Für einen früheren Berufssoldaten und Beamten der Bundeswehrverwaltung hatte es ungeahnte Folgen, als er bei den Landtagswahlen 2016 für die rechtsextreme NPD kandidierte. Der Staat strich dem Mann, der sich wegen Dienstunfähigkeit im Ruhestand befand, dessen Pension. Sowohl vor dem Verwaltungsgericht Magdeburg, als auch vor dem Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt verlor der Ex-Beamte, der sich auch auf Facebook eindeutig rechtsextrem geäußert haben soll, seine Klage gegen die Entscheidung. Die Richter urteilten, dass Beamte, die zum Staat in einem besonderen Dienst- und Treueverhältnis stünden, sich zu der freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes bekennen und für sie einstehen müssten. Dies sei bei dem Ex-Beamten und ehemaligen NPD-Kandidaten nicht der Fall.
Beamtenanwärter könnten laut alten Urteilen Job verlieren, wenn sie AfD-Mitglieder sind
Nachdem Ende vergangener Woche bekannt wurde, dass der Bundesverfassungsschutz die AfD als „gesichert rechtsextrem“ eingestuft hat, könnte dies nicht nur für die Partei als solche, sondern auch für Staatsbedienstete Folgen haben. Denn auch das Bundesverfassungsgericht entschied schon 1975 im Streit um den sogenannten Radikalenerlass, dass bei Beamtenanwärtern eine bloße Mitgliedschaft bei einer Partei, die verfassungsfeindliche Ziele verfolge, eine Entlassung rechtfertigen könne. Bei Beamten auf Lebenszeit dagegen begründeten eher herausgehobene Parteiämter Einleitungen von Disziplinarverfahren wegen Zweifel an der Verfassungstreue.
„Wir müssen auch prüfen, welche Konsequenzen diese Einstufung für die Tätigkeit von AfD-Mitgliedern im öffentlichen Dienst haben muss“, sagte nun der bayerische Innenminister Joachim Herrmann der Bild-Zeitung. Auch gebe die Entscheidung des Verfassungsschutzes „Anlass zu prüfen, ob die AfD auf dieser Grundlage von der staatlichen Parteienfinanzierung ausgeschlossen werden kann“. Der CSU-Politiker ist mit seiner Einschätzung nicht allein. Bremens SPD-Innensenator Ulrich Mäurer kündigte an, das Thema bei der nächsten Innenministerkonferenz der Länder Mitte Juni auf die Tagesordnung zu setzen.
In Thüringen werden Beamte vor Engagement in AfD schriftlich gewarnt
Auch Hessens CDU-Innenminister Roman Poseck hatte bereits direkt nach Bekanntwerden der Entscheidung des Bundesverfassungsschutzes erklärt, nun müssten die Auswirkungen auf AfD-Mitglieder und Funktionäre im öffentlichen Dienst geprüft werden. Mitarbeiter in Polizei und Verwaltung müssten die Gewähr dafür bieten, dass sie jederzeit für unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung eintreten. Der CDU–Minister forderte ein länderübergreifend einheitliches Vorgehen.
Thüringens SPD-Innenminister Georg Maier erklärte, die Beamten in seinem Bundesland seien nach der Einstufung des AfD-Landesverbands als gesichert rechtsextremistische Bestrebung 2021 schriftlich belehrt worden, dass ein Engagement für die Partei disziplinarrechtliche Folgen haben könne. „Eine bloße Mitgliedschaft reicht dafür aber nicht aus“, fügte er hinzu. Bei Sicherheitsüberprüfungen, denen sich Beschäftigte etwa bei der Polizei, der Bundeswehr und den Nachrichtendiensten regelmäßig unterziehen müssen, gelten jedoch Mitgliedschaften in extremistischen Parteien und Gruppierungen in vielen Fällen als Gegenstand der Untersuchung.


Der CDU-Sicherheitspolitiker Roderich Kiesewetter forderte ein entschlossenes Vorgehen im Bund gegen Mitglieder der Partei, die im öffentlichen Dienst beschäftigt sind. Der Verfassungsschutz sei ein Frühwarnsystem. „Deshalb könnte und sollte die Hochstufung der Partei Auswirkungen auf Beamte und Angestellte im öffentlichen Dienst haben, denn eine Mitgliedschaft in der AfD ist damit nicht vereinbar“, sagte er im Handelsblatt. Staatsbedienstete sollten die freiheitlich-demokratische Grundordnung und die Gesellschaft schützen und nicht zur Aushöhlung der Demokratie beitragen. „Im Einzelfall müsste deshalb eine Entlassung aus dem Dienst erfolgen“, sagte Kiesewetter.
US-Außenminister Rubio wirft Deutschland „Tyrannei“ wegen AfD-Beobachtung vor
Die AfD will gegen das Bundesamt für Verfassungsschutz klagen. Sollte der Verfassungsschutz einer am Freitag verschickten Abmahnung nicht Folge leisten, werde der Bundesvorstand der AfD eine bereits vorbereitete Klage mit Eilantrag einreichen, erklärte die Partei. Sie nannte das Vorgehen der Verfassungsschützer rechtswidrig.
Auch die Regierung von US-Präsident Donald Trump kritisierte das Vorgehen gegen die AfD scharf. „Das ist keine Demokratie – es ist verdeckte Tyrannei“, twitterte US-Außenminister Marco Rubio auf dem Nachrichtendienst X. Er warf der Bundesrepublik eine „tödliche Einwanderungspolitik“ vor. Das deutsche Auswärtige Amt erwiderte ebenfalls auf X: „Wir haben aus unserer Geschichte gelernt, dass Rechtsextremismus gestoppt werden muss.“ Das letzte Wort hätten nun unabhängige Gerichte. „Das ist Demokratie“, schrieb das Ministerium.
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