In Donald Trumps Amerika ist es derzeit nicht leicht, Krieg und Frieden auseinanderzuhalten. An der Westküste sind Nationalgardisten mit olivgrünen Militärfahrzeugen in Los Angeles eingerückt. Auf der anderen Seite des Landes, in Washington, rollen derweil Panzer durch die Straßen. Doch während der Aufmarsch in Kalifornien der Niederschlagung der Proteste gegen Trumps Massenabschiebungen dient, soll in der Hauptstadt an diesem Samstag mit einer Militärparade der 250. Armee-Geburtstag und der 79. Geburtstag des Präsidenten gefeiert werden.
„Es wird besser und größer als jede Parade, die dieses Land je gesehen hat“, hat Trump geprahlt. 7000 Soldaten und 50 Panzer sollen vor der Präsidenten-Tribüne vorbeiziehen. Über die Köpfe der Zuschauer werden 50 Hubschrauber und mehrere Kampfflugzeuge donnern, bevor ein großes Feuerwerk gezündet wird. Mit knapp 30 Kilometer Stahlzaun wurde das Gelände gesichert. Am Ronald-Reagan-Flughafen müssen 100 Starts und Landungen verschoben werden. Mindestens 43 Millionen Dollar soll die Show kosten - wobei die mutmaßlich immensen Ausgaben für die erforderlichen Straßenreparaturen nicht eingerechnet sind.
Die rohe Präsentation militärischer Macht widerspricht US-Traditionen
Schon in normalen Zeiten entspricht eine solche rohe Präsentation militärischer Macht nicht der amerikanischen Tradition. Die Entsendung von 4000 Angehörigen der Nationalgarde, einer Art Reserve-Armee, und 700 Marineinfanteristen nach Los Angeles verschafft dem Ereignis eine zusätzliche Brisanz. „Das unglückliche Zusammentreffen der Parade und des Einsatzes der Nationalgarde fühlt sich bedrohlich an“, sagt selbst die einstige Bush-Beraterin Kori Schake von der rechtsgerichteten Denkfabrik American Enterprise Institute.
Nun droht parallel zu der Panzer-Show auch noch ein echter Krieg im Nahen Osten, den Trump eigentlich unbedingt vermeiden wollte. Die vermeintliche Machtdemonstration verkehrt sich ins Gegenteil. „Es ist eine vulgäre Zurschaustellung“, moniert der kalifornische Gouverneur Gavin Newsom: „Es ist etwas, das man bei Kim Jong-Un sieht oder bei Putin. Man sieht es bei Diktatoren rund um die Welt.“
Donald Trump ließ sich von der Militärparade in Paris animieren
Den Präsidenten dürften die Anwürfe seines demokratischen Kontrahenten nicht stören. Er schwärmt von einer Militärshow in Washington, seit er 2017 die traditionelle Parade am Bastille Day in Paris gesehen hat. Während seiner ersten Amtszeit konnten ihm Berater die fixe Idee unter Hinweis auf die Kosten und die drohenden enormen Schlaglöcher auf den Straßen noch ausreden. Doch seit seiner Rückkehr ins Weiße Haus duldet er fast keinen Widerspruch mehr. So wurde binnen weniger Wochen die Armee-Jubiläumsfeier, die eigentlich mit gerade mal 300 Soldaten, einem Konzert und ein paar Kanonenschüssen geplant war, zum Mega-Event am Geburtstag des Präsidenten ausgebaut.
Trump, der sich selbst vor einem Einsatz im Vietnamkrieg mit einem Attest drückte, ist fasziniert von der Macht des Militärs. Schon in der ersten Amtszeit sprach er von „meinen Generälen“. Nun politisiert er die eigentlich überparteiische Armee hemmungslos, setzt sie mutmaßlich verfassungswidrig im Inneren ein und will sie auf sich persönlich verpflichten. Einen Auftritt vor Soldaten auf dem Stützpunkt Fort Bragg nutzte er kürzlich für eine wilde Wahlkampfrede mit rüdesten Anwürfen gegen die Demokraten und seinen Vorgänger Joe Biden.
Es rührt sich Widerstand: In den USA sind rund 2000 Demonstrationen geplant
Doch gegen fast monarchistische Umwandlung der präsidialen Republik rührt sich Protest. Unter dem Motto „No King!“ sind für diesen Samstag in den ganzen USA rund 2000 Demonstrationen geplant. Die Organisatoren, die unter anderem von Gewerkschaften, Bürgerrechtsorganisationen und der Kampagne des linken Senators Bernie Sanders unterstützt werden, haben ausdrücklich zu friedlichen Kundgebungen aufgerufen, ihre Helfer ein Deeskalations-Training durchlaufen lassen und verzichten aus Sorge vor Zusammenstößen mit Trumps Truppen auf eine Versammlung in Washington. Trotzdem hat der Präsident schon martialisch gedroht: „Den Menschen, die protestieren wollen, wird mit großer Gewalt begegnet werden.“
Beim Einsatz des Militärs im Inneren droht Trump derweil eine schwere Niederlage vor Gericht. Ein Distriktrichter in San Francisco hat am Donnerstag entschieden, dass die Entsendung der Nationalgarde nach Los Angeles durch den Präsidenten rechtswidrig war, da „sporadisch“ gewaltsame Proteste nicht den Tatbestand einer „Rebellion“ erfüllten. Allerdings ging die Regierung sofort in die Berufung. Nun liegt das Urteil zunächst bis zu einer Verhandlung am Dienstag auf Eis. Wahrscheinlich muss der Streit, der über die aktuelle Konfrontation zur Abschiebungspolitik hinaus weitreichende Auswirkungen für die amerikanische Demokratie hat, am Ende vom Supreme Court, dem obersten Gericht der USA, entschieden werden.
Um kommentieren zu können, müssen Sie angemeldet sein.
Registrieren sie sichSie haben ein Konto? Hier anmelden