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30 Jahre Pflegeversicherung: Diesen Fehler gibt es von Anfang an

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30 Jahre Pflegeversicherung: Diesen Fehler gibt es von Anfang an

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    Zum 30. Geburtstag der Pflegeversicherung ist Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) nur zu 90 Prozent zufrieden.
    Zum 30. Geburtstag der Pflegeversicherung ist Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) nur zu 90 Prozent zufrieden. Foto: Christoph Soeder, dpa (Archivbild)

    Die Pflegeversicherung war in den vergangenen Monaten und Wochen immer wieder Thema. Die Kritik: Finanzierungsprobleme, Personalmangel bei rapide steigenden Pflegefallzahlen und eine zu große finanzielle Belastung pflegebedürftiger Menschen. Rufe nach einer umfassenden Pflegereform wurden immer lauter. In der Politik ist die Pflege nun auch zum Wahlkampfthema geworden. In ihren Wahlprogrammen zur vorgezogenen Bundestagswahl am 23. Februar 2025 stellen die verschiedenen Parteien ihre Forderungen für die Pflege vor. Übergreifendes Thema ist dabei unter anderem die Entlastung Pflegebedürftiger und ihrer Angehörigen.

    Genau in diesem Punkt sieht Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach einen Konstruktionsfehler, der seit der Einführung der Pflegeversicherung vor 30 Jahren besteht. Zum Pflegekassen-Geburtstag zeigte sich der SPDler im Interview mit NRD Info trotzdem zu 90 Prozent zufrieden. Welche Kritikpunkte er geäußert und welche Erklärungen er geliefert hat, lesen Sie hier.

    Pflegeversicherung und Eigenanteil: Wird Pflege wieder zum Armutsrisiko?

    Die Pflegeversicherung wurde laut dem Bundesgesundheitsministerium (BMG) am 1. Januar 1995 als eigenständiger Zweig und fünfte Säule der Sozialversicherung eingeführt. Sie gilt als Pflichtversicherung und ist an die gesetzlichen wie privaten Krankenversicherungen angeschlossen. Wer jetzt aufgrund eines Unfalls, einer Erkrankung oder im Alter pflegebedürftig wird, kann Leistungen der Pflegeversicherung beziehen. Dadurch wird zumindest ein Teil der entstehenden Kosten abgedeckt.

    Vor 1995 war das nicht so. „Damals war Pflege oft ein Armutsrisiko. Der Mensch, der pflegebedürftig war und keine Verwandten hatte, die ihn pflegen konnten, der musste sich Pflege kaufen und dafür oft alles, was er hatte, abgeben“, erklärt Lauterbach im NRD Info-Gespräch. Nach 30 Jahren Pflegeversicherung laufen aus Sicht des Bundesgesundheitsministers „90 Prozent gut“. Ein paar Probleme gibt es aber doch – zum Beispiel den Eigenanteil.

    Die Versorgung in einem Pflegeheim galt schon damals als die teuerste Pflegeform. Die vollstationäre Pflege wurde ab 1. Juli 1996 als Leistung der Pflegeversicherung eingeführt. Damals übernahm die Kasse laut dem BMG bei Pflegestufe 1 bis zu 2000 Deutsche Mark (DM) pro Monat, bei Pflegestufe 2 bis zu 2500 DM und bei Pflegestufe 3 bis zu 2800 DM – in Härtefällen wurden bis zu 3300 DM übernommen. Die durchschnittlichen Kosten im Pflegeheim schwankten zwischen 3250 DM und 6300 DM. Schon damals mussten Pflegebedürftige einen Eigenanteil leisten und die Kosten für Unterkunft und Verpflegung selbst tragen.

    Das ist auch heute noch so, allerdings steigt der Eigenanteil trotz der 2022 eingeführten Leistungszuschüsse Jahr für Jahr an. Einer aktuellen Auswertung des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) zufolge lagen die durchschnittlichen Gesamtkosten für einen Platz im Pflegeheim Ende 2024 bei 4701 Euro. Abzüglich der Leistungen der Pflegeversicherung mussten Pflegebedürftige im Schnitt 2424 Euro pro Monat selbst bezahlen. Seit 2017 kommt das einer Steigerung um 84,4 Prozent gleich. Bis 2029 könnte der Eigenanteil laut WIdO zudem auf über 4000 Euro pro Monat klettern. Viele Pflegebedürftige können solche Beträge nicht oder kaum stemmen. Auch Lauterbach erklärt: „Die Pflege beginnt wieder ein Armutsrisiko zu werden, weil die Eigenbeteiligung zu hoch ist.“ Betroffene sind dann häufig auf Sozialleistungen in Form von „Hilfe zur Pflege“ angewiesen.

    Konstruktionsfehler in der Pflegeversicherung: Das war von Anfang an falsch

    Dass Pflegebedürftige einen Eigenanteil zahlen müssen, findet Lauterbach nach wie vor richtig. Allerdings sei die finanzielle Belastung mittlerweile zu hoch. Während die SPD an einen Pflege-Deckel glaubt und den Eigenanteil auf 1000 Euro begrenzen will, verfolgen die übrigen Parteien andere Ansätze. Das Ziel sei aber immer das gleiche, sagt Lauterbach gegenüber NDR Info: „Pflege muss gute Qualität haben und bezahlbar bleiben.“

    In Sachen Finanzierung habe die Pflegeversicherung allerdings ein grundsätzliches Problem. Es gebe einen „Konstruktionsfehler“, der schon seit Einführung bestehe. Menschen, die privat pflegeversichert sind, hätten in der Regel nämlich weniger Pflegebedarf, seien einkommensstärker und hätten eine höhere Bildung. In der privaten Pflegeversicherung seien die Kosten daher niedriger, obwohl „man aber mehr Einkommen beizusteuern“ hätte, erklärt Lauterbach und plädiert für einen Solidarausgleich.

    Lauterbachs Idee, um den Konstruktionsfehler in der Pflege zu beheben: Eine Bürgerversicherung, in die jeder nach seiner Leistungsfähigkeit einzahlt, „sodass wir alle in einem Boot sitzen bei der Pflegeversicherung“. Das sei gerecht und helfe der Finanzierung, erklärt der Minister im NDR Info-Interview.

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