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Die Balance zwischen Ökologie und Ökonomie

Kögel-Hof  Thanners

Die Balance zwischen Ökologie und Ökonomie

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    Bio ist nicht gleich bio, Milch nicht gleich Milch und Fleisch nicht gleich Fleisch. Was beim Einkaufen an den Verkaufstheken gilt, trifft auch für die landwirtschaftliche Produktion von Lebensmitteln zu. Bei den Bio-Bauern gibt es unterschiedliche Wirtschaftsmodelle, ebenso in der konventionellen Landwirtschaft. Dass manchmal beides gar nicht so weit auseinander liegt, das erfuhren jetzt Lehrer aus Vorarlberger Naturparkschulen und Oberallgäuer Pädagogen bei einer Fortbildung auf zwei Bauernhöfen nahe Immenstadt. Organisiert hatte dieses Treffen der Naturpark Nagefluhkette und der Bayerische Bauernverband.

    Das Thema des Nachmittags hieß „Nachhaltige Landwirtschaft– oder die Kunst die Balance zwischen Ökologie und Ökonomie zu finden.“ Beide Betriebe, die besichtigt wurden, scheinen für den Laien auf den ersten Blick in der falschen Liga zu spielen. Der eine ist hoch technisiert mit computergesteuertem Melkroboter. Das ist der Bio-Bauernhof. Der andere hat vorwiegend Hornvieh im Stall und vermarktet Milch, Käse und Fleisch direkt ab dem Hof. Das ist der konventionelle Betrieb. Beide haben gemeinsame Ziele: die Tiere artgerecht zu halten, gesunde Lebensmittel zu produzieren, die Böden fruchtbar zu halten, Pflanzengemeinschaften zu etablieren und von der eigenen Arbeit auskömmlich leben zu können.

    „Ökologie gibt es in der Landwirtschaft nicht ohne Ökonomie“, sagte die Oberallgäuer Kreisbäuerin Monika Mayer (Krugzell) zu Beginn der Fortbildung. Rainer Hoffmann von der Pflanzenberatung des Landwirtschaftsamtes Kempten und Stefan Pscherer vom Landschaftspflegeverband Oberallgäu-Kempten betonten, ohne Landwirte, egal ob konventionelle oder Biobauern, „können wir keinen Naturschutz betreiben.“ Und: Ohne intensive Grünlandwirtschaft gebe es keine gute Milchwirtschaft, weil dem Futter die nötigen Inhaltsstoffe fehlten. Die beiden Bauernhöfe im Überblick:

    Josef Eldracher (64) und seine Frau Franziska (63) haben vor sechs Jahren für eine Dreiviertelmillion Euro einen nagelneuen Stall hingestellt. Viel Licht dringt durch das Glas auf dem Dach, die Seitenwände können hochgefahren werden, um Luft hereinzulassen. Drinnen herrscht das ganze Jahr eine Durchschnittstemperatur zwischen acht und 12 Grad – ideal für das Vieh, das es eher kühl liebt. In der warmen Jahreszeit können die Tier selbstständig auf die angrenzende Weide laufen und auch wieder zurück in den Schatten des Stalls, wenn es draußen zu heiß wird. Auch im Stall bewegen sich die 75 Kühe frei auf einem Spaltenboden, durch den Kot und Urin in den Güllekeller fallen. Der hat ein Fassungsvermögen von 1500 Kubikmetern. Das reicht für den ganzen Winter.

    Alle vier Stunden bekommen die Tiere automatisch Futter. Und die Kühe gehen auch zweimal am Tag selbstständig in den Melkroboter. Sie haben ein Halsband mit einem Chip, der die Schleuse zum Melkstand öffnet. Das Ganze wird per Computer überwacht, damit eine Kuh nicht zu oft zum Melken geht. Die Eldrachers müssen eigentlich nur noch für das frische Einstreu sorgen, damit die Kühe weich liegen. „Der Melkroboter entlastet unsere Familie zeitlich ganz entscheidend“, sagt Josef Eldracher. Die Bio-Milch liefert der Betrieb an die Allgäu-Milch-Käse e.G. nach Kimratshofen. Der momentane Grundpreis lieg bei 45 Cent pro Kilo. Die Tiere für das Fleisch gehen an Feneberg. Die Eldrachers kaufen zum Futter Körnermais hinzu und füttern auch Silage. Die Zukunft des Hofes ist gesichert: Sohn Andreas (35), der als Mechatroniker im benachbarten Bosch-Werk arbeitet, wird den Betrieb mit seinen 60 Hektar Wiesen, 75 Kühen und ebensovielen Jungtieren in den nächsten Jahren übernehmen.

    Nur wenige Kilometer vom Eldracher-Betrieb steht der Kögel-Hof. Dort hat die Hofübergabe an Thomas Kögel (34) bereits 2011 stattgefunden. Er betreibt mit seiner Frau Stefanie (35) den elterlichen Hof und eine zugepachtete Hofstelle in Sichtweite. Kögel bewirtschaftet 42 Hektar und hat 30 Milchkühe in Anbindehaltung in einem herkömmlichen Stall stehen. Diese Art der Tierhaltung bedeutet für Kögel und seine Familie mehr Arbeit als auf dem Eldracher Hof. Die Kühe müssen in der Früh und am Abend zum Melken an ihren Standplatz geführt werden.

    Kögel weiß noch nicht genau, wo er bei der Art der Bewirtschaftung mit seinem Hof hinwill. Einen neuen Stall möchte er momentan nicht bauen, auch wegen der öffentlichen Diskussion um den Flächenfraß. Aber ein paar Dinge stehen für ihn dennoch fest: „Wir halten aus Überzeugung Hornvieh“, sagt der 34-Jährige. Und er wird weiterhin seine Produkte direkt vermarkten: „Ich will den Handel ausschalten, denn der ist momentan der einzige Gewinner in der ganzen Verwertungskette.“ Deshalb betreibt Kögel an seinem Hof eine Milchtankstelle. Dort kostet der Liter Rohmilch 1,20 Euro. An der Milchtankstelle verkauft Kögel etwa 30 Liter pro Tag. Das ist nur ein kleiner Bruchteil seiner Milch. Den Großteil nimmt die Molkerei Stegmann in Altusried ab, derzeit für 40 Cent pro Kilo.

    Thomas Kögel ist gelernter Metzger. Regelmäßig schlachtet er im Schlachthaus Niedersonthofen eines seiner Rinder und produziert daraus Fleisch und das volle Wurstprogramm. Für die Kunden portioniert er die Fleischwaren und verkauft sie direkt am Hof. Manchmal bringt er auch eine Lieferung zu einem Verbraucher nach Hause.

    Einmal pro Woche kommt eine mobile Käserei auf den Kögel-Hof. Dann wird aus 800 Litern Rohmilch Tilsiterkäse gemacht. Die Werbung für die eigenen Produkte erfolgt inzwischen hauptsächlich übers Internet und Facebook. „Am besten ist aber nach wie vor die Mund-zu-Mund-Werbung“, sagt der 34-Jährige.

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