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100 Tage Bundesregierung: Die unbekannten Minister

Bundesregierung

Die anderen Minister: Regieren unter dem Radar

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    Während die Ampel ein Kabinett der Köpfe war, mit viel Polit-Prominenz, sind einige Minister von Union und SPD eher zurückhaltend. Das muss kein Nachteil sein.
    Während die Ampel ein Kabinett der Köpfe war, mit viel Polit-Prominenz, sind einige Minister von Union und SPD eher zurückhaltend. Das muss kein Nachteil sein. Foto: Katharina Kausche, Michael Kappeler, dpa

    Es war ein Kabinett mit vielen Unbekannten, das Friedrich Merz (CDU) und Lars Klingbeil (SPD) vor etwas mehr als 100 Tagen vorstellten. Das hatte Gründe: Die Union transformierte sich in der Opposition von der Merkel- in die Merz-Ära, die SPD tauschte fast ihre komplette Ampel-Riege aus. Seither sind es vor allem die erfahrenen Minister wie Boris Pistorius (SPD) oder Alexander Dobrindt (CSU), die verlässlich Schlagzeilen produzieren. Andere bleiben auch nach 100 Tagen eher im Hintergrund. Was nicht bedeutet, dass sie weniger produktiv waren. Woran sie arbeiten. 

    Entwicklungsministerin Reem Alabali Radovan

    Reem Alabali-Radovan (SPD), Bundesministerin für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung.
    Reem Alabali-Radovan (SPD), Bundesministerin für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. Foto: Katharina Kausche, dpa

    Muss das bleiben, oder kann das weg? Diese Frage wird mit Blick sowohl auf die Entwicklungszusammenarbeit als auch auf das zuständige Ministerium oft gestellt. Die nackten Zahlen sprechen dafür, dass die schwarz-rote Koalition zu letzterem tendiert. Nachdem ihre Vorgängerin Svenja Schulze bereits eine erhebliche Kürzung des Etats um knapp 940 Millionen Euro hinnehmen musste, soll Bundesministerin Reem Alabali Radovan mit einer Kürzung in ähnlicher Höhe auskommen. Ein Minus von mehr als 1,8 Milliarden Euro in nur zwei Jahren ist ein außergewöhnlich großer Brocken. Die SPD-Politikerin hält dagegen. „Die Entwicklungszusammenarbeit ist sinnvoll und gerade jetzt so notwendig“, betont sie. Ein Beispiel: die Unterstützung für die notleidenden Menschen im Sudan, denen es ohne deutsche Hilfe noch schlechter ginge. Alabali Radovan agiert bei ihrer Arbeit bislang eher unaufgeregt, aber fleißig.

    Bildungsministerin Karin Prien

    Karin Prien (CDU), Bundesministerin für Bildung, Familie, Senioren, Frauen und Jugend.
    Karin Prien (CDU), Bundesministerin für Bildung, Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Foto: Katharina Kausche, dpa

    Doppelpunkt, Sternchen, Binnen-I sind nicht so das Ding der Bundesministerin für Bildung, Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Karin Prien hat das Gendern in ihrer Behörde jedenfalls untersagt. Die CDU-Politikerin brachte darüber hinaus ein neues Berufsbild Pflegefachassistenz durchs Kabinett und startete mit „JOBvision“ das gefühlt eintausendste Programm zur Besetzung offener Ausbildungsplätze. Die dicken Brocken warten allerdings noch auf eine Lösung. Dazu zählt die BAföG-Reform, wie sie im Koalitionsvertrag angekündigt ist und die unter anderem eine Erhöhung der Wohnkostenpauschale beinhalten soll. Man darf gespannt sein, was von den Plänen angesichts knapper Kassen tatsächlich umgesetzt wird. Die Öffentlichkeit wartet zudem darauf, wie Prien die von ihr angekündigten Schwerpunkte – Ausbau frühkindlicher Bildung, verlässliche Familienleistungen, Engagement und Chancengleichheit – mit Leben füllen will.

    Verkehrsminister Patrick Schnieder

    Patrick Schnieder (CDU), Bundesminister für Verkehr.
    Patrick Schnieder (CDU), Bundesminister für Verkehr. Foto: Katharina Kausche, dpa

    Mit dem Verkehrsministerium ist es wie mit dem Unsportlichen bei der Mannschaftswahl: Es bleibt bis ganz zuletzt übrig, weil es keiner so richtig haben will. Amtsinhaber Patrick Schnieder (CDU) hat noch nicht erkennen lassen, ob es ihm wie seinem Vorgänger Volker Wissing ergeht, dem eine gewisse Zuneigung zu dem Ressort nachgesagt wurde. Oder ob er in Richtung der Ex-Minister Andreas Scheuer und Alexander Dobrindt tendiert – die froh waren, als sie die Ministeriumstüren für immer hinter sich schließen konnten. Die Themen indes sind gleichgeblieben: ein schneller Ausbau neuer Infrastruktur, die Auflösung des Sanierungsstaus – sowie die Reform der Deutschen Bahn. Schnieder könnte als der Minister in die Geschichte eingehen, der beim ewig lahmenden DB-Konzern endlich etwas bewegt hat.

    Umweltminister Carsten Schneider

    Carsten Schneider (SPD), Bundesminister für Umwelt, Klimaschutz, Naturschutz und nukleare Sicherheit.
    Carsten Schneider (SPD), Bundesminister für Umwelt, Klimaschutz, Naturschutz und nukleare Sicherheit. Foto: Katharina Kausche, dpa

    Schnieder wird namensbedingt gerne mal mit seinem Kollegen im Umweltministerium verwechselt: Carsten Schneider (SPD). Der hat die undankbare Aufgabe, im Jahr 2025 für den Klimaschutz verantwortlich zu sein. Hatte die Ampel das Thema noch als Querschnittsaufgabe in verschiedenen Ministerien verortet, so liegt die Verantwortung dafür nun wieder gebündelt im Umweltministerium. Schneiders Rolle definiert sich stark in Opposition zu Wirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU). Die ist für Energie zuständig und setzt auf den Ausbau von Gas. Schneider sieht das kritisch, hat aber deutlich weniger Rückhalt im Kabinett. Schneider gibt also gern den sanften Mahner: Aussagen seines Chefs Friedrich Merz zum Klimaschutz nannte er kürzlich beispielsweise „ein wenig verunglückt“. Sein Ziel jedenfalls ist es nicht so sehr, den Klimaschutz voranzubringen. Sondern eher die von der Ampel beschlossenen Klimaschutzmaßnahmen beim Heizen oder dem Ausbau der Erneuerbaren zu bewahren.

    Justizministerin Stefanie Hubig

    Stefanie Hubig (SPD), Justizministerin.
    Stefanie Hubig (SPD), Justizministerin. Foto: Michael Kappeler, dpa

    Eine ähnliche Sparring-Beziehung wie Schneider und Reiche haben auch Stefanie Hubig (SPD) und Alexander Dobrindt (CSU). Justiz und Inneres sind fast schon klassische Antipoden. In der SPD ist Dobrindts Kurs, Zurückweisungen im Zweifel auch gegen Europarecht durchzudrücken, alles andere als beliebt. Hubig muss dem umtriebigen Innenminister Grenzen setzen – ohne die versprochene „Migrationswende“ grundsätzlich infrage zu stellen. Nach dem Urteil des Berliner Verwaltungsgerichts tat sie das und forderte den Innenminister auf, die Grenzkontrollen besser zu begründen. Auch beim Thema „Palantir“ – der amerikanischen KI-Software, die Dobrindt sich für die Strafverfolgung wünscht – stellte sie sich gegen den Innenminister. Ihr wohl größtes Projekt: der „Pakt für den Rechtsstaat“. Mit einer halben Milliarde Euro sollen Stellen in der Justiz aufgebaut und die Digitalisierung vorangebracht werden.

    Bauministerin Verena Hubertz

    Verena Hubertz (SPD), Bundesministerin für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen.
    Verena Hubertz (SPD), Bundesministerin für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen. Foto: Katharina Kausche, dpa

    Anders als ihre Vorgängerin hält sich Verena Hubertz (SPD) mit allzu selbstbewussten Versprechen beim Thema Bauen zurück. Hatte die Ampel ihre hochgesteckten Ziele doch krachend verfehlt. Hubertz hat aber zumindest schon den versprochenen „Bau-Turbo“ durch das Kabinett gebracht. Im Herbst soll das Gesetz im Parlament beschlossen werden. Damit werden vor allem Planungsprozesse vereinfacht. Ob der versprochene Bau-Boom einsetzt, wird sich zeigen. Aus der Branche ist bisher noch wenig Begeisterung zu vernehmen. Immerhin: Das Ministerium ist eines der wenigen, das nicht sparen muss. Im Gegenteil, der Etat steigt. Das dürfte den Druck auf Hubertz allerdings weiter erhöhen.

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