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Pflege: Mann aus Bayern verliert beide Beine – und wird nur mit Pflegegrad 1 eingestuft

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Pflege: Mann aus Bayern verliert beide Beine – und wird nur mit Pflegegrad 1 eingestuft

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    Ein Regensburger ist nach der Amputation beider Beine auf einen Rollstuhl angewiesen und wurde mit dem Pflegegrad 1 eingestuft.
    Ein Regensburger ist nach der Amputation beider Beine auf einen Rollstuhl angewiesen und wurde mit dem Pflegegrad 1 eingestuft. Foto: Quality Stock Arts, stock.adobe.com (Symbolbild)

    Fünf Stufen trennen die Straße von der Wohnungstür von Robert Schindelhauer. Fünf Stufen, die für ihn eine große Hürde sind – und er auf dem Gesäß rutschend überwinden muss. Der Grund sind gleich mehrere Schicksalsschläge, die der Regensburger nacheinander erleiden musste. Im Juli 2023 musste sein rechter Oberschenkel amputiert werden, nachdem er eineinhalb Jahre vorher schon sein linkes Bein verloren hatte. „Alle drei Hauptschlagadern waren verstopft, eine sofortige Operation war nötig“, erklärte er dem Merkur.

    Drei Monate danach erlitt Schindelhauer einen Schlaganfall. Seitdem kämpft er mit der Krankenkasse und dem Medizinischen Dienst (MD) um den Pflegegrad – und verzweifelt allmählich an der Bürokratie.

    Regensburg: Mann verliert beide Beine - und wird als Pflegegrad 1 eingestuft

    Im Januar 2024 bekam Schindelhauer von der AOK Regensburg einen Pflegegrad 1 zugewiesen. Das bedeutet 131 Euro Entlastungsbetrag, Zuschüsse für Hilfsmittel oder die Pflege an sich, gibt es nicht. Ansprüche für einen Treppenlift oder eine Badezimmereinrichtung bestehen ebenfalls nicht. Für seine erheblichen Einschränkungen ist die Einordnung daher nicht akzeptabel, wie er glaubt. „Für diesen Betrag kann ich zweimal im Monat einen Pflegedienst fürs Duschen engagieren oder eine Reinigungskraft für drei Stunden“, sagte Schindelhauer im Interview mit dem Merkur.

    Zunächst erhielt er ein klappriges Modell eines Rollstuhls mit geringer Reichweite, dessen Räder regelmäßig im Regensburger Kopfsteinpflaster hängenblieben. Nur dank einer Spendenaktion der „Regensburger Herzen“ bekam der 54-Jährige jüngst einen funktionstüchtigen Elektrorollstuhl. Beim Umsetzen vom Rollstuhl in den Duschstuhl ist Schindelhauer mehrfach gestürzt, er bräuchte auch Hilfe beim Abtrocknen und bei der Hautpflege, die er sich nicht leisten kann.

    Übrigens: Zuletzt verstarb „Oma Lotti“, die ein Star einer Pflege-Community bei Social Media war. Sie wurde 93 Jahre alt.

    Unterstützerin kritisiert Gutachten zum Pflegegrad - sie errechnet Pflegegrad 3

    Unterstützung erhält er Eva Maria Körber, die früher als Verwaltungsangestellte bei einer Pflege- und Krankenkasse gearbeitet hat. Sie hilft dem Erkrankten bei den Anträgen – und möchte mit ihm einen höheren Pflegegrad erreichen. Körber kritisiert die Entscheidung der AOK, die auf einem Gutachten des Medizinischen Dienstes aus dem Dezember 2023 basiert, wie das Portal regensburg-digital.de berichtet. Demnach hätte die Gutachterin Suggestivfragen gestellt.

    Ein Beispiel verriet sie dem Merkur: „Herr Schindelhauer, aber duschen können Sie sich alleine?“ Daraufhin hätte Schindelhauter geantwortet: „Ja, aber ich brauche Hilfe, um vom Rollstuhl in die Dusche und zurückzukommen. Ich kann mich nicht überall abtrocknen, und der Gesäßbereich muss gepflegt werden, damit ich mich nicht wund sitze.“ Im Gutachten heißt es, dass die Intimpflege und das Duschen selbstständig erledigt werden könne, was Pflegegrad 1 erklärt. Das Bayerische Gesundheitsministerium sieht die Verantwortung in solchen Fällen auch bei der Familie, doch diese hat Schindelhauer nicht mehr, nachdem seine Eltern kürzlich verstorben sind.

    Körber half Schindelhauer dabei, Widerspruch gegen die Entscheidung der AOK einzulegen. Im April 2024 wurde allerdings der Pflegegrad 1 nach Aktenlage bestätigt, ohne dass eine erneute Begutachtung stattfand, berichtet der Merkur. Das Verfahren zieht sich unterdessen hin. Im Januar 2025 wurden Körber und Schindelhauer in der AOK-Geschäftsstelle vorstellig, wo ihnen erklärt wurde, dass die Unterlagen nicht auffindbar seien. In den Wochen darauf telefonierte Körber mit zahlreichen AOK-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeitern, was zunächst ohne Ergebnis blieb.

    Körber kommt bei einer eigenen Berechnung, die sie mit einem befreundeten Krankenpfleger anstellte, auf Pflegegrad 3. Mit 67 errechneten Punkten wäre sogar beinahe Pflegegrad 4 gegeben. Die AOK Regensburg hat ihre Einschätzung bislang nicht korrigiert. Ende Februar sollte der Fall eigentlich dem Widerspruchsausschuss vorgelegt werden, ein Ergebnis stand lässt auf sich warten. Der Merkur fragte bei der Krankenkasse nach und erhielt die Antwort, dass die Verzögerung auf einen „unglücklichen Fehler“ zurückzuführen sei. Demnach soll es bald eine weitere persönliche Begutachtung bei Schindelhauer geben.

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