Aus der Kapelle dringt Gesang. Ungefähr 60 Menschen sitzen in den Bänken und beten den Rosenkranz für den verstorbenen Papst. „Ave Maria, piena di grazia, il signore è con te.“ Vorne auf dem Altar leuchten sechs Kerzen, darüber prangt Roms inzwischen berühmteste Ikone, die Maria Salus Populi Romani. Zu Lebzeiten war sie das liebste Heiligenbild von Papst Franziskus, vor und nach jeder Auslandsreise kam der Argentinier hierher zum Beten, auch nach seinem letzten Krankenhausaufenthalt.
126 Mal hat Franziskus hier gebetet
„Franziskus kam ingesamt 126 mal“, sagt Rolandas Makrickas, der Erzpriester und außerordentliche Kommissar der Basilika Santa Maria Maggiore. Sie ist die kleinste und schönste der vier Basiliken Roms. Hier wird Franziskus am Samstag nach der Begräbnisfeier auf dem Petersplatz beerdigt werden. So hat er es in seinem Testament verfügt. Wer die Paolinische Kapelle mit der Ikone der Muttergottes verlässt, kommt rechter Hand an zwei Beichtstühlen vorbei. Menschenschlangen haben sich hier gebildet. Rom ist im Ausnahmezustand, Ostern, Heiliges Jahr und jetzt auch der Tod des Papstes und das kommende Konklave fallen zusammen.
Die Basilika ist voller Menschen, manche von ihnen wundern sich über den Verschlag aus Sperrholz neben den Beichtstühlen. Andere machen Selfies. Hinter dem Verschlag befindet sich das zukünftige Grab des Papstes.

Kardinal Makrickas aus Litauen steht vor der Basilika und gibt Interviews. „Franziskus wollte ein simples Grab haben“, sagt der 53-Jährige, der unter Franziskus rasant Karriere gemacht hat. 2023 ernannte ihn der Papst zum Erzbischof, 2024 zum Kardinal. „Auf dem Grab wird nur sein Name, Franciscus, stehen sowie sein Kreuz, das er auf der Brust trug, in einer größeren Version“, erklärt der Erzpriester. Der Grabstein in der Wand sei aus ligurischem Marmor, der Heimat der Vorfahren Jorge Bergoglios. Makrickas wird als einziger persönlich im Testament des Papstes genannt. Denn die Tatsache, dass Franziskus in Santa Maria Maggiore, im multikulturellen Bahnhofsviertel Esquilino, begraben werden will, hat auch mit dem Litauer zu tun.
Es begann mit einer Begegnung im Jahr 2022
„Alles hat bei unserer Begegnung im Mai 2022 begonnen“, sagt Makrickas. Es ging um Renovierungsarbeiten in der Paolinischen Kapelle und Makrickas fragte den Papst bei dieser Gelegenheit, ob er angesichts seiner vielen Besuche in der Basilika gedenke, hier auch begraben zu werden. Franziskus antwortete, die Päpste würden in Sankt Peter begraben. „Aber eine Woche später rief er mich an und sagte: ,Die Muttergottes hat mir gesagt, ich solle mein Grab vorbereiten. Finde einen Platz für mich, denn ich will in Santa Maria Maggiore begraben werden, du warst ein kleiner Prophet!‘“ Das Grab ist fertig. Laut Testament hat ein anonymer Spender die Kosten bezahlt. „Auch ich kenne ihn nicht“, sagt Makrickas. Wahrscheinlich werde der Wohltäter aber an der Beerdigung teilnehmen. „Franziskus hat mir nur gesagt, dass es jemanden gibt, dem an dieser Geste liegt.“
Warum aber hatte Franziskus so eine enge Beziehung zur Basilika? „Das hat mit der jesuitischen Tradition zu tun“, erklärt der Kardinal. Auf ihren Missionsreisen hätten die Jesuiten häufig die Ikone der Maria Salus Populi Romani als Bild dabei gehabt, auch der argentinische Papst stand in dieser jesuitischen Marientradition. „Das hat Franziskus geprägt“, sagt Makrickas. Die Einfachheit der Ikone mit Muttergottes und Jesuskind hätte den Papst stark berührt, deshalb sei er so häufig zum Gebet hierhergekommen. Die Menschenschlangen vor der Kirche seien nicht nur auf das Heilige Jahr zurückzuführen, sondern auf die Devotion des Papstes: „Die Menschen haben gesehen, wie der Papst hier gebetet hat, deswegen kommen sie.“

Am Samstag nach der Begräbnisfeier auf dem Petersplatz wird der Leichnam in einer großen Prozession nach Santa Maria Maggiore transportiert. „Ich erwarte, dass sehr viele Römer und Pilger dabei sein werden“, sagt der Kardinal. Das Begräbnis in Santa Maria Maggiore wird nicht öffentlich sein, sondern im privaten Rahmen stattfinden. Makrickas ist nun auch in den täglichen Beratungen der Kardinäle und im Konklave gefragt, er wählt den Papst mit. „Ich möchte weder einen Modernisierer noch einen Konservativen, ich möchte einen Papst des Gebets“, sagt der Kardinal. Dass die Wahl auf ihn fällt, ist so gut wie ausgeschlossen. Makrickas ist erst 53 Jahre alt und damit einer der Jüngsten im Konklave. Einen Papst, der möglicherweise 30 Jahre oder länger im Amt wäre, wollen sich die Kardinäle höchstwahrscheinlich nicht zumuten.
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