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Frösche für die Klosterküche kamen per Floß

Lechbruck

Frösche für die Klosterküche kamen per Floß

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    Logo_Museen_in_der_Region Foto: beckmann

    Früher – als es weder Lastwagen noch Eisenbahn gab – war der Lech ein entscheidender Transportweg. Mit Flößen wurde auf dem Fluss jahrhundertelang alles Mögliche befördert – bis zur Donau hinauf und über diese weiter bis Budapest. „Allein zwischen 1570 und 1600 wurden 54 700 Flöße nach Augsburg geliefert“, heißt es auf einer Schautafel im Flößermuseum in Lechbruck (Ostallgäu). Dem einzigen seiner Art südlich der Donau, sagt Ingrid Kahlert, Schriftführerin des Fördervereins Flößermuseum. Andere Museen hätten Abteilungen zum Thema. „Aber wir sind das einzige reine Flößermuseum.“

    Die Einrichtung einer solchen Ausstellung war aus ihrer Sicht das einzig denkbare, als sich vor Jahren die Frage stellte, was aus einem Haus von etwa 1645 im Ortskern werden sollte. Schließlich habe ganz Lechbruck jahrhundertelang von der Flößerei gelebt. Also renovierte der Förderverein das Gebäude ab 1997 und eröffnete 2005 das Museum.

    Die Ausstellung beginnt mit der Geschichte des Hauses. In den folgenden acht Räumen entführen Fotos, historische Exponate und Nachbauten in die Vergangenheit des Ortes und der Flößer. Los geht es mit den Themen Lech und Wald. Ohne diese Faktoren hätte es in Lechbruck keine Flößerei gegeben. Die Menschen schlugen Holz in den großen Wäldern der Umgebung, banden es zu Flößen und brachten es den Lech hinab. Einer der größten Abnehmer war die Stadt Augsburg.

    Auf den Flößen wurden zudem Waren transportiert – darunter sogar Tiere, von Pferden und Kühen bis hin zu Schnecken und Fröschen. Letztere gingen an Klöster, zum Verzehr in der Fastenzeit. Schriftlich nachgewiesen ist die Flößerei in Lechbruck laut Kahlert ab dem 13. Jahrhundert. „Aber es gab sie schon früher“, sagt sie. Zum Beispiel hätten die Römer bereits Flöße gebaut und eine ihrer antiken Straße, die Via Claudia, führt durch Lechbruck. Ein weiterer Hinweis: „In Dasing bei Augsburg wurde ein Teil eines Mühlsteins aus dem 8. Jahrhundert ausgegraben, der aus einem Steinbruch in Lechbruck stammt“, sagt Kahlert. Da der Lech der beste Transportweg gewesen sei, dürfte der Sandstein auf dem Fluss befördert worden sein.

    Der Steinabbau spielte in Lechbruck früher und damit auch im Museum heute eine große Rolle. Noch Mitte des 19. Jahrhunderts wurden dort fünf Steinbrüche betrieben. „Im Augsburger und dem Regensburger Dom wurde Sandstein aus Lechbruck verwendet“, sagt Kahlert.

    Aber zurück zu den Flößen: Gebunden wurden sie aus Baumstämmen (Rundholzfloß) oder aus geschnittenem Holz (Bretterfloß). Die Gefährte waren sieben Meter breit und 18 bis 24 Meter lang. Das Exemplar im Museum ist zwar kleiner, aber es zeigt deutlich, wie die Einzelteile mit sogenannten Wieden – gedrehten jungen Baumstämmchen – verbunden wurden. Das machte sie beweglicher und damit sicherer.

    Ungefährlich war die Flößerei dennoch nicht. „Der Lech war der wildeste Fluss zur Donau hin. Nicht immer kamen alle zurück“, sagt Kahlert. Erreichten die Männer ihr Ziel, mussten sie zu Fuß nach Hause gehen – egal ob in Augsburg oder Budapest Endstation war. Geflößt wurde von März bis November, solange es hell war. Im Sommer dauerte die Fahrt nach Augsburg laut Kahlert einen Tag, waren die Tage kürzer, zwei.

    Während die Männer auf dem Fluss waren, versorgten ihre Frauen Haus, Hof und den oft zahlreichen Nachwuchs. Benedikta Weinmüller etwa gebar in 17 Ehejahren 14 Kinder, heißt es bei einem Foto der Flößerfrau. Zum Essen hatte die Familie oft nicht genug, denn reich wurden Floßknechte nicht. „Die Lechbrucker Kinder wurden nicht selten Betteln geschickt“, sagt Kahlert. Oft gaben die Männer einen großen Teil ihres Verdienstes auch bereits auf dem Heimweg wieder aus. Die Ehefrauen liefen ihnen daher vielfach entgegen, um wenigstens noch ein paar Kreuzer zu retten.

    Das letzte Floß legte 1913 in Lechbruck ab. In der Nachbargemeinde Prem ging die Ära ein Jahr später zu Ende. Die Flöße wurden ersetzt durch Dampfschiffe und Eisenbahn. In Lechbruck siedelten sich unter anderem holzverarbeitende Betriebe an. 1830 etwa gründete der Floßmeister Michael Keller ein solches Unternehmen. Sein Nachfahre Johann Keller siedelte den Betrieb 1989 zusammen mit Jakob Knappich nach Augsburg um, wo sie Carbid erzeugten. Später entstand daraus die heutige KUKA AG. Der Betrieb in Lechbruck wurde 1903 von Alexander Wacker gepachtet. Er wollte dort ein deutschlandweit bedeutendes Werk aufbauen. Doch die bayerische Regierung lehnte wiederholt seine Anfragen zur Nutzung der Wasserkraft des Lechs ab und die Wacker-Chemiewerke wurden schließlich 1914 in Burghausen gegründet.

    Für den Ort selbst spielte der Tourismus mit der Eisenbahn-Erschließung eine immer größere Rolle. Bereits in den Jahren 1924/25 registrierte die Gemeinde 844 Übernachtungen, 1936/37 waren es über 22 000.

    Der wilde Lech wurde schließlich doch noch gebändigt und für die Stromerzeugung durch Wasserkraftwerke genutzt. Über 20 Staustufen zwischen Füssen und Augsburg ließen nur wenig von seinem ursprünglichen Verlauf übrig.

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