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Chaos um die K-Frage in der Union: Eine maximale Blamage

Kommentar

Das Chaos in der Union ist eine maximale Blamage für CDU und CSU

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    So groß die Häme der Union für die Kandidatenfindung bei der SPD war, so groß war das Chaos um die K-Frage bei der CDU/CSU selbst.
    So groß die Häme der Union für die Kandidatenfindung bei der SPD war, so groß war das Chaos um die K-Frage bei der CDU/CSU selbst. Foto: Michael Kappeler, dpa

    Was hatten sie bei der Union gelästert, als sich die SPD im Herbst 2019 über mehrere Regionalkonferenzen zwei neue Parteivorsitzende wählte. Die Häme bei den Schwarzen über die vermeintliche Unentschlossenheit der Roten bei der Personalfindung war riesengroß. Heute wissen wir: Hochmut kommt vor dem Fall. Was sich die Vorsitzenden von CDU und CSU, Armin Laschet und Markus Söder, dieser Tage leisten, ist die maximale Blamage. Beide haben die Union einer Zerreißprobe ausgesetzt, die die letzte große Volkspartei gerade in einen Abwärtsstrudel zieht.

    Selbst wenn es in den nächsten Tagen zu einer Einigung kommen sollte - der Schaden ist bereits eingetreten und er ist dauerhaft. Wieso sollen Wähler in Zukunft Vertrauen in eine Union haben, in der der CSU-Vorsitzende Wortbruch begangen und versucht hat, sich quasi an die Macht zu putschen? Denn das hat Markus Söder getan, auch wenn er selbst es abstreitet. Der Bayer hatte erst erklärt, sich dem Meinungsbild der CDU-Spitze zu beugen. Als die anders entschied, als er es sich gewünscht hatte, wollte Söder nicht mehr zu seinem Wort stehen. Um dann am Montag mit großen Augen so zu tun, als ob er nie auf etwas anderes gewartet habe als ein eindeutiges Votum der CDU-Führung. Wer vom Corona-Management in Bund und Ländern schon genervt war, wird sich in seiner Politikverdrossenheit durch solch ein Verhalten bestätigt sehen.

    Markus Söder stürzte die Union ins Chaos

    Mit seinem Verhalten stürzte Söder die Union ins Chaos, aber damit ist er nicht der allein Verantwortliche. Denn Armin Laschet ist in diesem rücksichtslosen Machtspiel zweier Männer kein Opfer, sondern Mittäter. Er hätte entweder viel früher schon auf das absehbare Votum in CDU und CSU reagieren und klein beigeben müssen. Oder aber auf den Tisch hauen und sich behaupten müssen. Er unterließ beides und versuchte, Zeit zu gewinnen.

    Nach seinem Abitur studiert Laschet Rechts- und Staatswissenschaften an den Universitäten München und Bonn. Von 1987 bis 1994 ist er als Journalist tätig. Von 1994 bis 1998 ist er Mitglied des Deutschen Bundestags und von 1995 bis 1999 Leiter und Geschäftsführer eines Verlagsunternehmens. Auf dem Foto ist der Politiker im Januar 2015 in seinem Büro im Landtag in Düsseldorf zu sehen.
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    Armin Laschet möchte auf Angela Merkel folgen und der nächste Bundeskanzler werden. In der CDU hat der gebürtige Aachener schon einige Stationen durchlaufen.

    Dass der CDU-Vorsitzende Laschet nicht bereits in der vergangenen Woche einen Beschluss seiner Parteispitze erzwang, sondern lediglich ein Meinungsbild abforderte, war sein erster Fehler. Sein zweiter Fehler war, dass er es an diesem Montag noch einmal mit einem Votum versuchte und sein dritter, dass er die Sitzung miserabel vorbereitete.

    Kurz vor Mitternacht etwa diskutierte die Runde erregt darüber, ob man abstimmen wolle – und darüber, wer überhaupt abstimmungsberechtigt sei. Dann stellte sich heraus, dass einige der Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Videokonferenz nicht über die notwenigen technischen Voraussetzungen für eine digitale Abstimmung verfügten. Dabei hätte es Laschet durchaus besser wissen können. Er wurde schließlich auf dem ersten digitalen Parteitag der CDU zum Vorsitzenden gewählt. Eine Veranstaltung, die nach Einschätzung vieler Beobachter von CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak nahezu perfekt vorbereitet worden war.

    Akzeptiert Markus Söder das Votum des CDU-Vorstands?

    Am Ende versuchte es Laschet mit der Methode Merkel. Die Kanzlerin verhandelt gerne viele Stunden hintereinander, treibt die Teilnehmer in die Erschöpfung und zwingt ihnen Entscheidungen ab, die nicht mehr dem ursprünglichen Willen, sondern nur noch dem Bedürfnis nach Schlaf folgen. Laschet bekam eine halbe Stunde nach Mitternacht so noch seinen Willen: Von 46 Stimmberechtigten votierten 31 für ihn als Kanzlerkandidat, Markus Söder erhielt neun Stimmen, es gab sechs Enthaltungen.

    Markus Söder wird am 5. Januar 1967 in Nürnberg geboren. Er beginnt seine politische Karriere bereits mit 16 Jahren, 1983 wird er Mitglied der CSU. Das Foto wurde im Januar 1999 aufgenommen.
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    Markus Söder ist seit 1983 politisch aktiv und aktuell Bayerischer Ministerpräsident. Seine Karriere in Bildern.

    Ob Söder das nun akzeptieren wird oder sich doch noch wieder ein Schlupfloch sucht? Ob die Basis das Ergebnis annimmt, ob die Unions-Bundestagsfraktion mitzieht? Dieser Dienstag wird es zeigen. Es bleibt jedoch der fade Beigeschmack. Denn Führungsstärke, die Kraft zu einen, diplomatisches (auch organisatorisches) Geschick, Machtinstinkt – das sind Dinge, die ein Kanzler oder eine Kanzlerin in Deutschland mitbringen muss. Weder Laschet noch Söder haben bei der Suche nach einem geeigneten Kanzlerkandidaten bisher gezeigt, dass sie über diese Eigenschaften verfügen.

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