Wenn die Kemptener Stadtkapelle nun wieder bei den Standkonzerten auf verschiedenen Plätzen aufspielt, hören die Fans eine wohlbekannte Mischung aus traditioneller Blasmusik, unterhaltsamen Stücken und auch mal sinfonisch-konzertanten Werken. Was aber wohl die wenigsten wissen: Derjenige, der das Programm zusammenstellt und dirigiert, macht dies genau 25 Jahre lang. Thomas Frasch leitet das Blasorchester seit 1997, als der damalige Kapellen-Vorsitzende Rainer Heidlas ihn vom württembergischen Munderkingen ins Allgäu holte.
Damit ist Frasch der Stadtkapelle, die heuer 125-jähriges Bestehen feiert, ähnlich treu wie seine Vorgänger Helmut Müller und Hugo Schmitt. „Die Fußstapfen von Müller waren groß“, sagt Rainer Heidlas, der langjährige Vorsitzende. „Thomas Frasch hat sie ausgefüllt.“ Bei den Wertungsspielen tritt das Orchester in der Höchststufe an. Auch bei anderen Auftritten intoniert die Kapelle fein und dynamisch.
Das Publikum mochte sich nicht so recht anfreunden mit Fraschs Faible für sinfonische Blasmusik
Anfangs war es für Frasch freilich nicht so einfach, erinnert sich Heidlas. Denn das Publikum, das eher traditionelle Blasmusik und Müllers swingende Bigband-Klänge mochte, konnte sich mit Fraschs Faible für sinfonische Blasmusik nicht so recht anfreunden – während sich die Musikerinnen und Musiker gerne mit auf den Weg machten. Frasch baute beharrlich sinfonische Werke ins Repertoire ein. Auch die Besetzung änderte der Neue damals, damit er seine Wünsche realisieren konnte. Frasch etablierte einen Saxofonsatz, sorgte für einen vierstimmig tönenden Hornsatz, holte Oboe und Fagott zu den Klarinetten, Flügelhörnern und Baritonen.
"Bierzelt muss man auch machen", sagt Thomas Frasch
Mit ein paar gezielten Fragen kann die musikalischen Vorlieben des 60-Jährigen, der mit seiner Familie in einem alten Bauernhof im Weiler Batzen lebt, kennen lernen. Sinfonische Blasmusik oder Polka? Fraschs Antwort: Sinfonische Blasmusik – weil sie mehr Gehalt hat. „Aber ich mag Traditionelles auch sehr gern.“ Konzertsaal oder Bierzelt? „Konzertsaal. Ich bin Musiker, da fühle ich mit wohl“, sagt Frasch und fügt an: „Bierzelt muss man machen, und bei der Festwoche mache ich das gern.“
Und seine Lieblingswerke? Hier muss man länger auf eine Antwort warten. „Ich mag Stücke, die einen musikalischen Gehalt haben und mit denen man Emotionen vermitteln kann.“ Werke amerikanischer Komponisten wie Alfred Reed und James Barnes könnten dies, aber auch ein Militärmarsch wie „Jubelklänge“, komponiert 1926 von Ernst Uebel. Dass solche Musik schwierig zu spielen ist, gehöre dazu. „Fordern, aber nicht überfordern“, lautet Fraschs Devise. Der Dirigent versteht sich als ruhender Pol im Orchester. „Aber manchmal muss ich auf auf den Tisch hauen.“
Corona hat Spuren in der Stadtkapelle hinterlassen
Musikalisch sozialisiert wurde er in der Stadtkapelle Munderkingen, wo der Vater Dirigent war. Frasch studierte nach der Schulzeit Trompete, fand aber bald Gefallen am Unterrichten und Dirigieren. Das Musikmachen hat ihn freilich nicht losgelassen. Vor 15 Jahren erlernte er noch den Kontrabass. Neben dem Dirigieren der Stadtkapelle (und des Jugendblasorchesters der Sing- und Musikschule) spielt er auf beiden Instrumenten in etlichen Ensembles, Orchestern und Bigbands. Auftritte sind für den Dirigenten nur die Spitze des Eisberges. In den 20 Stunden (von der Stadt bezahlter) Arbeit pro Woche ist Vieles im Verborgenen zu erledigen: Finden und Sichten von Literatur, Proben mit dem Orchester (oder Teilen davon), Gespräche führen, Organisieren. Und nun muss er auch noch Aufbauarbeit leisten. Von den einst 65 Musikerinnen und Musikern sind derzeit nur noch gut 40 dabei. Die Corona-Pandemie hat Spuren hinterlassen. Da tut ihm vielleicht das Geschenk der Stadtkapelle zum 25-Jahr-Jubiläum gut: ein Gutschein für eine Flasche Whisky. Er sei Fan von schottischem Single-Malt, sagt Frasch und lächelt.