Arbeitslose, die in die neue Grundsicherung fallen, müssen ihr Erspartes künftig schneller angreifen und auch früher in eine günstigere Wohnung umziehen. Wie der CSU-Sozialexperte Stephan Stracke gegenüber unserer Redaktion bestätigte, soll mit der Abschaffung des Bürgergeldes auch die Karenzzeit von einem Jahr abgeschafft werden, in der die Arbeitsagenturen bei einem Bürgergeldempfänger bisher die Miete für die alte Wohnung weiterbezahlt und dessen Vermögen verschont haben. „Das ist Teil einer grundsätzlichen Neuausrichtung“, betonte der Allgäuer Abgeordnete im Gespräch mit unserer Redaktion.
Gut zwei Jahre nach seiner Einführung ist das Bürgergeld bald wieder Geschichte. Union und SPD haben nicht nur dessen Abschaffung beschlossen: In der neuen Grundsicherung werden auch weitaus schärfere Regeln gelten. Sie fußt wieder stärker auf dem Prinzip des „Forderns und Förderns“, das die damalige rot-grüne Regierung vor mehr als 20 Jahren mit den umstrittenen Hartz-Gesetzen eingeführt hatte. CDU und CSU haben sich damit in den Koalitionsverhandlungen gegen die SPD durchgesetzt. Grundsätzlich können sich hilfebedürftige Menschen aber weiterhin darauf verlassen, dass ihnen der Staat zur Seite springt.
Die Details müssen erst noch ausgearbeitet werden
Der geschäftsführende Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hatte in der letzten Legislaturperiode bereits versucht, Bürgergeld-Bezieher mit schärferen Sanktionen zu belegen, die arbeiten könnten, es aber nicht tun. Der Kampf gegen diese „Totalverweigerer“ war jedoch nur mäßig erfolgreich. Das soll sich jetzt ändern, auch wenn die Reform des Bürgergeldes in ihren Details erst noch ausgearbeitet werden muss. .
Arbeitslose müssten sich künftig deutlich stärker selbst um Arbeit bemühen als bisher, betonte Stracke. „Das Amt unterstützt sie dabei, aber es erwartet auch, dass jemand sich selbst um neue Arbeit kümmert.“ Wer dieser Pflicht nicht nachkommt oder Arbeit verweigert, muss künftig mit schärferen Sanktionen bis hin zum kompletten Entzug der Fürsorge rechnen. Im Zweifel habe die Vermittlung in Arbeit Vorrang vor einer Weiterbildung, sagte Stracke. Das heißt: Arbeitslose müssen künftig häufiger Jobs annehmen, die unter ihrem Qualifikationsniveau liegen. Die monatlichen Sätze in der neuen Grundsicherung sollen künftig wieder nach dem ursprünglichen Schema angehoben werden, nach dem sich die Erhöhung zu 70 Prozent aus der Inflation und zu 30 Prozent aus der Entwicklung der Löhne errechnet. Die Ampelkoalition habe eine „erwartete Inflation“ gleich mit eingerechnet und das Bürgergeld dadurch so teuer gemacht, kritisierte Stracke.
Die Reform soll Anfang nächsten Jahres in Kraft treten
Die Vorstandsvorsitzende des Sozialverbands Deutschland, Michaela Engelmeier, warnte dagegen: „Die Einführung einer neuen Grundsicherung anstelle des Bürgergeldes wirft viele Fragen auf.“ Besonders die geplanten Verschärfungen bei Sanktionen und Wohnkosten ließen Zweifel daran aufkommen, ob die Balance zwischen Fördern und Fordern gewahrt bleibe, sagte sie unserer Redaktion. „Rund um das Bürgergeld wird eine Debatte geführt, die stark von Vorurteilen und Neiddebatten geprägt ist“, kritisierte die Verbandsvorsitzende. Wer auf Unterstützung angewiesen sei, brauche Sicherheit, Respekt und faire Chancen auf Teilhabe. Ein Leben ohne Angst vor Armut sei mit den geplanten Leistungshöhen jedoch kaum möglich. „Natürlich braucht es Anreize, um Menschen wieder in Arbeit zu bringen. Doch wenn das Fordern zum zentralen Prinzip wird, während das Fördern in den Hintergrund tritt, ist das nicht zielführend.“

Wann die Neuregelungen genau in Kraft treten sollen, haben Union und SPD im Koalitionsvertrag noch nicht festgelegt. Er erwarte jedoch, dass die neue Grundsicherung „Teil eines Sofortprogramms“ nach der Regierungsübernahme sei, sagte Stracke. Nach dieser Logik müsste sie Anfang 2026 in Kraft treten.
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