Johannes Kind würde sich mit seinem persönlichen Werdegang für eine Werbekampagne des Handwerks eignen. Als 15-jähriger Gymnasiast nahm er Ferienjobs beim Leubaser Malerbetrieb Hartmann an, studierte dann fürs Lehramt. Kurz vor dem Abschluss brach er aber ab, weil er merkte, dass er doch etwas handwerkliches arbeiten will. Er meisterte eine verkürzte Lehre bei Hartmann, setzte die Meisterausbildung drauf – und übernimmt zum Jahreswechsel im Alter von 32 Jahren zusammen mit Christian Hafels (28) das Unternehmen.
Es ist auch unter anderen Gesichtspunkten eine Betriebsübernahme der besonderen Art: Firmenchef Hans-Peter Hartmann ist Kreishandwerksmeister, wird im November aber nicht mehr für dieses Amt kandidieren. Er wechselt hauptamtlich in den Vorstand der Kemptener Baugenossenschaft und wird dort für die technischen Aufgaben zuständig sein.
„Irgendwie“, sagt Hartmann, „hat sich alles gefügt“. Den Malerbetrieb gründete einst sein Vater und dieser war auch der Lehrherr des heute 50-Jährigen. Ist das eine gute Konstellation, beim eigenen Vater in die Lehre zu gehen? Es habe durchaus davor „große Diskussionen“ gegeben, ob das gut geht, antwortet Hartmann. Letztlich hat es aber mit den beiden so gut geklappt, dass Hartmann Senior mit 50 beschloss, die Rollen zu tauschen und das Geschäft an den Sohn zu übergeben. „Ich habe heute noch Riesenrespekt davor, dass der Vater sich dann auch tatsächlich zurückgezogen hat und uns hat machen lassen“, sagt Hartmann. Mit „uns“ meint er auch seine Frau Renate, die nach dem Betriebsübergang zum Jahreswechsel weiterhin das Büro der Firma umtreiben wird.
Damit, sagt Hartmann, ist ein wichtiger Aspekt gesichert, der im Handwerk wesentlich für den Geschäftserfolg stehe: langjährige Kundenkontakte haben immer mit persönlichem Kennen(lernen) zu tun. Den künftigen Chef Christian Hafels kennen viele Kemptener als langjährigen Spieler des American Football-Bundesligisten Allgäuer Comets. Auch Hafels ist bei Hartmann in die Lehre gegangen.
Wie bewertet man bei der Übergabe eines Handwerksbetriebs den Wert eines Unternehmens? Drei Faktoren spielen dabei die zentrale Rolle, erklärt Hartmann: Der Umsatz der vergangenen Jahre, die technische Ausstattung sowie der feste Kundenstamm.