Wer wird Kanzlerkandidat der Union? Seit Sonntag steht fest: Sowohl Markus Söder als auch Armin Laschet wären bereit dafür. Die Situation ist für die Union nicht ganz unproblematisch, erinnert sie doch an 1979 und die Entscheidung der Union zugunsten Franz Josef Strauß.
Auch aus der Politik gibt es nun die ersten Stimmen zum Wettrennen "Söder gegen Laschet". Wenig überraschend gibt es aus Bayern Zuspruch für Söder:
- Zunächst äußerte sich Markus Söder selbst zum Sachverhalt - auch mit Blick auf die Vergangenheit: ""Wir sind nicht Helmut Kohl und Franz Josef Strauß. Schon optisch nicht. Auch inhaltlich nicht. Wir haben keine Grundsatzstreitigkeiten."
- Der Chef der CSU-Landtagfraktion in Bayern, Thomas Kreuzer, hält seinen Parteichef Markus Söder für den bestmöglichen Unionskanzlerkandidaten. "Ich begrüße ausdrücklich, dass Markus Söder erklärt hat, dass er als Kanzlerkandidat zur Verfügung steht. Ich halte ihn nicht nur für geeignet, sondern für den besten Kandidaten von CDU und CSU und bin mir aufgrund seiner langjährigen politischen Erfahrung sicher, dass er ein hervorragender Kanzler der Bundesrepublik Deutschland wäre", sagte Kreuzer am Sonntag in München.
- "Markus Söder ist ein sehr starker Ministerpräsident, und er wäre ein sehr starker Bundeskanzler", sagte Bayerns Finanzminister Albert Füracker, der zugleich auch CSU-Bezirksvorsitzender in der Oberpfalz ist. Die Union müsse geschlossen auftreten. "Nur gemeinsam können wir diese schwierige Wahl gewinnen. Ich bin mir sicher, dass wir mit Markus Söder zu einem sehr guten Ergebnis kommen würden." Söders sei ein hervorragender Ministerpräsident mit sehr guten Umfragewerten.
- Den Grünen liegt nach Worten ihres Vorsitzenden Robert Habeck nichts an Streitigkeiten bei CDU und CSU um die Kanzlerkandidaten-Frage. "Wir brauchen eine handlungsfähige konservative Partei in Deutschland", sagte Habeck am Montag in Berlin. "Deshalb haben wir kein Interesse am Versinken der Union in ihren eigenen Querelen." Für eine richtungweisende Auseinandersetzung brauche es eine konservative Partei, die wisse, wer sie sei. "Das Gefühl hatte man in den letzten Tagen nicht mehr." Habeck sagte, er wolle keine Wahlempfehlungen oder -wünsche entweder für CSU-Chef Markus Söder oder CDU-Chef Armin Laschet aussprechen. "Das ist Sache der Union", betonte er. "Sie wissen, dass wir es nehmen, wie es kommt."
Zeitgleich äußerte sich die deutsche Presse zur Situation der CDU/CSU:
- Augsburger Allgemeine: "Auch wenn seine Umfragewerte glänzend sein mögen, ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich die Union am Ende hinter seinen Herausforderer Armin Laschet stellt, geradezu gigantisch. Dass die CDU ihrem eigenen Vorsitzenden eine öffentliche Niederlage zufügt, ist nicht zu erwarten. Die Regel lautet: Wenn Laschet will, dann wird er auch Kanzlerkandidat - ganz egal, was die kleine Schwester CSU sagt. Würde die gebrochen, kann die Partei gleich wieder mit der Suche nach einem neuen Chef beginnen und die gerade erst verheilten Wunden würden schmerzhafter denn je aufreißen. " Einen ausführlichen Kommentar lesen Sie hier.
- Süddeutsche Zeitung: "Wenn Söder tatsächlich Kanzlerkandidat werden sollte, würde das die Tektonik der CDU gefährden. Der frischgewählte Parteichef wäre wenige Wochen nach seiner Wahl schon wieder desavouiert, weil er sich nicht gegen Söder hat durchsetzen können. Auch Laschets Renommee als Ministerpräsident in Nordrhein-Westfalen wäre gefährdet - die CDU liefe Gefahr, das Land bei der nächsten Wahl zu verlieren. Und wie soll - gesetzt den Fall, Söder würde Kanzler - eine Bundesregierung funktionieren, in der der Chef der kleinsten Koalitionspartei die Regierung anführt? Dafür bräuchte es mehr diplomatisches Geschick als es die Kanzlerin nach 16 Jahren im Amt hat."
- Münchner Merkur: "Es sieht so aus, als ginge Söder mit seiner Ankündigung groß ins Risiko. Doch für ihn ist das gut kalkulierbar. Er wird jetzt kämpfen um die Kandidatur, er wird Klassenunterschiede zu Laschet aufzeigen. Entweder genügt das - oder er bringt sich damit zumindest in die Lage, sich einen Verzicht auf eine eigene Kandidatur teuer abkaufen zu lassen - Posten, Zusagen, Loyalitäten. Laschet ist es, der um seine politische Existenz fürchten muss: Verliert er im Herbst die Wahl gegen die Grünen, ist er erledigt, in Berlin wie daheim in NRW. Dann wird Söder genüsslich verbreiten, dass man mit zweitbesten Bewerbern eben nur zweitklassige Ergebnisse holt. Für 2025, spätestens, würden die Karten dann ganz neu gemischt."
- Frankfurter Allgemeine Zeitung: "Von Armin Laschet war immer schon klar, dass er Kanzlerkandidat werden wollte. Deshalb hatte er um den Parteivorsitz gekämpft und wäre nicht gewählt worden, wenn es nicht von ihm erwartet worden wäre. Aber Söder? Er hatte sich nie so deutlich erklärt wie am Sonntag nach der Klausur des geschäftsführenden Fraktionsvorstands: "Ich bin bereit." Ihm blieb auch nichts anderes mehr übrig. Viel zu lange hatte er CDU und CSU mit vagen Andeutungen auf die Folter gespannt. Hätte er sich jetzt einfach mit einem "Mach's du, Armin" aus dem Rennen verabschiedet, wäre Söder als selbstverliebter Spieler in die Parteigeschichte eingegangen. Zum ersten Mal aber deutete Söder auch an, unter welchen Umständen er nachgeben will. Sollte sich die CDU-Führung hinter Laschet scharen, beuge er sich der Schwesterpartei."
- Stuttgarter Nachrichten: "Nun ist die Katze aus dem Sack: Nach Monaten voller Andeutungen und Symbolbildern hat CSU-Chef Markus Söder nun auch ganz offiziell erklärt, Kanzlerkandidat der Union und damit auch der Bundeskanzler nach Angela Merkel werden zu wollen. Doch noch immer ist unklar, wie das nun offiziell bestätigte Duell zwischen ihm und CDU-Chef Armin Laschet entschieden werden soll. Die Union weiß, dass sie Tempo machen muss: Einerseits gilt es, dem eigenen Abwärtstrend zumindest mit der Klärung der offenen Führungsfrage entgegenzuwirken. Anderseits braucht es die politische Kraft zurzeit eigentlich für etwas ganz Anderes, nämlich den Kampf gegen das sich rasant ausbreitende Coronavirus. Der unionsinterne Machtkampf hat schon zu viel Energie verschlungen. Das Duell braucht schnell einen Sieger."
- Neue Osnabrücker Zeitung: "Söder und Laschet können beide Kanzler. Wer ein großes Bundesland führt wie die beiden, der kommt auch im Kanzleramt zurecht. Es geht allerdings bei der K-Frage nicht ums Können, sondern um die besten Erfolgsaussichten. Und da kann es eigentlich keinen Zweifel geben, mit wem die Union die meisten Stimmen holen und sich als klare Nummer eins vor den Grünen halten könnte: Markus Söder. In der Unionsfraktion bangen viele Abgeordnete um ihre Wiederwahl, sollte Laschet dennoch antreten wollen und das erwartet schlechte Ergebnis holen. Deshalb werden Fraktion und Parteivorstand versuchen, einen Weg zu finden, wie er mit möglichst wenig Gesichtsverlust die Rolle rückwärts schafft. Ansonsten könnten die Schwarzen bei der Wahl ihr grünes Wunder erleben und mit Laschet nur den Vizekanzler stellen."
Dieser Artikel wird laufend aktualisiert.
Lesen Sie auch: Sechs Gründe, warum Armin Laschet wohl nächster Kanzlerkandidat der Union wird