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Österreich: Österreich hat ein gewaltiges Schuldenproblem

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Österreich hat ein gewaltiges Schuldenproblem

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    ÖVP-Chef Christian Stocker und der FPÖ-Vorsitzende Herbert Kickl informieren die Presse über den Stand der Koalitionsverhandlungen. Im Fokus steht der Abbau des Schuldenberges.
    ÖVP-Chef Christian Stocker und der FPÖ-Vorsitzende Herbert Kickl informieren die Presse über den Stand der Koalitionsverhandlungen. Im Fokus steht der Abbau des Schuldenberges. Foto: Helmut Fohringer, APA, dpa

    Wieder hat Österreich mit einem Superlativ aufzuwarten: Mit rund 18 Milliarden Euro klafft im Staatshaushalt der Alpenrepublik ein so großes Budgetloch wie noch nie zuvor. Dem Land droht ein EU-Defizit-Verfahren. Genau dies, das ist seit Anfang der Woche klar, wollen die FPÖ und ÖVP, die gerade über eine Regierungskoalition verhandeln, auf jeden Fall vermeiden. Ein Maßnahmenpaket zu möglichen Einsparungen liegt bereits in Brüssel vor. Ob das ausreicht, Wien das Defizit-Verfahren zu ersparen, wird sich in Kürze entscheiden. Fest steht: Auf die Österreicher kommen magere Zeiten zu. Über das ganze Ausmaß des Schuldenbergs ließ vor allem der letzte Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) das Land vor der letzten Nationalratswahl im Unklaren – seit kurzem fungiert Brunner in Brüssel als EU-Migrationskommissar.

    Woher kommen die rund 18 Milliarden Euro, die dem österreichischen Staatshaushalt fehlen? Die Ausgaben-Politik während der Corona-Pandemie, das von Ex-Kanzler Sebastian Kurz ausgegebene Motto „koste es, was es wolle“ sei allerdings nur ein Teil des Schuldenbergs, sagt Oliver Picek. Der Chefökonom des gewerkschaftsnahen „Momentum Instituts“ in Wien nennt drei Faktoren, die im Zusammenspiel die Verschuldungssituation ausgemacht hätten. Steuersenkungen, massive Ausgaben während der Pandemie und der Teuerungs- bzw. Inflationskrise – und nicht zuletzt ein Einbruch der Konjunktur.

    Schon vor der Corona-Pandemie wurden die Einnahmen des Staates reduziert

    Schon vor der Pandemie, rekapituliert Picek im Gespräch mit unserer Redaktion, hätte die ÖVP-geführte Regierung die Einnahmen reduziert: So sei etwa die Körperschaftssteuer schon vor 2020 gesenkt und gleichzeitig die Kalte Progression, also der schleichende Rückfluss von Lohnerhöhungen über die Einkommenssteuern, abgeschafft worden. Dann kam Corona, und damit massive öffentliche Leistungen, um Wirtschaft und Gastronomie zu stützen. „Man hat also gleichzeitig die Steuern gesenkt, und die Ausgaben hinaufgefahren“, sagt der Ökonom. Und: „Das war also schon eine Umverteilung vom Staat an die Unternehmen.“ Als nur ein Beispiel nennt Picek die Möbelbranche: Die sei zwar in den ersten Lockdowns einige Monate heruntergefahren worden, danach aber hätten viele Österreicher in der Pandemie Einrichtungs- und Möbelhäuser oder Gartencenter gestürmt: „Übers Jahr gerechnet hatten solche großen Betriebe keinerlei Verluste, und holten sich über Kurzarbeit oder den damaligen Fixkostenzuschuss sowie ähnliches zahlreiche Fördergelder.“ Gerade nach diesen Jahren hätte eine Erhöhung der Körperschaftssteuer für einen dringend nötigen Rückfluss von der Wirtschaft in die Staatskasse sorgen müssen, sagt Picek.

    Diese Politik habe man in der nach Corona folgenden Teuerungskrise, nach dem Angriffskrieg Russlands und in der Energiekrise, weiter gefahren, sagt der Ökonom und nennt etwa die Senkung der Energiesteuern nach Russlands Überfall auf die Ukraine. „Umgekehrt gab es die größten Brocken der Ausgaben während der Teuerungskrise für Unternehmen, es gab Zuschüsse, die alles andere als treffsicher waren, und die die beiden letzten Finanzminister nicht mehr abwehren konnten, oder wollten.“

    Die Rezession verschärft die Situation zusätzlich

    Fatal auf die Staatseinnahmen würde sich nun die herrschende Rezession auswirken. Tatsächlich waren noch bis vor wenigen Monaten zahlreiche Wirtschaftsforscher davon ausgegangen, dass sich das Defizit in den kommenden Jahren um die drei Prozent bewegen würde. Durch die schlechte Wirtschaftslage würde sich die Steuerpolitik der letzten Jahre nun fatal auswirken. Während in früheren Jahren, wenn gespart werden musste, etwa wegen den Vorgaben aus Brüssel, große Summen durch die Kalte Progression wieder zurück in den Staatshaushalt gespült worden seien, würden nun diese Einnahmen fehlen, sagt Picek: „Und man hat sich eben nicht nach Ersatz für diese Einnahmen umgesehen, etwa über Vermögens- oder Erbschaftssteuern.“

    Am Donnerstag stellten FPÖ- und ÖVP-Verhandler erstmals Details vor, wie nun gespart werden soll: Der Plan der kommenden Regierung sieht etwa eine Streichung des Klima-Bonus vor, der für eine Rückverteilung der CO2-Steuern in Österreich an die Bevölkerung gesorgt hatte. Abgeschafft werden sollen Förderungen im Klimabereich, auch die Möglichkeit einer Bildungskarenz soll gestrichen werden, ebenso die Möglichkeit für Arbeitslose, geringfügig dazuverdienen zu dürfen. Das soll in Summe 3,2 Milliarden Euro bringen. Etwas über eine Milliarde sollen die Ministerien einsparen, etwa durch Kürzung von Inseraten in Medien. Teurer werden sollen in Österreich zudem Tabak, Glücksspiel, neue Reisepässe und der Führerschein. Allein im laufenden Jahr will die neu zu bildende Regierung so rund 6,4 Milliarden Euro einsparen. 

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