In Deutschland leben laut der Pflegestatistik 2023 knapp 5,7 Millionen pflegebedürftige Menschen mit einem Pflegegrad von 1 bis 5. Aufgrund der Anpassung des Pflegebedürftigkeitsbegriffs und weil unsere Gesellschaft immer älter wird, steigt diese Zahl von Jahr zu Jahr. Finanzierungsprobleme in der Pflegeversicherung, Personalmangel, steigende Eigenanteile und Erhöhungen des Pflegebeitrags machen die Pflege aber zu einem Thema, das längst nicht nur Pflegebedürftige betrifft.
Der Reformbedarf in der Pflege ist groß. Daran hat auch die Ampel-Regierung gearbeitet, doch nach dem Koalitionsbruch und den anstehenden Neuwahlen am 23. Februar 2025 liegen viele Pläne von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) auf Eis. Wie es nun weitergehen könnte, zeigen die Wahlprogramme der Parteien. Hier finden Sie die wichtigsten Forderungen im Überblick.
Übrigens: Mit der Pflegereform 2023 hat sich in der Pflege bereits einiges geändert. Zuletzt wurden zum 1. Januar 2025 fast alle Leistungen der Pflegeversicherung um 4,5 Prozent erhöht. Außerdem soll zum 1. Juli 2025 das Entlastungsbudget eingeführt werden und so für eine vereinfachte Finanzierung von Kurzzeit- und Verhinderungspflege sorgen. Aus der Reform geht zudem hervor, dass die Leistungen der Pflegeversicherung ab 2025 alle drei Jahre angepasst werden sollen. Die nächste Erhöhung steht demnach zum 1. Januar 2028 an.
Pflege im Wahlprogramm der SPD: Was sind die wichtigsten Forderungen?
Die SPD mit Spitzenkandidat Olaf Scholz hat ihr Wahlprogramm für die Bundestagswahl laut der Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg (lpb) am 11. Januar 2025 beschlossen. Zum Thema Pflege fordern die Sozialdemokraten Folgendes:
- Deckelung der Pflegekosten: Die Eigenanteile in der stationären Pflege sollen mit einem Pflege-Deckel auf maximal 1000 Euro begrenzt werden.
- Solidarisches Pflegesystem: Die gesetzliche und die private Pflegeversicherung sollen zusammengeführt werden.
- Verbesserung der Arbeitsbedingungen: Für Pflegekräfte sollen innovative Lösungen und mehr Zeitausgleich kommen und der bürokratische Aufwand in Pflegeeinrichtungen reduziert werden.
- Stärkung der häuslichen Pflege: Familienpflegezeit und Familienpflegegeld – ähnlich wie das Elterngeld – sollen eingeführt werden.
Pflege im Wahlprogramm der Union: Was sind die wichtigsten Forderungen von CDU/CSU?
Die Union mit Spitzenkandidat Friedrich Merz hat ihr Wahlprogramm für die Bundestagswahl laut der lpb am 17. Dezember 2024 bereits beschlossen. Darin fordern CDU und CSU zum Thema Pflege Folgendes:
- Finanzierung der Pflege: Eine Kombination aus gesetzlicher Pflegeversicherung, betrieblicher Mitfinanzierung, Steuermitteln und privater Vorsorge soll die Finanzierung in Zukunft sichern.
- Stärkung der häuslichen Pflege: Ein flexibles Pflegebudget für individuelle Leistungen soll eingeführt sowie die Pflege-Infrastruktur ausgebaut werden.
- Ganzheitliche Pflegekonzepte: Neue Wohn- und Betreuungsformen sollen für mehr Gestaltungsfreiheit sorgen.
- Pflegeberufe attraktiver machen: Neue Berufsbilder, bessere Aufstiegsmöglichkeiten, mehr Entlastung und gezielte Anwerbung aus dem Ausland sollen für mehr Interesse an der Pflegearbeit sorgen.
Pflege im Wahlprogramm der Grünen: Was sind die wichtigsten Forderungen?
Die Grünen mit Spitzenkandidat Robert Habeck wollen ihr Wahlprogramm für die Bundestagswahl laut der lpb am 26. Januar 2025 beschließen. In einem ersten Entwurf fordert das Bündnis 90/Die Grünen zum Thema Pflege Folgendes:
- Pflegebedürftige und Angehörige entlasten: Mit der Einführung eines Pflegebudgets sollen Leistungen flexibel kombiniert werden können. Pflegende Angehörige sollen bei reduzierter Arbeitszeit zudem finanziell stärker unterstützt werden. Auch der Zugang zu Tagespflege soll verbessert und entsprechende Angebote sollen ausgebaut werden.
- Verbesserung der Arbeitsbedingungen: Ein höherer Personalschlüssel, zusätzliche Kompetenzen und bessere Aufstiegsmöglichkeiten sowie eine Reduktion der Bürokratie sollen für eine Rückgewinnung von Pflegefachkräften sowie eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf sorgen.
- Förderung naher Pflegeangebote: Lokale Strukturen sollen gefördert werden, um Pflegebedürftigkeit hinauszuzögern und eine Versorgung vor Ort zu gewährleisten.
Pflege im Wahlprogramm der FDP: Was sind die wichtigsten Forderungen?
Die FDP mit Spitzenkandidat Christian Lindner will ihr Wahlprogramm für die Bundestagswahl laut der lpb am 9. Februar 2025 beschließen. Es gibt aber bereits einen Entwurf. Darin fordern die Liberalen zum Thema Pflege Folgendes:
- Pflegekräfte und Angehörige entlasten: Ein Abbau übermäßiger Bürokratie, eine bessere Vereinbarkeit von Pflege und Beruf für pflegende Angehörige sowie die Berücksichtigung der besonderen Bedürfnisse pflegender Kinder und Jugendlicher sollen für Entlastung sorgen.
- Gewinnung von Pflegefachkräften: Die vereinfachte Anerkennung ausländischer Pflegekräfte soll den Personalmangel ausgleichen. Zudem soll der Einsatz von Technologien, Automatisierungen und digitalen Anwendungen Pflegekräfte entlasten.
- Die Finanzierung der Pflege reformieren: Die umlagefinanzierte Pflegeversicherung soll durch eine kapitalgedeckte Komponente ergänzt werden. Die betriebliche Pflegevorsorge soll mit der Betriebsrente gleichgestellt und es sollen Anreize für die private Pflegevorsorge geschaffen werden.
Pflege im Wahlprogramm der Linken: Was sind die wichtigsten Forderungen?
Die Linke mit Heidi Reichinnek und Jan van Aken als Spitzenduo will ihr Wahlprogramm für die Bundestagswahl laut der lpb am 18. Januar 2025 beschließen. Im bisherigen Entwurf fordern die Linken zum Thema Pflege Folgendes:
- Solidarische Pflegeversicherung: Statt der umlagefinanzierten Pflegeversicherung soll eine solidarische Pflegevollversicherung eingeführt werden, die alle pflegerischen Leistungen abdeckt. Zudem sollen die Eigenanteile für Pflegebedürftige abgeschafft sowie Privatversicherte in die gesetzliche Versicherung integriert werden.
- Verbesserung der Arbeitsbedingungen: Flächendeckende Entlastungstarifverträge und eine gesetzliche Personalbemessung sollen die Rückanwerbung von Pflegekräften ermöglichen. Es sollen 100.000 zusätzliche Pflegekräfte in Krankenhäusern und Pflegeheimen eingestellt werden.
- Nichtkommerzielle Pflege: Die Gewinnorientierung soll in der Pflege und Gesundheitsversorgung abgeschafft werden. Dazu sollen etwa private Einrichtungen in öffentliche oder gemeinnützige Hand übergehen.
- Pflegende Angehörige entlasten: Sechs Wochen bezahlte Freistellung bei vollem Lohnausgleich sowie Geldleistungen und Rentenpunkte für alle pflegenden Angehörigen sollen eingeführt werden. Angebote der Tages- und Kurzzeitpflege sollen ausgebaut werden.
Pflege im Wahlprogramm des BSW: Was sind die wichtigsten Forderungen?
Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) mit der Namensgeberin als Spitzenkandidatin hat sein Wahlprogramm für die Bundestagswahl laut der lpb am 12. Januar 2025 beschlossen. Im Wahlprogramm fordert die Partei zum Thema Pflege Folgendes:
- Pflegevollversicherung: Es soll eine Pflegevollversicherung, die überwiegend aus Steuergeldern finanziert wird, eingeführt sowie die Eigenanteile im Pflegeheim deutlich gesenkt werden.
- Fokus auf Patientenwohl: Durch Pflege- und Gesundheitsdienste sollen keine Gewinne erzielt werden, die menschliche Betreuung soll in der Pflege sichergestellt sowie die Palliativmedizin und Hospizversorgung ausgebaut werden.
Pflege im Wahlprogramm der AfD: Was sind die wichtigsten Forderungen?
Die AfD mit Spitzenkandidatin Alice Weidel hat ihr Wahlprogramm für die Bundestagswahl laut der lpb am 11. und 12. Januar 2025 beschlossen. Darin fordert die Partei zum Thema Pflege Folgendes:
- Beitragsentlastung in der Pflegeversicherung: Die beitragsfreie Mitversicherung von Bürgergeldempfängerinnen und -empfängern soll nicht durch Beiträge, sondern aus dem Bundeshaushalt finanziert werden. Verwaltungskosten sollen etwa durch die Zusammenlegung von Kranken- und Pflegeversicherung gesenkt werden.
- Stärkung der häuslichen Pflege: Die Pflege durch Angehörige soll gefördert sowie finanziell deutlich höher honoriert werden. Zudem sollen ambulante und stationäre Pflegeangebote zur Entlastung ausgebaut werden.
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