Wegen der Coronavirus-Fälle in Norditalien machen sich auch viele Kemptener und Oberallgäuer Sorgen, die dort ihren Urlaub verbringen möchten. In den Reisebüros der Region rufen täglich besorgte Urlauber an, die Fahrten südlich des Brenners für die nächsten Tage und Wochen gebucht haben. Berchtold-Reisen in Kempten zum Beispiel hat Anfang der Woche alle geplanten Tagesfahrten nach Mailand bis auf Weiteres abgesagt, berichtet Ingrid Schädle.
Auch Busse, die in nächster Zeit nach Monaco unterwegs sind, „fahren nicht über Mailand, sondern über den Comer See zurück ins Allgäu“, sagt die Berchtold-Mitarbeiterin. Die Mailand-Fahrten könnten kostenlos umgebucht werden. Für alle abgesagten Fahrten „bekommen die Kunden ihr Geld zurück“.
Vor allem ältere Menschen mit Vorerkrankungen und einem schwachen Immunsystem seien verunsichert und möchten lieber zu Hause bleiben, statt in den Süden zu fahren. Bis zu 20 Anrufe täglich gehen bei Berchtold ein von Kunden, „die verunsichert sind und nachfragen, ob sie stornieren oder umbuchen können“, berichtet Schädle. Rund zehn Prozent der Reisen seien in den vergangenen Tagen storniert worden. „Wer Angst hat, hat keinen Spaß zu verreisen“, sagt die Berchtold-Mitarbeiterin. Deshalb müsse jeder selbst entscheiden, ob er eine Reise antritt.
Auch Rolf Apin von Neuner Reisen in Kempten berichtet von einer großen Verunsicherung aufgrund der zahlreichen Medienberichte. Er rät: „Abwarten und sich nicht verrückt machen lassen.“ Auch die anderen Länder bemühten sich, Ansteckungen zu verhindern.
Bei Apin hätten vor allem Firmen ihre Geschäftsreisen nach China storniert. „Wir halten uns an die Informationen des Robert-Koch-Instituts und des Auswärtigen Amts“, erklärt er das Vorgehen in seinem Reisebüro. Dort ist gelistet, welche Länder und Regionen als Risikogebiete eingestuft werden. Entsprechend beraten er und sein Team ihre Kunden.
Größere Sicherheit hätten jene, die eine Pauschalreise gebucht haben. „Wenn ein Land als Risikogebiet gilt, muss der Veranstalter die Reise komplett absagen“, sagt Apin. Dann erhält der Kunde sein Geld zurück. Am Freitagnachmittag kündigten Apin zufolge einige Reiseveranstalter zudem an, dass neue Buchungen, egal wohin, in einem bestimmten Zeitraum kostenfrei storniert werden können. Quasi als kulanter Notausgang. Wer Flug und Hotel getrennt gebucht hat, müsse in der Regel mit Fluglinie und Hotel über die Storno-Gebühren diskutieren.
Viele Fragen von besorgten Anrufern muss auch Claus Rauscher, Chef vom Reisebüro Grünten in Immenstadt, beantworten. Findet die Reise statt? Was passiert, wenn die Tour abgesagt wird? Zu welchen Bedingungen kann ich stornieren oder eine Alternative zur gebuchten Reise wählen?, wollten die Anrufer wissen. Generell seien die Buchungen im Februar zurückgegangen. Die verunsicherten Urlauber würden allerdings nicht panisch reagieren. Storniert habe bisher noch kein einziger Kunde.
Wer aus Angst zu Hause bleiben möchte, der müsse entsprechende Stornogebühren zahlen. Diese könnten bis zu 90 Prozent der Reise betragen, wenn der Kunde wenige Tage vorher zurücktritt – außer es handelt es sich um ein Riskogebiet. Wer seine Reise bereits angetreten habe und in einem Hotel – wie derzeit auf Teneriffa – oder auf einem Kreuzfahrtschiff in Quarantäne komme, müsse damit rechnen, einen Teil der Reisekosten selbst zu bezahlen.
Bei „Komm mit“ in Sonthofen rufen täglich bis zu 100 Kunden an, um sich zu informieren, „welche Auswirkungen das Coronavirus auf ihre Buchungen hat“, sagt Matthias Lampe. Deshalb hat er ein Infoblatt an alle Kunden geschickt. Auch auf der Homepage des Unternehmens ist das Virus „Sars-CoV-2“ ein Thema. Lampe rät zu Besonnenheit statt Panik. Die Grippe mit vielen tausenden Toten jedes Jahr in Deutschland sei gefährlicher als das Coronavirus.
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