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Impfen oder nicht? Das Dilemma der Schwangeren

Corona-Impfung

Impfen oder nicht? Das Dilemma der Schwangeren

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    Die Ständige Impfkommission hat bislang keine Empfehlung für die Impfung von Schwangeren gegen das Coronavirus gegeben.
    Die Ständige Impfkommission hat bislang keine Empfehlung für die Impfung von Schwangeren gegen das Coronavirus gegeben. Foto: Maurizio Gambarini, dpa (Symbolbild)

    Sollen sich schwangere Frauen gegen Corona impfen lassen? Bislang gibt es vonseiten der Ständigen Impfkommission des Robert Koch-Instituts dafür keine Empfehlung. Das liegt auch daran, dass es hierzulande bislang nur limitierte Daten zum Einsatz der Impfstoffe in der Schwangerschaft gibt.

    Im Ausland allerdings wurden zuletzt mehrere Studien veröffentlicht, die das Thema Impfung und Schwangerschaft untersuchen und die zu dem Schluss kommen, dass schwangere Frauen mit erhöhter Wahrscheinlichkeit schwer an Covid-19 erkranken.

    Virusvarianten lassen Schwangere vermutlich schwerer an Corona erkranken

    Neue Erkenntnisse liefert seit Kurzem eine Studie der Universität Oxford. Insgesamt wurden die Daten von 3371 schwangeren Frauen ausgewertet, die vom Beginn der Pandemie bis zum 11. Juli dieses Jahres im Vereinigten Königreich mit Corona-Symptomen ins Krankenhaus aufgenommen wurden.

    Die Studie des Forscherteams kommt zu dem Ergebnis, dass besonders die neuen Varianten des Virus, Alpha und Delta, den Krankheitsverlauf verändern. Diese lassen demnach Schwangere schwerer erkranken, außerdem werden die sogenannten Schwangerschaftsoutcomes verschlechtert. Unter diesem übergeordneten Begriff werden sämtliche Komplikationen zusammengefasst, die in Verbindung mit einer Geburt stehen – beispielsweise Frühgeburten, Kaiserschnitte und das Risiko, dass Kinder krank zur Welt kommen. Laut der Oxford-Studie mussten Kinder, die geboren wurden, während die Alpha-Variante vorherrschte, häufiger stationär auf einer Neugeborenenstation behandelt werden als während der ersten Welle.

    Die hohe Nachfrage nach dem Corona-Vakzin Spikevax hat dem US-Impfstoffhersteller Moderna zu schwarzen Zahlen verholfen. Der mRNA-Impfstoff Spikevax wirkt den Untersuchungen zufolge mindestens ebenso gut wie das Mittel von Biontech.
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    Auch Christian Dannecker, Direktor der Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe am Universitätsklinikum Augsburg macht diese Beobachtung: "Wir stellen fest, dass die Kinder corona-infizierter Schwangerer häufiger auf die Intensivstation verlegt werden müssen."

    Dannecker und sein Team haben während der Corona-Pandemie an der Universitätsklinik infizierte Schwangere auch mit schwersten Verläufen betreut. Er bestätigt bisherige Studien-Ergebnisse: "Mit Corona infizierte Schwangere haben ein deutlich erhöhtes Risiko für eine Frühgeburt, Totgeburt und auch ein erhöhtes Risiko, selbst schwer zu erkranken oder sogar zu versterben." Auch die Risiken für Schwangerschaftserkrankungen wie Schwangerschaftsbluthochdruck, Thrombosen und Embolien seien erhöht.

    Dannecker betont allerdings auch, dass die meisten Schwangeren von ihrer Infektion gar nichts mitbekommen und die absoluten Zahlen schwer erkrankter Schwangerer sehr niedrig seien. "Aber von denen, die symptomatisch werden, hat jede fünfte der in Deutschland erfassten infizierten Schwangeren eine Atemunterstützung gebraucht, eine von zehn sogar die ECMO."

    US-Gesundheitsbehörde CDC empfiehlt schwangeren und stillenden Frauen Impfung gegen das Coronavirus

    Für die Oxford-Studie wurden auch die Impfdaten der Schwangeren ab dem 1. Februar 2021 erhoben. Seitdem wurden 742 Frauen mit Corona-Symptomen ins Krankenhaus aufgenommen, lediglich vier davon hatten bereits die erste Dosis eines Impfstoffs gegen das Virus erhalten. Keine der Frauen war doppelt geimpft. 99 Prozent der Schwangeren, die ins Krankenhaus eingewiesen werden mussten, waren laut der Studie nicht geimpft. "Die Daten geben einen Hinweis darauf, dass doppelt geimpfte Schwangere offensichtlich nicht betroffen sind", bestätigt Dannecker. Er empfiehlt deshalb die Impfung Schwangerer "auf Basis der Daten, die bisher vorhanden sind".

    Damit schließt er sich Christian Albring, Präsident des Berufsverbandes der Frauenärzte in Deutschland, an. Albring sagt: "Gerade da die inzwischen verbreitete Delta-Variante nach internationalen Berichten mit einer hohen Infektiosität und mit einer erhöhten Erkrankungsrate auch bei Schwangeren einhergeht, ist nach Ansicht der Gynäkologenverbände eine Impfung vor und in der Schwangerschaft sowie im Wochenbett und in der Stillzeit sinnvoll."

    Auch die US-Gesundheitsbehörde CDC empfiehlt seit Anfang August schwangeren und stillenden Frauen sowie denen, die demnächst schwanger werden wollen, die Impfung gegen das Coronavirus. Für eine vorläufige Studie wurden knapp 2500 Schwangere untersucht, die vor oder in den ersten 20 Wochen der Schwangerschaft einen mRNA-Impfstoff der Hersteller Moderna oder Pfizer/Biontech erhalten hatten. Es zeigte sich, dass die Impfung das Risiko einer Fehlgeburt nicht erhöhte.

    Ständige Impfkommission gibt Ende August neue Einschätzung zur Corona-Impfung von Schwangeren

    Die Ständige Impfkommission in Deutschland wartet mit ihrer Einschätzung ab und möchte sich Ende August erneut zur Impfung Schwangerer äußern. Auf Anfrage unserer Redaktion erklärt das Robert Koch-Institut, dass die derzeit vorliegenden Daten für eine Covid-19-Impfung in der Schwangerschaft systematisch aufgearbeitet würden: "Im Mittelpunkt stehen dabei die Sicherheit und Wirksamkeit der Impfstoffe gegen Covid-19 für die Schwangere und das ungeborene Kind, sowie die Erkenntnisse zu Einflussfaktoren auf einen möglichen schweren Verlauf bei Covid-19-Erkrankung in der Schwangerschaft."

    Christian Dannecker versteht das Abwarten der Ständigen Impfkommission, denn "eine Empfehlung der Stiko hat eine sehr große Tragweite." Das bedeute jedoch nicht, dass Politikerinnen, Politiker und Verbände in der Zwischenzeit nicht zu einer anderen Einschätzung kommen könnten – in diesem Fall zu der für die Impfung von Schwangeren.

    Ärztinnen und Ärzte, die den Erkenntnissen der Studien folgen und Schwangere impfen, sind mittlerweile durch das Infektionsschutzgesetz abgesichert. Im Falle eines Rechtsstreits im Anschluss an eine von ihnen durchgeführte Impfung sind sie rechtlich durch den Staat abgesichert. Das gilt, obwohl es vonseiten der Ständigen Impfkommission noch keine Empfehlung für die generelle Impfung Schwangerer gibt.

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