Die Generaldebatte ist der Höhepunkt einer jeden Haushaltswoche, und Friedrich Merz muss erst einmal zuhören. Denn traditionell darf die stärkste Oppositionspartei zuerst reden, die AfD-Co-Fraktionsvorsitzende Alice Weidel eröffnet deshalb den dreieinhalbstündigen Schlagabtausch. Die Generaldebatte, gerne auch Elefantenrunde genannt, wird wie immer zur Abrechnung mit der Regierung genutzt. Der Kanzler muss sich zudem anschließend noch einer Fragestunde stellen. Hier die wichtigsten Themen, die gleichzeitig zu den größten Herausforderungen für die Merz-Regierung in den nächsten Wochen zählen:
Die AfD: Weidel und später auch Co-Fraktionschef Tino Chrupalla gehen hart mit Merz und der Regierung ins Gericht. „Ihr Wort ist nichts wert“, schleudert Weidel dem Kanzler entgegen. Sie spricht langsam, weniger aggressiv als in den vergangenen Jahren. Ihre Fraktion hat sich kürzlich selbst Benimmregeln verpasst. Seriöser will die AfD auftreten, professioneller. Doch die Fassade bricht im Laufe der Debatte zusammen. Über den Haushalt spricht Weidel kaum. Stattdessen vergleicht sie beispielsweise die SPD mit den Nationalsozialisten, als sie über die anstehende Wahl der Verfassungsrichter spricht. Merz kontert. Harte Auseinandersetzungen im Parlament seien erlaubt, macht er deutlich. Aber „Halbwahrheiten, üble Nachrede und persönliche Herabsetzungen muss auch in einer Demokratie niemand unwidersprochen ertragen“. Diese Halbwahrheiten zu entlarven, wird eine der Hauptaufgaben in den nächsten Monaten sein.
Die Stimmung: Denn die Ausrichtung der schwarz-roten Politik hängt mit der AfD unmittelbar zusammen. Union und SPD gehen davon aus, dass sie wieder gewählt werden, wenn die Menschen Vertrauen in die Politik zurückgewinnen, und die AfD bedeutungslos wird. Bislang klappt das eher nicht, wie die Umfragen zeigen. Der Kanzler selbst legte die Messlatte auf: Es sei wichtig, „dass wir bis zum Sommer die Stimmung im Land verbessern“ und die Bevölkerung merke, „dass es einen Unterschied macht, wenn es eine neue Regierung gibt“, erklärte er. Der Sommer ist erkennbar da, ein Stimmungswechsel jedoch nicht. Nur eine Minderheit von 38 Prozent der Bundesbürger ist laut einer Forsa-Umfrage für RTL/ntv mit der Regierungsarbeit zufrieden. 58 Prozent sind es nicht.
Das Geld: Rund 850 Milliarden Euro neue Schulden macht die Bundesregierung. Die Folgen für die nachfolgenden Generationen sind gewaltig. So werden sich die Zinszahlungen für alle Kredite des Staates bis 2029 auf 61 Milliarden Euro verdoppeln. In den nächsten Wochen wird es im Parlament also nicht nur darum gehen, wie die Mittel des Haushalts verteilt werden. Mindestens genauso wichtig ist der Blick auf die kommenden Jahre. Wenn diese Regierung nicht solide wirtschaftet, droht ihr ein Verlust der Kreditwürdigkeit, wie Unions-Fraktionschef Jens Spahn (CDU) in der Debatte deutlich macht. Derzeit hat Deutschland mit einem sogenannten Triple A die Bestnote bei den Ratingagenturen, die die Kreditwürdigkeit der Staaten bewerten. Sollte sich das ändern, würden Kredite deutlich teurer und das Vertrauen in den Euro würde sinken.
Die Migration: Beim Thema Zuwanderung zeigt Alice Weidel in der Generaldebatte, welche Haltung ihre Partei vertritt. Sie spricht von Geflüchteten, die angeblich Frauen in deutschen Freibädern vergewaltigen. Belegen kann sie die Behauptung nicht, das spielt für die AfD aber auch gar keine Rolle. Union und SPD halten mit Realpolitik dagegen. Die Grenzkontrollen sind verschärft worden. Es kommen weniger Menschen ins Land. Merz adressiert die sinkenden Asylzahlen direkt nach Rechtsaußen: „Sie werden jetzt allmählich ihr politisches Kampfthema los“, sagt er in Richtung AfD. „Sie leben davon, dass sie ständig nur mit diesem Thema Stimmung machen können.“
Das Militärische: Am Donnerstag reist Merz zur Ukraine Recovery Conference nach Rom. Sie ist das wichtigste jährliche Konferenzformat zum Wiederaufbau in der Ukraine. Noch allerdings tobt dort der Krieg und die Menschen haben andere Sorgen. Merz bekräftigt die deutsche Unterstützung: „Was wir tun können, leisten wir. An unserer militärischen Hilfe wird es nicht scheitern.“ Der Kanzler wird zudem von der Verwendung des Sondervermögens Bundeswehr, dem neuen Wehrpflichtkonzept und dem transatlantischen Verhältnis in Atem gehalten. Bei letzterem geht es immer mehr auch um militärische Fragen. Merz betont die Notwendigkeit der Aufrüstung und verteidigt in diesem Zusammenhang die Lockerung der Schuldenbremse.
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