Den Stammtischspruch hört man oft: „Jetzt bin ich so lange in dem Laden, mich kriegen die nicht mehr raus.“ Aber Pustekuchen: Lange Betriebszugehörigkeit allein garantiert den Arbeitsplatz nicht, wissen Juristen. Wenn es hart auf hart geht, ist eine Kündigung grundsätzlich möglich – allerdings ist sie bisweilen eine Frage des Preises. Tipps zur „effektiven und ökonomischen Beendigung von Arbeitsverhältnissen“ gab kürzlich die Menz & Partner-Akademie.
Acht Personalverantwortliche ließen in dem Seminar Fälle anklingen, die sie in ihren Unternehmen erlebt hatten. Eine Angestellte hatte beispielsweise beim Einstellungsgespräch eine Schwerbehinderung verschwiegen. Als ihr später gekündigt werden sollte, machte sie ihre Sonderrechte geltend. „Puuhh, ganz schwierig“, sagte Carina Streipert, Fachanwältin für Arbeitsrecht. Tatsächlich gelte in solchen Fällen wie bei Schwangerschaften: Dazu müssten Bewerberinnen nicht die Wahrheit sagen. Bitter für Arbeitgeber: Auch die entrichteten Ausgleichsabgaben seien verloren, selbst wenn mit der Mitarbeiterin die Quote zur Anstellung von Menschen mit Behinderung erreicht gewesen wäre.
Diese Spezialfälle machten freilich nur einen geringen Anteil in der Praxis aus, berichtete Streipert. Täglich Brot seien Auseinandersetzungen wegen häufiger Fehlzeiten oder Leistungsabfall. Über Jahre könnten solche „Low Performer“ – quasi Mitarbeiter mit angezogener Handbremse – eine Firma richtig Geld kosten: „Da sollte man rechtzeitig handeln.“
In Betrieben mit weniger als zehn Mitarbeitern greife das Kündigungsschutzgesetz nicht – da sei lediglich die Kündigungsfrist zu beachten. Es müsse nicht einmal ein Grund für einen Rauswurf genannt werden. In größeren Unternehmen gelten andere Anforderungen an eine rechtmäßige Trennung von Arbeitnehmern. Fallstricke können bereits in den Formalien liegen:
ist zwingend.
muss ein Bevollmächtigter des Unternehmens.
ist ein Verweis auf die Pflicht des Arbeitnehmers, sich mit der Agentur für Arbeit in Verbindung zu setzen.
Juristen unterscheiden bei den Gründen für eine Kündigung: „Verhaltensbedingt“ könnten unentschuldigtes Fehlen oder die private Internetnutzung am Arbeitsplatz sein. „Personenbedingt“ seien Krankheit oder der Entzug der Fahrerlaubnis. „Betriebsbedingt“ kann Umsatzrückgang oder die Schließung von Betriebsteilen eine Kündigung rechtfertigen. Jeweils sind Voraussetzungen zu prüfen, „anwaltliche Beratung hat sich bewährt“, sagt die Anwältin.
Lege ein Betroffener Kündigungsschutzklage ein, sei dies aus Sicht des Arbeitgebers zunächst kein Nachteil: Verliert der Arbeitnehmer vor Gericht, endet das Arbeitsverhältnis zum vorgesehenen Zeitpunkt. In 95 Prozent aller Fälle werde in der ersten Instanz ein Vergleich geschlossen. Oft empfehle das Gericht, eine Abfindung zu zahlen. Eine Faustformel sieht zur Höhe vor: halbes Brutto-Monatsgehalt pro Jahr der Betriebszugehörigkeit.
Arbeitgeber gingen oft auf Kompromissvorschläge ein, weil das Vertrauensverhältnis meist empfindlich gestört sei. Lägen die Vorstellungen zur Höhe der Abfindung zu weit auseinander, ziehe meist auch das Argument: „Dann kommen Sie morgen wieder an Ihren Arbeitsplatz. Geld gibt’s dann aber gar keines.“ Die Erfahrung zeige, dass kaum ein Arbeitnehmer mit wehenden Fahnen in eine zweite Instanz gehe. Zu hoch sei die Belastung durch derartige Verfahren.
Mit einem weiteren Irrglauben räumte Streipert noch auf: Auch Beschäftigten im Krankenstand könne gekündigt werden.