zahl: Er würde sich freuen, wenn „70 Prozent in der Zeitung stehen würden“.