Lockerungen der Anforderungen an Pflegeanbieter: In Bayern wird auf die Änderung der Ausführungsverordnung zum Pflege- und Wohnqualitätsgesetz aufgebaut, die zum 1. Januar 2025 in Kraft trat. Die Verordnung ist schon seit mehr als einem Jahrzehnt dafür verantwortlich, die personellen und baulichen Mindestanforderungen für Pflegeheime, betreute Wohngruppen und betreute Wohngemeinschaften zu regeln. Die durch die Änderungen möglich gewordenen Erleichterungen sollen laut der bayerischen Gesundheitsministerin Judith Gerlach (CSU) Vorteile für Bewohner, Pflegeanbieter und Kassen bieten. Kritik gibt es vom Arbeitgeberverband Pflege (AGVP).
Bayern: Lockerungen für Pflegeanbieter im Überblick
Die Anforderungen an Pflegeanbieter werden in Bayern in unterschiedlichen Bereichen gelockert, wie die Bayerische Staatsregierung bekanntgab. Die beiden wohl wichtigsten Punkte sind die Aufhebung der Fachkraftquote und Einzelzimmerquote. Betreiber von Pflegeheimen sind außerdem nicht mehr dazu verpflichtet, bestehende Gebäude umfassend zu sanieren und zu modernisieren. Die wichtigsten Lockerungen und neuen Regelungen im Überblick:
- Aufhebung der Fachkraftquote
- Aufhebung der Einzelzimmerquote
- Bestehende Pflegeeinrichtungen müssen nicht zwangsläufig umfassend saniert und modernisiert werden
- Individuellerer Gestaltungsspielraum der Einrichtungen beim Einsatz von Betreuungs- und Pflegekräften am Tag und in der Nacht
- Pflegeeinrichtungen müssen weniger Pflegebäder vorweisen
- Personaleinsatz kann einrichtungsübergreifend geplant werden – so wird es möglich, dass Pflegekräfte aus einem Springerpool die Einrichtungen wechseln
- Senkung der Mindestanforderungen für ambulant betreute Wohngemeinschaften (trägergesteuert) und betreute Wohngruppen – derartige Einrichtungen müssen nicht mehr die Anforderungen von stationären Einrichtungen erfüllen
- Erleichterung der Gründung inklusiver Kleinstwohnformen unter sechs Personen
- Verpflichtung der Träger, in den einzelnen Wohnräumen bis 2030 die technischen Voraussetzungen für die Nutzung des Internets, den Empfang von Fernseh- und Radioprogrammen und das Telefonieren zu schaffen
Neue Pflege-Vorschriften in Bayern - es gibt auch Kritik
Judith Gerlach sieht in den neuen Lockerungen auch Vorteile für Pflegebedürftige. „Für Bewohnerinnen und Bewohner von vollstationären Einrichtungen ist die potenzielle finanzielle Entlastung wichtig, da wir die Einrichtungen nicht länger verpflichten, umfassende und dadurch teils kostentreibende Modernisierungen und Sanierungen in Bestandsbauten durchzuführen, an denen die Bewohnerinnen und Bewohner sonst gegebenenfalls finanziell beteiligt würden“, wird die bayerische Gesundheitsministerin in einer Pressemitteilung der bayerischen Staatsregierung zitiert: „Wir schaffen einen weitreichenden Bestandsschutz für kostenintensive bauliche Mindestanforderungen. Das bedeutet für Bewohnerinnen und Bewohner zumindest auf diesem Gebiet finanzielle Stabilität.“
Die Qualitätssicherung soll trotz Abschaffung der Fachkraftquote und der Einzelzimmerquote nicht vernachlässigt werden. „Bayern geht mit dieser ausgewogenen Verordnung einen wichtigen Schritt voran, ohne das Schutzniveau für die pflege- und betreuungsbedürftigen Bewohnerinnen und Bewohner aus dem Blick zu verlieren“, glaubt Gerlach.
Kritik gibt es unterdessen Arbeitgeberverband Pflege (AGVP). „Mit der neuen Pflege-Verordnung hat Bayern eine große Chance vertan, die Versorgung in der Altenpflege endlich zu sichern“, erklärt AGVP-Präsident Thomas Greiner in einem Beitrag des Verbands. Das sei besonders bitter, da der demografische Wandel Bayern früher treffen würde als andere Bundesländer. „Doch der Freistaat versucht, mit Trippelschritten dem Heimsterben zu entkommen, anstatt die Siebenmeilenstiefel überzustülpen, um die Versorgungskrise endlich hinter sich zu lassen“, sagt Greiner.
Die Abschaffung der Fachkräftequote hält der AGVP für richtig. Die neuen Regelungen seien aber „genauso unflexibel“ wie die alten. Pflegeeinrichtungen würden dazu gezwungen bleiben, den Einsatz ihres Personals an rechtliche Anforderungen zu knüpfen und könnten sie dadurch nicht auf die Bedürfnisse von Pflegebedürftigen zuschneiden. „Wer in den nächsten Jahren endlose Wartelisten und massenhafte Heimschließungen verhindern will, muss bedarfsgerechte Pflege und eine echte Angebotsvielfalt ermöglichen. Bayern braucht eine Vertrauenskultur, die Pflegeunternehmen stärkt – sonst bleibt die Altenpflege auf der Strecke, während Pflegebedürftige dringend auf Hilfe angewiesen sind“, glaubt Greiner.
Übrigens: Ein Video aus einem bayerischen Pflegeheim ist viral gegangen. In diesem klären Pflegekräfte über ihren Geburtsort auf.
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