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Kommentar: Ohne die Grünen steht Friedrich Merz ziemlich blank da

Kommentar

Die Regierung darf sich nicht das Sparen sparen

Michael Stifter
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    Schwarz-Rot hat sondiert. Doch nun sind CDU, CSU und SPD im Bundestag auf die Unterstützung der Grünen angewiesen.
    Schwarz-Rot hat sondiert. Doch nun sind CDU, CSU und SPD im Bundestag auf die Unterstützung der Grünen angewiesen. Foto: Kay Nietfeld, dpa

    Für die eigene Glaubwürdigkeit mag es einen wirtschaftlichen Totalschaden bedeuten, aber strategisch wäre es durchaus clever von Friedrich Merz, sich das Startkapital fürs Regieren schon zu besorgen, noch bevor er überhaupt Kanzler ist. Ganz so einfach, wie sich der CDU-Chef das offenbar vorgestellt hatte, wird es allerdings nicht werden.

    Merz scheint sich mal wieder ohne Not in eine Sackgasse manövriert zu haben. Dass er den Grünen, auf deren Hilfe er im Bundestag angewiesen ist, ein paar dürre Sätze auf eine Mailbox spricht, anstatt auf Augenhöhe um ihre Zustimmung zu werben, deutet nicht unbedingt darauf hin, dass er den Ernst seiner Lage schon erkannt hat. Und selbst wenn Merz die Grünen „last minute“ noch überzeugen sollte, muss eines klar sein: Die zusätzlichen Milliarden dürfen nicht zum Blanko-Scheck für die nächste Regierung werden.

    Die Union darf sich das Sparen nicht sparen

    CDU und CSU haben auch deshalb die Wahl gewonnen, weil sie das Prinzip der schwäbischen Hausfrau proklamiert hatten: nur soviel ausgeben, wie man auch eingenommen hat. Dass sie dieses Versprechen nur wenige Tage nach der Wahl pulverisiert haben, mögen Friedrich Merz und Markus Söder noch mit der von Donald Trump aus den Fugen geschlagenen weltpolitischen Lage erklären. Auch wenn der US-Präsident den Hammer längst in der Hand hatte, als der Kanzler in spe noch behauptete, ohne neue Schulden auszukommen. Geschenkt. Umso wichtiger wird es sein, dass die Union nicht auch noch ihr zweites Versprechen bricht und sich das Sparen einfach spart.

    Ja, es ist durchaus respektabel, wie schnell sich Schwarz und Rot auf die Grundzüge einer gemeinsamen Politik geeinigt haben. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass es sich leicht verhandelt, wenn es unverhofft Milliarden regnet. Die eigentliche Arbeit beginnt erst — und zwar unabhängig davon, ob die Grünen Merz den Geldhahn zudrehen oder nicht: Wo sind die mutigen Reformen? Wo sind die Konzepte, um die Wirtschaft nicht nur irgendwie am Leben zu erhalten, sondern ihr neues Leben in neuen Wachstumsbranchen einzuhauchen? Wo sind die ehrgeizigen Ziele, mit dem schuldengemachten Budget sorgsamer umzugehen? Und vor allem: Wo bleibt die Verantwortung für die von Friedrich Merz im Wahlkampf immer wieder zitierten Kinder und Enkelkinder?

    Bloß keine Zumutungen? Das ist eine Zumutung!

    Klar, man kann mit Fug und Recht argumentieren, dass ohne Frieden und Sicherheit alles nichts ist. Und dass zumindest die eine Hälfte des Sondervermögens für die Verteidigung eine Investition in die Zukunft darstellt. Aber was ist mit Ideen zu Rente, Gesundheit, Pflege, Klimaschutz? Kaum eine Zeile wert in dem Papier, das Schwarz-Rot da zusammensondiert hat. Ein Papier, das vor allem eine Botschaft atmet: bloß keine Zumutungen! Nicht für die Union, nicht für die SPD, nicht für die Wirtschaft, nicht für die Wählerinnen und Wähler. Nur: Wie soll eine Regierung, die auf nichts verzichtet, den Menschen vermitteln, sie müssten auf etwas verzichten? Denn genau darum wird es doch gehen in den kommenden Jahren.

    Grüne können etwas in den Koalitionsvertrag hineinverhandeln

    Dass die Grünen nun mit dem Ass pokern, das Merz ihnen unerwartet in den Ärmel gesteckt hat, kann man ihnen kaum verdenken. Erst recht dann nicht, wenn sie die Chance nutzen, um als Oppositionspartei zwei Punkte in den Koalitionsvertrag hineinzuverhandeln, die für unsere Zukunft elementar sind. Erstens, dass der Kampf gegen den Klimawandel kein grünes Hirngespinst ist, sondern im Interesse aller Menschen geführt werden muss. Und zweitens, dass der Staat nicht den Generationen von morgen ungehemmt Schulden aufbürden darf, nur weil der Mut fehlt, den Bürgerinnen und Bürgern von heute etwas abzuverlangen.

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