Startseite
Icon Pfeil nach unten
Marktoberdorf
Icon Pfeil nach unten

Samurai-Schule im Allgäu: Das plant Samurai-Meister Ōtsuka Ryūnosuke in Lengenwang

Internationale Samurai-Schule

Leben wie japanische Krieger? Das plant ein Samurai-Meister im Allgäu

    • |
    • |
    • |
    Ōtsuka Ryūnosuke Taira no Masatomo ist der Sōke der 7. Generation der Samurai-Schule Hokushin Ittō-Ryū Hyōhō. Den Hauptsitz der traditionellen Schule hat er nach Lengenwang verlegt.
    Ōtsuka Ryūnosuke Taira no Masatomo ist der Sōke der 7. Generation der Samurai-Schule Hokushin Ittō-Ryū Hyōhō. Den Hauptsitz der traditionellen Schule hat er nach Lengenwang verlegt. Foto: Hokushin Ittō-Ryū Hyōhō

    An der Wand steht eine prächtige, rote Rüstung, die aus vielen kleinen Stahl-Plättchen besteht, daneben ein jahrhunderte altes Samurai-Schwert. Der Boden ist mit Tatami ausgelegt und am niedrigen Tisch stehen Stühle, die aber keine Beine haben. Ja, in der Wohnstube von Ōtsuka Ryūnosuke ist so einiges anders, als es wohl in den meisten anderen Häusern in Albisried der Fall ist. Und das hat einen bestimmten Grund: Der 33-Jährige ist Samurai-Meister und der Leiter der traditionellen Samurai-Schule Hokushin Ittō-Ryū Hyōhō. Deren Hauptsitz hat er 2016 von Tokio nach München – und jetzt 2025 nach Lengenwang verlegt. Warum? Das ist eine längere Geschichte.

    Geboren wurde er als Markus Lösch in München. „Früher wollte ich Schriftsteller werden“, erzählt er und lacht. Welchen Weg er tatsächlich irgendwann einschlagen würde, hätte er als Kind wohl niemals gedacht. Früher trainierte er englisches Langbogenschießen, musste dann aber verletzungsbedingt aufhören. So fing Ōtsuka mit den japanischen Kampfsportarten Kendō und Iaidō an. Das sind moderne Arten des ursprünglichen japanischen Schwertkampfs, wie ihn die Samurai erlernt haben. Doch das war Ōtsuka bald nicht mehr genug. „Ich wollte die komplette und authentische Tradition lernen.“ In die Art der Samurai zu leben, richtig einzutauchen, das war sein Ziel. Also wanderte er mit 18 Jahren nach Japan aus. „Wenn nicht jetzt, wann dann“, sei damals der Gedanke gewesen.

    Die Rüstungen der Samurai sehen sehr besonders aus und bestehen aus verschiedenen Materialien.
    Die Rüstungen der Samurai sehen sehr besonders aus und bestehen aus verschiedenen Materialien. Foto: Hokushin Ittō-Ryū Hyōhō

    Samurai-Tradition: In der Schule Hokushin Ittō-Ryū Hyōhō wird sie gelebt

    Die Samurai sind international bekannt, ihre Kampfkünste dienten zum Beispiel den Star Wars-Filmen als Inspiration für den Lichtschwertkampf. In Japan werden die Krieger jedoch meist „Bushi“ genannt. Früher waren sie die Elite-Krieger Japans. Sie genossen jahrhundertelang ein hohes Ansehen. Ihre Waffen, Rüstungen sowie ihre Kampfstile sind bis heute legendär. Zwischen 1869 und 1876 wurden dem Samurai-Stand allerdings alle Privilegien entzogen.

    Manche Nachfahren der berühmten Krieger erhalten die Traditionen der Samurai allerdings bis heute am Leben. So ist das auch bei der Schule Hokushin Ittō-Ryū Hyōhō. Sie wurde 1820 gegründet und war schon zehn Jahre später eine der drei berühmtesten Samurai-Schulen in ganz Japan. Sie brachte viele bekannte Persönlichkeiten hervor, die Japans Geschichte auf dem Schlachtfeld, durch Attentate oder politische Entscheidungen beeinflussten. Heute kommt die Schule auch in Filmen oder Videospielen vor, sagt Ōtsuka Ryūnosuke. Durch diese Bekanntheit erfuhr auch er schnell von der Schule und bewarb sich dort als Schüler.

    Ōtsuka Yōichirō Masanori ist der 6. Sōke der Schule Hokushin Ittō-Ryū Hyōhō. Er war der Meister von Ōtsuka Ryūnosuke Masatomo und hat ihn im Zuge der Übergabe der Schule adoptiert.
    Ōtsuka Yōichirō Masanori ist der 6. Sōke der Schule Hokushin Ittō-Ryū Hyōhō. Er war der Meister von Ōtsuka Ryūnosuke Masatomo und hat ihn im Zuge der Übergabe der Schule adoptiert. Foto: Hokushin Ittō-Ryū Hyōhō

    Deutscher Samurai-Meister Ōtsuka Ryūnosuke übernimmt die Schule

    Dabei lernte er Ōtsuka Yōichirō kennen, der frühere Leiter der Samurai-Schule. Er wurde zu seinem Meister und Mentor. Der gebürtige Oberbayer trainierte täglich zwischen sieben und zehn Stunden lang und lernte fließend Japanisch. Schnell machte er Fortschritte. Nach einigen Jahren und dem Erreichen der Meisterschaft fragte sein Meister ihn, ob er die Schule übernehmen wolle. Keine leichte Entscheidung. Um die Schule übernehmen zu können, musste Ōtsuka Ryūnosuke sich von seinem Meister adoptieren lassen und dessen Familiennamen annehmen. Das sei bei der Übergabe von Geschäften in Japan nicht ungewöhnlich, sagt er. Denn dort sei es wichtig, den Namen zu erhalten. „Das war ein ernsthafter Schritt“, sagt Ōtsuka.

    Schließlich entschied er sich dafür und übernahm die Schule im Jahr 2016. Mittlerweile ist sie international vertreten, es gibt Zweigstellen in Japan, Deutschland, Italien, Ungarn, Österreich, Polen, in der Schweiz und im Vereinigten Königreich. Den Hauptsitz hat Ōtsuka nach Deutschland verlegt. Denn in Europa sei die Nachfrage auch wesentlich höher als in Japan selbst, erzählt er. Durch Filme, Serien und Videospiele werden auch Menschen aus westlichen Ländern auf die Samurai-Tradition aufmerksam.

    Ōtsuka Eriko ist die Frau von Samurai-Meister Ōtsuka Ryūnosuke Taira no Masatomo. Durch ihn tauchte sie in die Welt der Samurai ein.
    Ōtsuka Eriko ist die Frau von Samurai-Meister Ōtsuka Ryūnosuke Taira no Masatomo. Durch ihn tauchte sie in die Welt der Samurai ein. Foto: Hokushin Ittō-Ryū Hyōhō

    Samurai-Meister Ōtsuka bringt die japanische Tradition ins Allgäu

    Vor kurzem hat Ōtsuka den Hauptsitz dann nochmals verlegt: von München nach Lengenwang. Seiner leiblichen Familie gehört die Hammerschmiede in Schwabsoien und er wollte zurück und die Gegend und in die Nähe seiner Eltern ziehen. „Zuerst haben wir mit der Gemeinde gesprochen“, sagt er. Und er bekam eine positive Rückmeldung. So kaufte er einen Bauernhof und baute ihn um. Immer mit dabei ist seine Frau, Ōtsuka Eriko. Auch sie hieß früher anders, musste aber bei der Hochzeit wie in alten Samurai-Familien üblich nicht nur ihren Nach- sondern auch ihren Vornamen ändern. Schon bevor sie ihren Mann kennenlernte, interessierte sie sich für Japan. In die Welt der Samurai tauchte sie aber erst durch ihn tiefer ein.

    In der Turnhalle in Lengenwang findet mittlerweile regelmäßig Training statt. Zudem hält Ōtsuka an Wochenenden Seminare auf dem Hof. Dafür kommen Menschen aus Japan und der ganzen Welt. Die Motivation der Schüler von Ōtsuka sind unterschiedlich: „Manche wollen einfach ein exotisches Hobby, manche wollen authentische japanische Kultur erleben, wieder andere wollen es professionell machen.“ Schwertkampf, Schwertziehen, Schwertlanzenkampf, Speerkampf, unbewaffneter Kampf und traditioneller Freikampf – all das wird gelehrt. Und noch mehr: auch Meditation, Philosophie, Hof-Etikette und geschichtliches Wissen stehen auf dem Programm.

    Das Samurai-Training findet auch in der freien Natur auf den Wiesen Lengenwangs statt.
    Das Samurai-Training findet auch in der freien Natur auf den Wiesen Lengenwangs statt. Foto: Hokushin Ittō-Ryū Hyōhō

    Samurai-Schule in Lengenwang: Das ist geplant

    Geplant hat Ōtsuka in seinem Anwesen noch viel. Den Garten will er in ein „Outdoor-Dōjō“ umgestalten, wo trainiert werden soll. Auch ein japanischer Schrein soll gebaut werden. Die alte Tenne wird ebenfalls umgebaut. Dort soll ein Dōjō entstehen sowie Meditationsräume, traditionell japanische Bäder und eine Sauna.

    Außerdem plant er japanische Straßenfeste, sogenannte Matsuri, abzuhalten. Dabei gibt es dann zum Beispiel japanisches Essen. Aber auch Leuten aus der Region will er dabei die Möglichkeit geben, ihre Produkte zu verkaufen. Denn für Ōtsuka ist die Gemeinschaft und der Respekt voreinander sehr wichtig. Schon jetzt finden an seinem Hof immer wieder Grillabende und Feiern statt, zu denen die ganze Nachbarschaft und Interessierte eingeladen ist.

    „Ich bin ein Unterstützer von Brauchtum in jeglicher Form“, sagt er. Er findet zum Beispiel auch bayerische Traditionen schön, persönlich übt er sie aber eben nicht aus. „Andere Brauchtümer zu ehren heißt nicht, dass man sein eigenes verlieren muss.“ Das sei etwas, das man auch aus der japanischen Kultur lernen könne. Bis er alle seine Pläne in die Tat umsetzen kann, wird es aber noch Zeit brauchen. „Das ist ein Großprojekt, das jetzt Stück für Stück realisiert wird.“

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare

    Um kommentieren zu können, müssen Sie angemeldet sein.

    Registrieren sie sich

    Sie haben ein Konto? Hier anmelden